Dunkle Schatten (German Edition)
Behälter. Keinerlei
Beanstandungen, problemlos passiert der Journalist die Kontrolle.
Dann entdeckt er eine Telefonzelle, ruft 112 an. Auf Englisch und mit
verstellter Stimme sagt er der freundlichen Frauenstimme am anderen Ende der
Leitung, dass man ein Anwesen in der Nähe von Ulcinj näher in Augenschein
nehmen soll und legt auf.
Erschöpft lässt Kokoschansky sich in einen der Sitze im Gate fallen und
wird von schlimmen Ahnungen gequält, dass zu Hause einiges in Unordnung sein
könnte.
*
In der Businessclass saßen außer Kokoschansky nur zwei weitere Personen,
eine Frau und ein Mann. Beide sehr elegant, sehr arrogant, sehr geschäftig und
mit einem Haufen Sonderwünsche. Einmal passte ihr der Platz nicht, dann wieder
verspürte er Zugluft. Sie wollte eine bestimmte Sorte Champagner, er wieder
einen speziellen Whiskey. Pech, beides war an Bord nicht vorhanden. Natürlich
ein Grund, sich lautstark über den miesen Service zu mokieren. Und dann noch
dieser abgerissene Typ in Person Kokoschanskys zwei Reihen hinter ihnen! Der
Journalist war viel zu müde und erledigt, um auf ihre geringschätzigen Blicke
mit entsprechenden provokanten Worten zu reagieren. Kaum war der Flieger in der
Luft, wurden sofort die Laptops hervorgeholt und wild in die Tastaturen
getippt.
Kokoschansky verfiel sofort in einen tiefen, traumlosen Schlaf, nur
einmal sanft durch das Rütteln an seiner Schulter von der Stewardess geweckt,
die ihm sein Essen brachte, das er allerdings nur bis zur Hälfte verzehrte, um
gleich wieder einzunicken. Die Strecke von Montenegro nach Österreich ist ein
Katzensprung, die Zeit verging im sprichwörtlichen Sinne tatsächlich wie im
Flug, und er hätte gerne noch ein Weilchen weitergeschlummert.
Mitgenommen und erschöpft steigt Kokoschansky in Wien in den
Zubringerbus, der ihn zum Hauptgebäude des Flughafens bringt. Während der Fahrt
aktiviert er sein Handy und hofft inständig auf ein Lebenszeichen von Lena.
Doch unter den Unmengen an Nachrichten, auch von Petranko, der ihm viel Glück
wünschte, findet er nichts von Lena. Sofort plagen ihn wieder die wildesten
Gedanken, Vorstellungen und Szenarien. Während er am Förderband steht und auf
seinen Trolley wartet, ruft er mehrmals vergeblich zu Hause an.
Die Ängste, die er um Lena und seinen Sohn aussteht, sind nichts im
Vergleich zu dem, was er in Montenegro durchmachen musste. Wer weiß, was
Lackner und Erharter ausgeheckt haben? Auch Katterka ist von der Dummheit und
Unfähigkeit seiner beiden Beamten schwer angepatzt und behindert, zumindest für
einige Zeit. Sein geplanter, weiterer Aufstieg ist in weite Ferne gerückt.
Große Teile der Polizei werden Kokoschansky ebenfalls nicht wohlgesonnen sein,
da sein TV-Auftritt als Generalangriff auf den gesamten Berufsstand angesehen wird.
Endlich taucht sein kaputter Trolley auf. Er schnappt sich seinen Koffer,
drängt sich durch die Wartenden, will nur nach Hause und endlich wissen, was
los ist. Kokoschansky steuert auf den grün markierten Ausgang zu, der für
Ankommende vorgesehen ist, die nichts zu verzollen haben. Plötzlich steht ein
Zöllner vor ihm und stellt sich ihm in den Weg.
»Einen Moment, bitte schön. Folgen Sie mir.«
Sicherlich erregt Kokoschanskys Penneraussehen die Aufmerksamkeit des
Beamten, und der Journalist ist heilfroh, zur rechten Zeit der richtigen
Eingebung gefolgt zu sein und das `Ndrangheta-Material mit DHL verschickt zu
haben.
»Sind Sie Österreicher?«, fragt der Zöllner, der Kokoschansky in einen
vom normalen Ankunftsbetrieb aus nicht einsehbaren Bereich geführt hat.
»Ja.«
»Ihren Reisepass, bitte.« Kokoschansky zieht das gewünschte Dokument aus
einer Tasche seiner Jeansjacke. »Woher kommen Sie?«
»Montenegro.«
»Was war der Grund Ihrer Reise?«
Langsam beginnt der Typ zu nerven.
»Wie wär’s mit Urlaub?«
»Ihr Ticket, bitte.«
Kokoschanskys Schmerzgrenze ist erreicht, er ist auf hundertachtzig.
»Hm, Businessclass«, abfällig mustert der Beamte den Journalisten von
oben bis unten, »das war aber ein sehr kurzer Urlaub.«
»Und? Was dagegen?«
»Nein. Haben Sie etwas zu verzollen?«
»Nicht, dass ich wüsste.«
»Legen Sie Ihren Trolley hier auf die Bank und treten Sie einen Schritt
zurück.«
Kokoschansky glaubt nicht an eine normale Zollkontrolle, da bahnt sich
etwas an. Viel gibt es in dem Trolley nicht zu kontrollieren.
»Haben Sie Drogen am oder im Körper?«
»Ja.«
Zum ersten Mal gelingt es Kokoschansky, diese
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