Dunkle Spiegel
zumindest umgangen hatte! Doch wenn es auch nur den Hauch einer Chance gab, diese elenden Chaträume zu schließen und damit unserem Killer den Nährboden für seine abartigen Fantasien auch nur für kurze Zeit zu entziehen, dann würde ich jede Konsequenz oder Ermahnung für mein Verhalten liebend gerne in Kauf nehmen!
In diesem Augenblick trat ein elegant gekleideter Herr mit einem gepflegten Oberlippenbart an den Schreibtisch, wo ich müde Platz genommen hatte.
Er war sehr schlank, was von dem tiefen Schwarz seines scharf geschnittenen Anzugs noch unterstrichen wurde. Sein schmaler Kopf wurde nur von sehr wenigen Haaren bedeckt. Darunter blinzelten mich zwei eng beieinander stehende Augen hinter einer schmalen Brille an. Er setzte ein gewinnendes Lächeln auf.
“Detective Crocket, nehme ich an? Mein Name ist Arthur Hicks, Rechtsabteilung.”
Kam die Strafe etwa früher und härter, als ich gedacht hätte?
“Was kann ich für Sie tun?” fragte ich verdutzt.
Hicks lächelte noch etwas breiter als er sagte: “Ich kann etwas für Sie tun, wie ich gehört habe. Sie haben da ein kleines Problem im World Wide Web und möchten es behoben wissen. Dafür bin ich da!”
“Sie meinen, Sie könnten tatsächlich diese Chats schließen lassen?” fragte ich ungläubig und ein Hauch von Hoffnung erfasste mich.
“Ja,” meinte er zögernd. “zumindest für eine kurze Zeit. Wissen Sie, die Betreiber solcher Seiten sind meist sehr gut organisiert und gegen alle Eventualitäten abgesichert. Sie verfügen über Rechtsabteilungen und Anwälte, die sich ihren Dienst ausgezeichnet bezahlen lassen - und im Gegenzug dafürnotfalls sogar über Leichen gehen würden.” An meiner Miene erkannte er sofort, dass dieser makabere Scherz ganz schlecht bei mir angekommen war.
“Das meine ich natürlich nur im übertragenen Sinne. Entschuldigen Sie bitte.” Setzte er deshalb sofort nach.
“Hören Sie! Nur, damit wir uns richtig verstehen. Ich würde ja verdammt noch mal selbst den Stecker ziehen, wenn ich nur wüsste, wo ich es tun muss! Ohne Rücksicht auf Verluste, verstehen Sie mich? Es gibt schon acht Opfer, brutal getötete, junge Frauen, die alle in diesen speziellen Chats unterwegs waren. Nutzen Sie diese Information, mehr kann ich Ihnen leider im Moment dazu nicht sagen.”
“Das brauchen Sie auch nicht.” versicherte er mir sofort. Mir gefiel sein Buckeln und seine leicht schmierig wirkende Art nicht besonders. Und das schien er zu spüren. “Die Informationen, die mir Ihre Abteilung zur Verfügung gestellt hat, werden wohl ausreichen, um die Betreiber dieser Internetseiten davon zu überzeugen, dass es ratsam und notwendig ist, diese Chats zumindest für einige Zeit aus dem Netz zu nehmen. Aber natürlich werden sie versuchen, so schnell wie möglich zu belegen, dass von ihren Chaträumen keinerlei Gefahr ausgeht und jeder Surfer für seine eigenen Handlungen selbst verantwortlich ist. Und dagegen können wir noch nicht einmal Widerspruch einlegen. Tut mir sehr leid. Aber damit müssen Sie rechnen.”
“Ich rechne damit. Aber zuerst einmal sollten diese Portale dicht gemacht werden, damit wir wenigstens ein bisschen Zeit gewinnen.”
“Wie gesagt, ich werde mein Möglichstes unternehmen.” bekräftigte er und lächelte noch einmal, wobei es aber auf mich fast schon mitleidig wirkte. Irgendwie hatte ich den Eindruck, dass dieser Mann in seinem schicken Maßanzug noch immer nicht ganz verstanden hatte, worum es ging. Aber wie sollte er auch, schließlich war er ein typischer Theoretiker mit Texten, Akten und Paragrafen.
Doch in diesem Moment fiel mir noch etwas ein, womit ich ihn vielleicht noch etwas anspornen konnte. Wortlos öffnete ich die Tür zum Konferenzraum hinter mir und trat einen Schritt zur Seite. Je weiter sich die Tür öffnete, um so mehr konnte Arthur Hicks sehen, wobei er zunächst sogar neugierig näher trat. Doch dann gefror seine Miene.
Die Fotos der Opfer und der Tatorte verfehlten ihre Wirkung nicht!
Hicks trat noch einen winzigen Schritt vor, überschritt aber noch nicht einmal mit der Spitze seiner glänzenden Schuhe die Türschwelle.
Mit einer gewissen Genugtuung beobachtete ich die Veränderung, die nun in ihm vorging. Seine Augen weiteten sich, die Farbe wich aus seinem Gesicht. Nach außen versuchte er seine Fassung zu wahren, was ihm aber nur sehr schwer gelang. Unruhig und hektisch huschte sein Blick über die einzelnen Bilder, jedes für sich eine Grausamkeit. Ich sah
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