Dunkle Rosen: Roman (German Edition)
nicht fünf Minuten aufhalten, um sie vorzuwarnen?«
»Wovor denn? Sie sieht doch aus wie immer. Verdammt, was macht das für einen Unterschied?«
»Wenn du das nicht weißt, bist du wirklich blöd. Und jetzt ist es zu spät. Eines schönen Tages wirst du mal Gebrauch von
dem einen Gehirn machen müssen, das die Männer immer untereinander herumgehen lassen, Harper Ashby.«
»Zum Kuckuck«, grummelte Harper, nachdem Hayley ihn gegen den Arm geboxt hatte und wieder ins Haus gestürzt war.
Gebückt flüchtete Mitch sich vor dem Regen in das Anzuchthaus. Wenn er schon den Bereich der Zimmerpflanzen für exotisch gehalten hatte, war dieser doch gar nichts im Vergleich zu dem, was er hier sah. Das Haus wimmelte nur so von Pflanzen in allen möglichen Entwicklungsstadien. Die feuchte Wärme war beinahe tropisch, dazu das Trommeln des Regens – es war, als hätte er eine Höhle in einer Fantasiewelt betreten.
Es roch regelrecht grün und braun – nach Pflanzen und Erde. Zusammen mit den Düften lag Musik in der Luft. Keine Klassik, fiel Mitch auf. Auch keine New Age-Musik. Irgendein seltsames, angenehmes Mittelding.
Er sah Tische und Gartengeräte, Eimer und Säcke. Flache schwarze Behälter, die zarte Gewächse beherbergten.
Und am anderen Ende, an der Seite, entdeckte er Roz. Sie war bei der Arbeit und kehrte ihm den Rücken zu.
Einen wunderschönen Hals hatte sie. Ein merkwürdiger Gedanke, gestand Mitch sich ein, und wahrscheinlich ein törichter. Andererseits, Fakten waren Fakten. Roz trug ihr Haar kurz und glatt, und in seinen Augen brachte dies ihren langen, liebreizenden Hals perfekt zur Geltung.
Doch eigentlich war alles an ihr lang und liebreizend. Die Arme, die Beine, der Leib. In diesem Augenblick wurde dieser faszinierende Körper von ausgebeulten Hosen und einem schlabberigen Sweatshirtverhüllt, dessen Ärmel Roz aufgekrempelt hatte. Doch Mitch erinnerte sich an ihre gertenschlanke Figur, sehr gut sogar.
Ebenso wie er sich, noch bevor sie ihn kommen hörte und sich umwandte, daran erinnerte, dass sogar ihre Augen länglich waren. Sie hatten längliche Lider und eine hinreißende
Farbe, ein tiefdunkles Bernsteinbraun. »Entschuldigen Sie die Störung.«
»Kein Problem. Ich habe allerdings nicht mit Ihnen gerechnet.«
»Ich habe den Papierkram erledigt und dachte, ich fahre mal raus und berichte Ihnen, dass alles mit Brief und Siegel auf dem Weg zurück zu Ihrem Anwalt ist. Außerdem gab mir das die Gelegenheit, mir Ihren Betrieb anzuschauen. Ich bin beeindruckt. Auch wenn ich von Gartenarbeit keinen Schimmer habe, bin ich sehr beeindruckt.«
»Vielen Dank.«
Mitch warf einen Blick auf Roz’ Arbeitstisch. Dort standen Töpfe, manche noch leer, andere gefüllt mit Blumenerde, aus der grüne Blättchen ragten. »Was passiert hier?«
»Ich topfe ein paar Sämlinge um. Celosia – Hahnenkamm.«
»Sagt mir nichts.«
»Sie haben sie bestimmt schon einmal gesehen.« Roz wischte sich geistesabwesend mit der Hand über die Wange und hinterließ dort einen schmutzigen Streifen. »In Blüte sind sie wie kleine Staubwedel in leuchtenden Farben. Rot ist sehr beliebt.«
»Aha. Und Sie pflanzen sie in diese kleinen Töpfchen, weil …?«
»… weil sie es nicht mögen, wenn man an ihren Wurzeln hantiert, nachdem sie angewachsen sind. Ich topfe sie jung ein, damit sie für unsere Frühjahrskunden blühen und nur noch ein einziges Umpflanzen ertragen müssen. Aber ich glaube, so sehr interessiert Sie das nicht.«
»Hätte ich auch nicht gedacht. Aber das hier ist wie eine neue, eigene Welt. Was ist das dort?«
Roz zog die Augenbrauen hoch. »Na schön. Das sind Levkojen, auch Matthiola genannt. Sie duften sehr stark. Und die dort mit den gelblich-grünen Blättern? Das wird eine zweiblütige Züchtung. Sie werden zum Frühling blühen. Die Kunden kaufen lieber blühende Pflanzen, daher plane ich meine Anzucht
so, dass sie eine große Auswahl haben. Dieser Bereich ist für die einjährigen Pflanzen. An den mehrjährigen arbeite ich da hinten.«
»Steckt dahinter Begabung oder jahrelanges Studium? Woher wissen Sie, was Sie gerade tun müssen; wie unterscheiden Sie in diesem Stadium den … Hahnenkamm von den Levkojen?«
»Es ist beides, dazu Liebe zu dieser Arbeit und eine gehörige Portion praktischer Erfahrung. Ich habe seit meiner Kindheit immer im Garten gewerkelt. Ich weiß noch, wie meine Großmutter – auf der Harper-Seite – ihre Hände auf meine legte, um mir zu zeigen, wie man die
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