Dunkle Spiegel
zog langsam mein Jackett aus und öffnete den Knopf meines Holsters.
Ungläubig las ich die Botschaft noch einmal.
Ich bin doch schon da!
*** 38 ***
Es war so einfach gewesen. So kinderleicht!
Im Schatten der Häuser und nur begleitet durch den Schatten, den die Wolkenfetzen beim Vorbeiziehen am Mond niederwarfen, gelangte er zum Eingang und der angelehnten Tür. Sie hatte ihm ja alles ganz genau beschrieben. Und er hatte dann auch alles genauso vorgefunden. Aber als er nun dort stand, zögerte er für einen Moment.
Er sah sich um. Noch hatte er das Haus nicht betreten. Da fiel ihm noch eine andere Möglichkeit ein, um an das Objekt seiner Begierde zu gelangen.
Wie süß ist doch die Überraschung, dachte er bei sich, und ohne Fleiß kein Preis. Also kletterte er kurzerhand an dem Holzgerüst auf der Rückseite des Hauses empor, an dem sich mit den fortschreitenden Frühlingtemperaturen irgendwann wieder Efeu empor ranken sollte. Jetzt aber waren nur starre, verdorrte Zweige zu sehen, doch auch die gaben ihm den nötigen Halt. Schnell hatte er noch eine letzte Botschaft geschrieben, und den Computer dann an einer geschützten Stelle liegen lassen.
Er würde ihn sich einfach später wiederholen.
Lautlos und kontrolliert, stets an die Häuserwand gedrückt, war er höher und höher geklettert. Das Flurfenster im zweiten Stock stand einen Spalt offen. Er öffnete es ganz und glitt dann schnell und lautlos hinein.
Nun stand er im Flur und lauschte.
Nichts! Kein einziges Geräusch! Etwas geduckt und eng an die Wand gepresst stieg er die Treppe hinab. Seine Sohlen gaben nicht den geringsten Laut von sich. Dann war er im Stockwerk angelangt.
Seinem Ziel.
Er sah die Umrisse der Tür von seiner Position aus und spürte, wie sein Körper zitterte. Und sein Herz schlug ihm bis zum Hals.
Noch einmal spähte er ins Halbdunkel und lauschte.
Er war allein in diesem Haus, so kam es ihm fast vor.
Er kniete neben dem Türrahmen auf den kalten Fliesen und tastete auf dem Boden nach der Fußmatte, von der sie ihm erzählt hatte.
Langsam drückte er mit seiner flachen Hand darauf. Feste, raue Faser. Man würde ein leises Knirschen hören, wenn er auf die Matte treten würde.
Also durfte er nicht darauf treten.
Vorsichtig hob er sie an und legte sie neben sich. Dann tastete er den Türrahmen empor. Stück für Stück, bis er mit den Fingerspitzen die Oberkante erreichte. Langsam ließ er seine Fingerspitzen über das Holz gleiten, bis er schließlich fand, wonach er gesucht hatte. Dann zog er aus seiner Tasche ein kleines Tütchen, nicht größer als eine Briefmarke. Im Flur gab es kaum Licht, und auch der Mondschein gab nur einen faden, grauen Schein von sich.
Doch er brauchte überhaupt kein Licht.
Er hatte es schon sooft geübt! Mit verbundenen Augen! Und sogar im Dunkeln!
Und, was noch viel prickelnder für ihn war: er hatte es schon einige Male genau so angewendet. Der Gedanken erregte ihn sofort, und ein imaginärer, süßer Hauch von Parfum umfächelte seine Nase.
Vorsichtig nahm er den Schlüssel, den er auf der Oberkante ertastet hatte, und führte ihn zu dem Tütchen in seiner linken Hand. Rasch, aber vorsichtig fuhr er an den Kanten entlang, bis er die schwach perforierte Stelle fühlte. Behutsam und langsam drückte er die Perforation mit der Spitze des Schlüssels ein. Schon nach einem leichten Druck gab das Material nach. Luft strömte mit einem kaum hörbaren Pfeifen nach außen, während er den Schlüssel zu zwei Drittel in das Päckchen steckte. Dort drehte er ihn einige Male und nahm ihn dann langsam wieder heraus.
Wunderbar, diese Ölpäckchen, dachte er frohlockend bei sich. So wunderbar einfach zu handhaben - und überall zu bekommen! Er hatte sie vor längerer Zeit in einem Baumarkt entdeckt und sich dann nach und nach einen größeren Bestand für alle Gelegenheiten und Eventualitäten zugelegt - und dabei immer aus verschiedenen Baumärkten!
Er hatte einfach an alles gedacht!
Alles war genau geplant!
Zum ersten Mal hatte er das Gefühl, ein Genie zu sein und Stolz überflutete ihn. Dann ließ er das Päckchen rasch verschwinden. In seiner Tasche hatte er ein leeres Plastiktütchen, in das er das Ölpäckchen jetzt steckte. Kein Tropfen war daneben gegangen.
Sie würden nichts von ihm finden! Wieder einmal würden sie im Dunkeln tappen! Diese Dummköpfe!
Er war ein Genie!
Zufrieden wandte er sich der Tür zu. Noch einmal lauschte er. Nichts. Nur das sehr leise Surren eines Computers war
Weitere Kostenlose Bücher