Dunkle Rosen: Roman (German Edition)
Pflanze, die sie langsam ums Leben gebracht haben. Die ich mitgenommen habe, als ich zu unserem ersten Treffen bei Ihnen war.«
»Oh. Ach ja.« Als sie diesen Hosenanzug getragen hatte, dachte Mitch, und die hochhackigen Schuhe, in denen ihre Beine endlos lang ausgesehen hatten. »Wie geht es ihr?«
»Inzwischen sehr gut, aber glauben Sie nicht, dass ich sie Ihnen zurückgebe.«
»Vielleicht könnte ich sie hin und wieder besuchen.«
»Das ließe sich einrichten. Wir geben eine Weihnachtsfeier drüben im Haus, Samstag in einer Woche. Neun Uhr. Sie sind herzlich eingeladen, wenn Sie mögen. Natürlich auch in Begleitung.«
»Das klingt gut. Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn ich jetzt zum Haus hinübergehe und mir die Bibliothek anschaue? Damit ich mal einen Anfang gemacht habe?«
»Das geht in Ordnung. Ich rufe nur schnell David an und sage ihm Bescheid, dass Sie kommen.«
»Gut. Dann gehe ich und stehe Ihnen nicht länger im Weg herum. Danke, dass Sie sich Zeit genommen haben.«
»Zeit habe ich jede Menge.«
Davon konnte Mitch nichts erkennen. »Ich rufe Sie später an. Sie haben hier einen richtigen Ort der Kraft, Rosalind.«
»Ja, das stimmt.«
Als Mitch gegangen war, legte Roz ihre Arbeitsgeräte beiseite,
um einen großen Schluck aus ihrer Wasserflasche zu trinken. Sie war doch kein dummes Gör, das von der Berührung der Hand eines Mannes auf ihrer Haut durcheinander und aus der Fassung gebracht wurde. Doch es hatte sich seltsam und merkwürdig süß angefühlt, wie behutsam Mitch mit den Fingern über ihre Wange gestrichen und wie er sie dabei angeschaut hatte.
Englische Rose, dachte sie und lachte halblaut auf. Früher, vor langer Zeit, mochte sie einmal so zerbrechlich und taufrisch gewirkt haben. Sie wandte sich um und betrachtete prüfend eine ihrer gesunden Mutterpflanzen. Dieser ähnelte sie heute viel mehr; sie war robust und stark.
Und damit, beschloss sie, als sie sich wieder an die Arbeit begab, konnte sie gut leben.
Trotz des kräftigen Regens machte Mitch noch einen Rundgang um die Gebäude und bekam dadurch umso größeren Respekt vor Roz und vor dem, was sie aufgebaut hatte. Und zwar beinahe ohne fremde Hilfe aufgebaut hatte, dachte er. Das Geld der Harpers mochte ihr als Polster gedient haben, doch um so etwas zu erschaffen brauchte man mehr als finanzielle Ressourcen.
Dazu brauchte man Schneid und Visionen und musste ordentlich zupacken können.
Hatte er wirklich eben diesen lahmen, klischeehaften Kommentar über ihre Haut abgegeben? Englische Rose, dachte er nun kopfschüttelnd. Als ob sie das noch nie gehört hätte.
Außerdem war es nicht einmal besonders zutreffend. Roz war keine zarte englische Rose. Eher eine schwarze Rose, überlegte Mitch, hoch gewachsen, schlank und exotisch. Ein wenig hochmütig und sehr sexy.
Aus dem Gespräch an ihrem Arbeitsplatz hatte er eine Menge über ihr Leben erfahren. Über sie. Sie hatte im Kindesalter jemanden verloren, den sie sehr geliebt hatte – ihre Großmutter. Mit ihren Eltern hatte sie sich nicht besonders gut verstanden.
Auch sie hatte sie verloren. Ihre Verwandten waren in alle Winde verstreut, und sie schien zu keinem von ihnen besonders guten Kontakt zu haben.
Außer ihren Söhnen hatte sie niemanden.
Und nach dem Tod ihres Mannes konnte sie sich ausschließlich auf sich selbst verlassen, war selbst ihre einzige Stütze, während sie drei Jungen großzuziehen hatte.
Doch er hatte ihr keinerlei Selbstmitleid angemerkt und schon gar keine Schwäche.
Unabhängig, geradeheraus und stark war sie. Doch sie besaß auch Humor und ein gutes Herz. Hatte sie ihm nicht aus der Klemme geholfen, als er verzweifelt ein Geschenk für ein kleines Mädchen gesucht hatte? Und hatte sie sich nicht königlich über seine missliche Lage amüsiert?
Nun, da er allmählich ein Gespür für ihr Wesen bekam, wollte er nur noch mehr erfahren.
Was war das zum Beispiel für eine Geschichte mit dem zweiten Ehemann und der Scheidung? Das ging ihn natürlich nichts an, doch er konnte einen guten Grund für seine Neugier nennen. Je mehr er über Roz wusste, desto mehr wusste er eben. Und es würde nicht schwer sein, es herauszufinden. Die Leute redeten nun einmal gerne.
Man musste ihnen nur die richtigen Fragen stellen.
Einem spontanen Entschluss folgend, kehrte er zum Gartencenter zurück. Dort unterhielten sich einige Kunden über die Weihnachtssterne und ein kaktusähnliches Gewächs voller rosa Blüten. Mitch war sich gerade eben mit der
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