Dunkle Spiegel
verzog.
“Wenn er überhaupt hier sein sollte.” entgegnete ich resigniert.
Ich sah die Wut in seinem Blick und auch ein Stück Frustration. Mir ging es nicht anders. Nur langsam konnte ich mich mit der Tatsache abfinden.
Wir hatten ihn nicht erwischt! Die Jagd würde weitergehen!
Und auch wenn noch eine hauchdünne Chance bestand, dass er sich vielleicht doch in einer der beiden anderen Wohnungen versteckt hielt, so war es doch mehr als unwahrscheinlich! Er hatte sich nicht verkrochen, nicht, wenn er die Gefahr gewittert hatte und sich seiner Beute nicht mehr sicher gewesen war. Nein, er hätte eher einen schnellen Rückzug vorgezogen. Aalglatt und unbemerkt, dessen war ich mir sicher.
Ich wusste, dass in der Wohnung unter uns niemand war, weil das junge Paar in den Urlaub gefahren ist. In der Wohnung darüber lebte ein Professor für Musik der örtlichen Universität. Den würden unsere Leute jetzt recht unsanft aus dem Schlaf reißen müssen!
Für mich stand in diesem Moment schon eines fest: die Ratte war entwischt!
Ich lehnte mich zurück, schloss die Augen und atmete tief durch. Als ich meine Augen wieder öffnete, fiel mein Blick zunächst auf meine Pistole. Sie lag noch immer am Boden, wo ich sie hingeschoben hatte.
Ich ließ sie liegen. Ich hatte das Gefühl, dass sie mir im Augenblick einfach zu schwer war, um sie in der Hand zu halten. Dann sah ich zum Computer.
Wir hatten Nachrichten erhalten!
Ich wirbelte herum und scrawlte mit der Maus nach oben.
“Was ist los?” fragte Becker sofort.
“Irgendetwas stimmt nicht.”
Um mich herum drängelte sich jetzt das Einsatzteam. Ramirez stand an meiner rechten Seite, seine schwere Hand auf meiner Schulter. Schnell fand ich die Stelle, ab der das Chaos bei uns ausgebrochen war.
Ich bin doch schon da!
Darunter ging es dann mit den Zeilen weiter, denen wir wegen des Durcheinanders keine Beachtung mehr geschenkt hatten.
Wäre das nicht wunderbar? Ich kann es mir richtig vorstellen! Oh Mann!
Gleich ist es soweit! Gleich!
Ja … Gghleich ….
Du hast mich richtig geil gemacht, du Luder!
Ich schüttelte nur den Kopf. Langsam begann ich zu tippen.
Hey, du Angeber, ich dachte, du wolltest wirklich zu mir kommen? Wo bist du?
Pause.
Wir warteten, obwohl ich die Antwort schon erahnen konnte. Dann erschien eine Nachricht auf unserem Bildschirm.
In echt, oder was? Nee du! Sorry, wenn du dir falsche Hoffnungen gemacht hast! Ich hab mir vorgestellt, wie das wäre, wenn ich jetzt bei dir wäre und so … aber echt zu dir zu kommen is` nicht mein Ding!
Hinter mir hörte ich allerlei Flüche und Verwünschungen. Einer der Männer stampfte sogar vor Wut heftig auf dem Boden auf. Ramirez´ Hand verkrampfte sich auf meiner Schulter. Ein leichtes Zittern beherrschte meine Bewegungen, als ich langsam zu tippen begann.
Du hattest also gar nicht vor, zu mir zu kommen? Warum dann immer diese ewigen Pausen?
Diesmal dauerte es nicht lange.
Hey, das hier ist ein Sex-Chat! Ich BIN gekommen, alles klar? Und es war geil. Dafür danke ich dir. Ich denke, wir könnten uns gut verstehen. Ob wir uns vielleicht mal entspannt treffen wollen?
“Das Schwein hat sich nur einen runtergeholt ? Das war alles? Scheiße!” hörte ich eine raue, weibliche Stimme hinter mir. Es war der Specialagent, der Ramirez so gekonnt entwaffnet hatte. Wie sich herausgestellt hatte, war er eigentlich eine sie mit schwarzem Haar, vollen Lippen und loderndem Feuer in den Augen. Im Grunde genommen eine etwas kleinere Ausgabe von Angelina Jolie, die meinem Partner denn auch sichtbar den Atem geraubt hatte, als sie schließlich ihre Maske abgezogen hatte.
Frustration und der Ärger standen nun für jeden deutlich spürbar und zum Schneiden dick im Raum.
Er war einfach der Falsche gewesen! So einfach war das. Und so einfach, wie diese Erkenntnis war, so fatal und erschütternd wirkte sie auch auf uns.
Wir hatten mit jemandem geflirtet, auf den das Profil unseres Täters hätte passen können - aber es war definitiv der Falsche!
Ich ließ entmutigt die Schultern hängen. Und in diesem Augenblick breitete sich eine Erkenntnis in meinem nur noch langsam arbeitenden Kopf aus: dieser Fall kostete mich nicht nur mehr Kraft und Ausdauer, sondern ging mir mehr unter die Haut als jeder andere zuvor!
Ramirez griff an mir vorbei zu den Tasten am Computer und fragte unseren Chatpartner nach seiner genauen Adresse und der Telefonnummer. Beides gab er uns denn auch direkt und überaus bereitwillig, wohl
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