Dunkle Rosen: Roman (German Edition)
doch das hatte Harper nicht verdient. Er musste es aushalten, dass sie ihm in die Augen sah. »Kein Mensch auf der Welt kann mir so wehtun wie du.«
»Ich versuche nicht, dir wehzutun.«
»Nein. Das würdest du nicht tun. Daher weiß ich ja auch, wie wütend du wirklich bist. Und ich sehe so gut, woher das kommt. Vielleicht hatte ich Unrecht.« Roz hob die Hände, um sich über das Gesicht zu reiben. »Eines weiß ich genau. Der Kerl musste raus aus meinem Haus. Ich bitte dich zu verstehen, dass er einfach rausmusste, rasch, und bevor er alles besudelt.«
Als Roz die Hände sinken ließ, stand blanke Reue in ihr Gesicht geschrieben. »Ich habe ihn in unser Haus geschleppt, Harper. Ich war das, nicht du.«
»Das heißt noch lange nicht, dass du schuld bist, Himmel noch mal, oder dass du mit so einer Situation allein fertig werden musst. Wenn du dich nicht darauf verlassen kannst, dass ich dir helfe und dir beistehe …«
»O Gott, Harper. Da sitzt du hier drin und glaubst, ich bräuchte dich nicht, und dabei mache ich mir die meiste Zeit Gedanken darüber, dass ich dich viel mehr brauche, als gut für dich ist. Ich wüsste gar nicht, was ich ohne dich machen sollte, das kannst du mir glauben. Ich will mich nicht mit dir wegen dieses Kerls streiten.« Nun presste Roz ihre Finger an die Augen. »Er markiert doch nur den starken Mann.«
»Und ich bin kein kleiner Junge mehr, den du vor solchen Typen beschützen musst, Mutter. Ich bin ein Mann, und jetzt ist es meine Aufgabe, dich zu beschützen. Ob du willst oder nicht. Und ob du es nötig hast oder nicht, verdammt.«
Roz ließ die Hände wieder sinken, und diesmal brachte sie beinahe ein Lächeln zustande. »Ich nehme an, das soll eine Warnung sein.«
»Wenn er noch einmal vor der Tür steht, kannst du mich nicht mehr zurückhalten.«
Roz atmete tief ein und umschloss Harpers Gesicht mit den Händen. »Ich weiß, dass du ein Mann bist. Es tut mir zwar manchmal weh, aber ich weiß, dass du ein Mann bist und dein eigenes Leben lebst, deine eigene Art hast. Ich weiß, dass du ein Mann bist, Harper, ein Mann, der mir zur Seite steht, wenn ich ihn darum bitte – auch wenn du lieber vor mir stehen und den Kampf allein ausfechten würdest.«
Obwohl sie wusste, dass Harper ihr noch nicht ganz verziehen hatte, drückte sie ihm einen Kuss auf die Stirn. »Ich gehe nach Hause und arbeite dort noch etwas im Garten. Sei mir nicht mehr so lange böse.«
»Nee, wahrscheinlich nicht.«
»Es ist noch etwas von dem gebackenen Schinken von der Party übrig. Und eine Menge Beilagen, falls du heute Abend vorbeikommen und mitessen möchtest.«
»Ja, kann sein.«
»Also schön. Du weißt, wo du mich findest.«
Wenn man einen so großen Garten hatte wie Roz, gab es immer etwas zu tun. Da sie arbeiten wollte, schleppte sie Mulch, kontrollierte den Kompost und machte sich an den Stecklingen und Sämlingen zu schaffen, die sie für ihren Eigenbedarf in dem kleinen privaten Gewächshaus heranzog.
Dann schnappte sie sich Handschuhe und ihre Baumschere, um den Baum- und Strauchschnitt zum Jahresende fertig zu stellen.
Als Mitch sie fand, stopfte sie gerade dünne Äste in einen kleinen Häcksler, der hungrig ratternd alles verschlang und mit seinem mattroten Anstrich sehr professionell aussah.
Genau wie Roz auch, dachte Mitch, in ihrer erdfarbenen, zerschlissenen Jacke, der schwarzen Kappe, den dicken Handschuhen und ramponierten Stiefeln. Eine getönte Brille verbarg ihre Augen, und Mitch fragte sich, ob sie diese gegen die helle Sonne trug oder zum Schutz gegen herumfliegende Holzsplitter.
Da er wusste, dass sie ihn bei dem Lärm des Häckslers nicht hören konnte, nahm er sich einen Augenblick Zeit, sie zu beobachten. Vor seinem inneren Augen verschmolz die strahlende Frau im Rubinschmuck mit der fleißigen Gärtnerin in den ausgebleichten Jeans.
Dann war da noch die sachliche, direkte Frau im Hosenanzug, die zuerst in seine Wohnung gekommen war. Dann die Roz aus dem tropischen Gewächshaus, auf deren Wange Erde verschmiert war. Und die ungezwungene, freundliche Roz, die ihm geholfen hatte, ein Spielzeug für ein Kind auszusuchen.
Sie hatte so viele Seiten, überlegte er, und wahrscheinlich noch mehr, als er bisher gesehen hatte. Merkwürdigerweise fühlte er sich von jeder einzelnen angezogen.
Er hakte die Daumen in seine Hosentaschen und trat näher. Roz lugte unter dem Schild einer Baseballkappe hervor und stellte die Maschine ab.
»Sie müssen meinetwegen nicht
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