Dunkle Symphonie der Liebe
an dem massiven
Geländer klang in Byrons Ohren überlaut. Ein kleines, wölfisches Grinsen
milderte die harten Konturen seines Munds. Ohne die Person, die langsam näher
kam, zu überprüfen, wartete er einfach im Dunkeln auf seine Beute.
Natürlich nicht.
Die Fußschritte waren jetzt auf
dem ersten Treppenabsatz. Wer es auch war, der Betreffende zögerte und wandte
sich dann in die Richtung von Pauls Gemächern. Byron zog sich in den Schatten
zurück. Seine verlängerten Eckzähne waren entblößt, und als sich die Tür einen
Spalt weit öffnete, ließ das gedämpfte Licht vom Flur seine Augen in feurigem
Blutrot aufleuchten.
Er erkannte sie sofort.
Antoniettas geschätzte Assistentin Justine Travis trat vorsichtig ein und
schloss die Tür hinter sich. Sie ging einige Schritte weiter, blieb aber dann
ein Stück vom Bett entfernt stehen.
»Paul?«
Sie erhielt keine Antwort. Der
Mann im Bett rührte sich nicht. Byron war sicher, dass er betäubt worden war,
aber das musste er noch überprüfen. Wie auch immer, das hieß noch lange nicht,
dass er unschuldig war. Ein gerissener Mann mochte einen Mordversuch begehen
und sich selbst betäuben, um den Eindruck zu erwecken, auch er wäre in Gefahr
gewesen.
Hunger regte sich in ihm, ein
dunkles, schreckliches Verlangen, das überwältigend stark wurde. Byron hatte
noch nichts zu sich genommen, und er hatte beträchtliche Energien verbraucht,
als er Don Giovanni aus den kalten Tiefen des Meers rettete. Auch das Heilen
und das Entfernen des Gifts aus Don Giovannis geschwächtem Körper hatte ihn
ausgelaugt, und jetzt litt er wahre Qualen. Er konnte den Ruf des Bluts hören,
das schwer und warm durch Justines Adern strömte und von dem Leben pulsierte,
das seine ausgehungerten Zellen dringend brauchten. Eine Bewegung, im Grunde
nur ein Blinzeln mit den Augen, und er stand hinter Justine. Ihr Haar war zu
einem einfachen Pferdeschwanz zusammen- gefasst, der ihren Nacken und ihre
Kehle frei ließ. Byron konnte die Pulsader in ihrer Halsbeuge pochen sehen.
Justine seufzte und rang
unruhig die Hände.
»Wach auf, Paul. Ich muss mit
dir reden. Es tut mir leid, dass wir gestritten haben, aber du musst doch
verstehen, dass ich meinen Job nicht aufs Spiel setzen kann.«
Justine legte mit einer fast
abwehrenden Geste eine Hand an ihre Kehle, als könnte sie das Raubtier spüren,
das ihr so nahe war.
»Du weißt, dass ich alles tun
würde, um dir zu helfen. Wir werden eine andere Möglichkeit finden, um an Geld
zu kommen. Ich helfe dir, ganz bestimmt.«
Paul reagierte nicht, sondern
lag nach wie vor regungslos auf dem Bett.
Justine schluchzte leise. »Ich
habe es nicht so gemeint, als ich gesagt habe, es wäre vorbei. Ich werde einen
Weg finden, um dir zu helfen, Paul. Tu nichts Unüberlegtes, ehe ich gründlich
nachgedacht habe. Du weißt, wie furchtbar du dich fühlen würdest, wenn du etwas
tätest, das deiner Familie schaden könnte.« Sie wartete einen Moment.
»Bitte, Paul, antworte mir.«
Als Paul weder antwortete noch
sich zu ihr umdrehte, presste Justine ihre Hand auf ihren Mund, um ihr Weinen
zu ersticken.
Ein dunkler Schatten fiel auf
sie. Justine erschauerte und wandte mit schreckensgeweiteten Augen den Kopf.
Das Raubtier im Schatten sprach leise zu ihr und murmelte einen Befehl, während
er sie in seine Arme zog. Sie legte den Kopf zurück und starrte ihn wie gebannt
an.
Byron sah ihr ins Gesicht. Ihr
Geist war erfüllt von Gedanken an Paul, wie sehr sie ihn liebte und wie sehr
es ihr widerstrebte, Antonietta zu verraten, aber ... Er lächelte, aber es war
kein frohes Lächeln, eigentlich nur ein Entblößen von Fangzähnen.
»Es liegt in deiner Natur, zur
Verräterin zu werden. Und du hast dir die falschen Verbündeten ausgesucht.«
In seiner Stimme lag eine
derart schneidende Verachtung, dass Justine zusammenzuckte, obwohl sie immer
noch wie in Trance war. Byron neigte den Kopf, vergrub seine Zähne tief in
ihrem weichen Fleisch und trank.
Antonietta stieg aus dem Bad
und schlang ein weiches Badelaken um sich. Es waren genau zehn Schritte bis zu
ihrem Frisiertisch. Sie setzte sich auf den Stuhl und griff nach der Bürste,
die wie immer in der rechten Ecke lag. Der Griff war kühl und glatt und passte
in ihre Hand, als wäre er für sie gemacht. Die Bürste war ein altes Erbstück,
sie liebte sie und benutzte sie jeden Abend, um ihre Haare zu bürsten. Als sie
die Bürste durch ihr langes Haar zog, pochte ihr Hals, und die Stelle über
ihrer plötzlich
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