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Dunkle Sehnsucht

Dunkle Sehnsucht

Titel: Dunkle Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeaniene Frost
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Stadt kaum jemand unterwegs.
    Ich bog um die Ecke und betrat das Hotel mit einem knappen Nicken in Richtung Portier. Nach einer kurzen Aufzug-fahrt erreichte ich die Lobby, wo ich vorgab, die erstaun-ten Blicke, mit denen das Personal meine nassen Haare und Schuhe bedachte, nicht zu bemerken. Ich zog meinen Füh-rerschein hervor - gefälscht, aber ausgestellt auf denselben Nachnamen, unter dem Bones die Suite gemietet hatte -
    und erklärte, dass mein Zimmerschlüssel nicht funktionierte. Während ich auf die neuen Karten wartete, meldete sich ein Mann an, der in einem Arm ein schlafendes Mädchen hielt, während er mit der anderen Hand ungelenk seine For-mulare ausfüllte. So leise, wie er sprach, hoffte er wohl, die Kleine zu Bett bringen zu können, bevor sie aufwachte. Und nachdem ich seinen erschöpften Kommentar über verspäte-te Flüge gehört hatte, stand fest, dass er selbst nicht weniger müde war.
    Als ich die neuen Karten erhielt, hatte der Mann gerade fertig eingecheckt, sodass wir gemeinsam vor dem Aufzug warteten. Er wirkte ein wenig verdutzt, als er die Wasser-lachen sah, die sich zu meinen Füßen bildeten, als wir im Aufzug standen, sagte aber nichts.
    »Bin in eine große Pfütze gestolpert«, flüsterte ich.
    »Ah«, antwortete er ebenso leise. Wenigstens musterte er mich nicht so geringschätzig wie die pelzbemantelte Klempner-Fickerin.
    Wir waren etwa zehn Stockwerke weit gekommen, als ein lautes Donnern zu hören war und der Aufzug erzitterte, wie bei einem Erdbeben. Der Mann taumelte, und ich packte ihn, damit er das kleine Mädchen nicht fallen ließ, das mit einem Aufschrei erwacht war. Einen Sekundenbruchteil lang war ich verwirrt, dann kroch mir die Angst in den Nacken. Übernatürliche Energie erfüllte die Kabine, und zwar von oben, von wo auch das Dröhnen gekommen war, so heftig, als wäre ein Felsbrocken auf dem Lift gelandet.
    Nur fielen Felsbrocken nicht auf Aufzüge in adretten Hotels, und bedrohlich knurrende Laute gaben sie auch nicht von sich.
    O Scheiße, dachte ich, und da hörte ich auch schon das erste Seil reißen.
    »In die Ecke!«, befahl ich dem Mann und versetzte ihm einen Stoß, als er einfach nur weiter dastand.
    »Was geht hier vor?«, rief er. Das kleine Mädchen begann zu wimmern. Der Aufzug erbebte wieder, diesmal erklang dabei ein entsetzliches Knallen, als wäre noch ein Seil gerissen. Gleichzeitig begann auf dem Dach der Kabine ein Stampfen. Ich ignorierte es und schob die Hände zwischen die Kabinentüren, dass mir die Finger bluteten, bevor es mir gelang, sie aufzustemmen. Zu sehen bekam ich allerdings nur Beton und Stahl. Der Aufzug steckte zwischen zwei Stockwerken fest, aber dem nächsten Knallen nach zu urteilen, würde das nicht mehr lange so bleiben.
    »O Gott, was ist das?«, kreischte der Mann.
    Metall, Putz und Glas regneten auf uns herab, und im Fahrstuhldach war ein Loch zu sehen, das vorher noch nicht da gewesen war. Darin erschien das Gesicht eines Ghuls, auf dem sich ein wildes Grinsen ausbreitete, als er mich zu sehen bekam.
    »Gevatterin«, zischte er.
    Ich stieß den Mann beiseite, damit er nicht in die nach mir grabschenden Hände des Ghuls geriet.
    »Runter!«, rief ich und versuchte, den Ghul abzuwehren, damit er nicht durch das Loch kriechen konnte. Drang der Ghul ein, hatten Vater und Tochter nur noch Sekunden zu leben, und das nur, falls die Fahrstuhlkabine nicht vorher herunterkrachte.
    Ich spürte stechende Schmerzen in Gesicht und Händen, und die Welt vor meinen Augen färbte sich rot. Er hat ein Messer. Ein Silber messer , wurde mir bewusst, als ich das Brennen spürte. Ich versuchte der blitzenden Klinge auszuweichen und gleichzeitig den Ghul davon abzuhalten, sich in den Aufzug fallen zu lassen. Ein erneutes Knallen, und die Kabine rutschte ein Stück tiefer, bevor sie zu einem abrupten Halt kam, Metall kreischte, als die letzte Bremse ausgelöst wurde und den Fall aufhielt.
    Ein Gutes hatte die Sache allerdings. Statt der Wand aus Beton und Metall war jetzt ein Teil einer Stahltür zu sehen.
    Die Kabine war im Bereich eines Stockwerks zum Stillstand gekommen.
    »Drücken Sie die Türen auf und verschwinden Sie!«, rief ich, als ich durch eine Art roten Schleier hindurch bemerkte, dass der Mann noch an derselben Stelle wie zuvor kau-erte. Sein Töchterchen fest an sich gedrückt, starrte er zu uns empor.
    Er schien den Blick einfach nicht abwenden zu können.
    Verdammt, er hatte einen Schock, und es würde nicht mehr lange

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