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Dunkle Spiegel

Dunkle Spiegel

Titel: Dunkle Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Rucket
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Zusammenspiel aus Aktion und Reaktion. War unsere Begegnung in der Bar eine aktive Handlung seinerseits - oder war es nur die Reaktion auf etwas, was wir getan hatten? Etwas, womit wir ihn unbewusst provoziert oder herausgefordert hatten?
    “Kein Sprengsatz!” erschallte es laut hinter uns.
    Dieses Gesicht.
    Ich kannte es.
    Ich hatte es schon einmal gesehen.
    Und nicht erst in der Bar.
    “Das sind Strom- und Telefonkabel. Der Raum kann geöffnet werden.”
    Schon früher … irgendwo … unauffällig … ein unauffälliges Gesicht in der Menge …
    Ein leises Zischen war hinter mir zu hören. Eine Hand legte sich auf meine Schulter und drehte mich um. Mein Blick fiel in die Richtung der Tür, die nun weit offen stand.
    “Oh Gott!” entfuhr es mir nur.
    Ich hatte gerade meine persönliche Hölle auf Erden entdeckt!

*** 65 ***
    Er warf noch einen scheuen Blick auf seine Armbanduhr. So wie er es in der letzten Stunde alle paar Sekunden getan hatte.
    Es war fast vier Uhr am Nachmittag. Noch immer gaben die vielen Polizeifahrzeuge vor seinem Haus ein geradezu fesselndes Farbenspiel ab.
    Er konnte nicht anders.
    Er musste hier sein!
    Auch, wenn ihn seine innere Unruhe förmlich auffraß - er wollte unbedingt ihre Mienen sehen, wenn sie aus dem Haus kamen. Er sah das Flackern des Lichts durch das zerbrochene Fensterglas des Kellers.
    Er hatte es nicht tun können!
    Er hätte es niemals tun können!
    Niemals hätte er sie mit seinen eigenen Händen töten können!
    Er schloss die Augen.
    Ihr Blick. Ihre Fassungslosigkeit. Die Ungläubigkeit. Diese Angst, die förmlich durch den Raum waberte. Wieder hörte er ihren Schrei, als er versucht hatte, sie so behutsam wie möglich in den Keller zu ziehen. Wieder roch er ihren Angstschweiß, vermengt mit dem intensiven, schweren Parfum, was eine fast schon übel riechende Mischung ergeben hatte. Er spürte, wie sich für einen Moment sein Magen hob.
    Sie wusste einfach zu viel!
    Sie hatten ihn entdeckt!
    Er hatte sich dieses Szenario zuvor schon mindestens hundertmal ausgemalt, doch der reale Moment hatte - wie er das schon häufig in anderen Situationen erlebt hatte - jede seiner Vorstellungen bei weitem übertroffen.
    Sie hatte gewimmert, gefleht, gewinselt und sich hilflos zu Boden geworfen. Er hörte noch immer, wie sie hart auf jeder Stufe mit ihrem zappelnden Körper aufschlug, als er sie abwärts gezogen hatte.
    Und er hatte sich jedes Mal auf´s Neue dafür bei ihr entschuldigt!
    Er hatte leise auf sie eingeredet, sie versucht zu beruhigen.
    Warum auch hatte denn das verdammte Schlafmittel erst so spät gewirkt?
    Erst, als sie schon den Keller erreicht hatten und er sie so sanft, wie es irgendwie möglich war, zu der Kaminaussparung gezerrt hatte, begann die Wirkung der Tabletten einzusetzen, die er ihr zerstoßen in den letzten Martini - ihrem Lieblingsdrink - gerührt hatte. Ihr Widerstand war dann schnell schwächer geworden, ihr Flehen leiser, bis sie schließlich erschöpft auf den Boden gesunken war.
    Wie das wohl aus ihren Augen ausgesehen haben mag? Unter dem verschleierten Blick und in ihrem benebelten Zustand zu sehen, wie er den Zement anmischte und die Steine zurechtlegte?
    Er hatte geweint.
    Noch immer spürte er seine Tränen auf der Wange, wie er sie vorsichtig aufgehoben und in die Lücke gelegt hatte.
    Rasch hatte er danach Stein auf Stein aufgeschichtet, stets den Kopf der Frau, die er einst wie den Morgenstern geliebt hatte, im Blick.
    Er öffnete die Augen. Sein Blick war verschleiert. Er wischte die Tränen mit einer schnellen Handbewegung fort.
    Er liebte sie noch immer, verdammt!
    Plötzlich wurde er von der Seite energisch angetippt.
    Erschrocken fuhr er herum.
    Ein kleines Mädchen mit rotem, lockigen Haar und Kulleraugen stand da und hielt ihm stumm ein Papiertaschentuch entgegen. Vorsichtig nahm er es, bedankte sich hastig und drehte sich weg.
    Noch einmal sah er zum Haus.
    Die Tabletten waren definitiv die Falschen gewesen!
    Warum war sie sonst so schnell wieder aufgewacht? Wieder spürte er das Rasen seines Herzens, als er von dieser Straßenseite, im Schatten eines Baumes und mit hochgeschlagenem Kragen, das Glas des Kellerfensters zersplitterten gesehen hatte.
    Er hatte nicht so einfach gehen können und wollte den friedlichen Eindruck, den das Haus auf ihn machte, noch einen Moment mehr genießen, um dieses leichte Wohlgefühl in sein neues Leben mitzunehmen. Denn er wusste natürlich, dass ab jetzt nichts mehr so sein würde, wie es

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