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Dunkle Sehnsucht

Dunkle Sehnsucht

Titel: Dunkle Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeaniene Frost
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zuckte bestätigend mit den Schultern. »An mich traut sich kaum noch jemand ran, obwohl ich so einige Feinde habe. Reagiert man die ersten paar Male krass genug, sind die Leute später nicht mehr so scharf darauf, sich mit einem anzulegen.«
    Ich stieß seufzend die Luft aus und verkniff mir die Frage, die mir wohl ohnehin keiner der beiden hätte beantworten können. Wie viele meiner Feinde muss ich umbringen, bis die übrigen sich nicht mehr mit mir anlegen wollen? Und manche Fragen waren sogar noch beängstigender: Was für eine Person würde ich sein, wenn ich diesen Punkt einmal erreicht hatte? Würde ich mich selbst noch wiedererkennen?
    War das Überleben es wirklich wert, so viel von mir selbst zu opfern?
    Bones kam näher, nahm mein Gesicht in seine starken, bleichen Hände und sah mich an, als gäbe es meilenweit nur mich.
    »Hältst du mich für böse? Für einen miesen Schurken, den du besser nie kennengelernt hättest?«
    »Natürlich nicht«, antwortete ich sofort, gekränkt, weil er eine solche Frage überhaupt stellte. »Ich liebe dich, Bones.
    Du bist das Beste, was mir je passiert ist, und ich bin nicht halb so charakterstark wie du.«
    Hinter mir war ein leises Schnauben zu hören. Ich ignorierte es und konzentrierte mich auf die dunkelbraunen Augen, die ganz fest in meine sahen.
    »Und doch weißt du, dass ich ein Mörder bin. Wenn du mich also trotzdem für anständig hältst, weißt du auch, dass man anständig sein kann, obwohl die Umstände einen manchmal zwingen, härter durchzugreifen, als man möch-te.«
    »Äh, ich geh dann mal rein«, bemerkte Vlad abermals leise schnaubend. »Mir ist plötzlich so danach, mir erst Hitman und dann Mr. und Mrs. Smith anzusehen.«
    Ich ignorierte auch das, sah einfach weiter in Bones' Augen und spürte das stete Vibrieren der Macht, die von seinen Händen ausging. Ja, Bones war ein Mörder, aber das sah ich nicht in ihm. Ich sah in ihm den Mann, den ich liebte.
    Den Mann, der mich gelehrt hatte, mich selbst zu akzeptieren, als ich von allen anderen abgelehnt worden war. Den Mann, der mich liebte, ohne mich mit all den Ängsten und Bedingungen zu belasten, mit denen ich es uns anfangs so schwer gemacht hatte, und der mehrmals den Tod riskiert hatte, um mich, meine Mutter, meine Freunde und zahllose andere, ihm völlig Fremde, zu beschützen, indem er es mit einem untoten Mädchenhändlerring aufgenommen hatte.
    Und das waren nur zehn Jahre seines Lebens. Vermutlich würde ich nie erfahren, was Bones in der Zeit vor unserem Kennenlernen oder den Jahrhunderten vor meiner Geburt für andere getan hatte.
    Er war ein Mörder, ja, aber in meinen Augen machte das den geringsten Teil seiner Persönlichkeit aus. Ich hatte auch gemordet, aber er ließ mich hoffen, dass auch ich lernen konnte, das nur als kleinen Teil von mir zu sehen, der in der Welt, in der zu leben ich mich entschieden hatte, leider unabdingbar war.
    »Mit dir zusammen komme ich damit klar«, sagte ich und streckte die Hände aus, um sein Gesicht zu berühren. »Mit dir zusammen komme ich mit allem klar.«
    »Ich werde immer bei dir sein, Kätzchen. Immer«, krächzte Bones, bevor seine Lippen sich auf meine legten.
    Vlad war zwar inzwischen im Haus, aber ich konnte hö-
    ren, wie er sarkastisch murmelte: »Wo sind die Taschentü-
    cher, wenn man sie braucht?«
    Nach einem endlosen Augenblick beendete ich unseren Kuss, indem ich mein Gesicht wegdrehte und in Richtung Haus rief: »Wenn du nicht zu sehr in Hitman vertieft bist, kann ich dir Wes Cravens Dracula empfehlen.«
    »Miststück«, ertönte Vlads eindeutig amüsierte Stimme.
    »Bewahre dir deine Kaltschnäuzigkeit, bis Apollyon geschlagen ist, Catherine .«
    Als ich hörte, wie er den Namen betonte, den ich bei meiner Geburt erhalten hatte, bei dem mich aber kaum jemand mehr nannte, konnte ich mir ein Grinsen nicht verkneifen.
    Bones verdrehte die Augen, legte mir den Arm um die Taille, und wir gingen auf das Haus zu.
    »Wenn es nicht zu viel Mühe macht, Tepesch, könnten wir ein paar frische Klamotten, Blut und einen Platz zum Schlafen vertragen. Ich will erst nach New Orleans zurück, wenn unser Treffen mit Marie ansteht, falls sich dort noch ein paar Kumpels von diesem Ghul herumtreiben.«
    Vlad kam aus einem Zimmer am Ende des Flurs. »Ich bin erst gestern angekommen, also ist das Haus noch nicht voll bestückt, aber was ihr braucht, kann ich bieten. Maximus.«
    Der Vampir mit den hellbraunen Haaren, an den ich mich von meinem Aufenthalt

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