Dunkle Symphonie der Liebe
kleinen Schritt
zurück und legte eine Hand schützend an ihre Kehle. Ihre Pulsader pochte
heftig, als würde sie nach Byron rufen. Die Stelle, wo er in der vergangenen
Nacht sein Mal hinterlassen hatte, pulsierte und brannte.
»Es gibt tatsächlich etwas
Unausweichliches in unserer Beziehung, aber ich bezweifle, dass du dasselbe
meinst wie ich.« Beiläufig, fast träge streckte er eine Hand aus, legte sie um
ihren Nacken und zog sie an sich. Sie folgte nur zögernd seinem Druck, indem
sie einen kleinen Schritt machte und dann noch einen, bis sie die Hitze seines
Körpers durch die dünne Barriere ihrer Kleidung spüren konnte.
Sie stemmte sich mit beiden
Händen gegen seine Brust. »Warum bist du böse?«
Er brodelte vor Zorn bei der
Vorstellung, dass Antonietta überzeugt war, er würde sie verlassen. Dass sie
glaubte, er könnte den Wunsch haben, sie zu verlassen, und diese Tatsache
beinahe dankbar zu akzeptieren schien. Byron bemühte sich, seine aufgewühlten
Gefühle im Zaum zu halten. Jetzt die Beherrschung zu verlieren, wäre eine
Katastrophe. »Was auf dieser Wand steht, ist, dass eine Gruppe von Frauen und
Kindern hierherkam, um Zuflucht zu suchen. Es gab nur wenige Männer,
hauptsächlich alte oder sehr junge, aber niemanden, der die Frauen hätte
beschützen können. Sie baten um die Erlaubnis, sich auf dem Land der Scarlettis
und unter dem Schutz dieser Familie anzusiedeln. Es waren Fremde, die aus einem
fernen Land kamen. Es heißt, dass diese Frauen über ungeheure übersinnliche
Fähigkeiten verfügten. Sie waren telepathisch veranlagt und verstanden sich auf
das Heilen von Krankheiten. Und sie alle konnten ihre Gestalt verändern.«
Antonietta nickte. Byron hielt
sie nicht fest; seine Finger ruhten leicht, fast zärtlich auf ihrem Hals, aber
sie spürte dennoch die Spannung, die zwischen ihnen vibrierte. »Die Bilder
zeigen eindeutig eine große Katze.«
»Einen Jaguar«, erklärte er.
»Ich habe schon von der Spezies der sogenannten Jaguarmenschen gehört. Sie sind
so gut wie ausgestorben. Die Männer weigerten sich, bei den Frauen zu bleiben,
und irgendwann suchten sich die Frauen ihre Ehemänner unter normalen Menschen.
Im Lauf der Jahrhunderte floss das Jaguarblut immer dünner in ihren Adern.«
Sie nickte zustimmend.
»Manchmal spüre ich die Katze in mir. Wenn sie mich warnen will, zum Beispiel.
Ich habe einen ausgeprägten Geruchssinn. Ich bin blind, aber manchmal, wenn das
wilde Tier in mir stärker wird, sehe ich Farben, Rot und Gelb und Weiß.
Wärmebilder. Als du gestern Nacht eine Katze gewittert hast, dachte ich, dass
einer meiner Cousins vielleicht genauso ist und ich nicht völlig aus der Reihe
tanze. Es ist wahr, Byron. Das ist auch der Grund, warum die Scarlettis mit
den Frauen im Dorf einen Pakt geschlossen haben. Sie wollten die Gabe der
Jaguarwesen für sich haben. Einige der männlichen Scarlettis heirateten diese
Frauen, und in manchen fließt das alte Blut sehr stark, bei anderen nicht. Wie
gesagt, ich habe diese Bilder sorgfältig studiert. Du hast völlig Recht, wenn
du sagst, dass die Männer fortgingen. Die Frauen waren bereit, unter Menschen
zu leben, weil ihre Männer nie bei ihnen blieben. Sie schwängerten ihre Frauen,
und dann gingen sie fort, auch wenn gerade Hungersnöte, Seuchen oder gar Kriege
herrschten. Die Frauen sehnten sich nach Gemeinschaft und Liebe und einer
Familie, und deshalb wandten sie sich unserer Rasse zu.«
»Wie es auch woanders geschah«,
bemerkte Byron.
»Früher hatten Frauen kaum
Rechte und genossen wenig Schutz, aber heute sind wir durchaus in der Lage,
unsere Kinder allein großzuziehen. Ich habe ein schönes Leben, und ich habe
nie erwartet, jemandem zu begegnen, zu dem ich mich stark genug hingezogen
fühlen könnte, um für immer mit ihm zusammenzubleiben. Wirklich, Byron, ich
wollte dir nur sagen, dass ich von einem Liebhaber weder erwarte noch es mir
wünsche, dass er länger als einen kurzen Zeitabschnitt bei mir bleibt.«
Sein Atem entwich in einem
langen, gereizten Zischlaut. »Leider ist es nicht das, was ich erwarte oder mir
wünsche, Antonietta. Ich bin kein Jaguarmensch. In meinem Volk ver- lässt man
einander nicht, wenn es einem gerade einfällt oder weil einen die Abenteuerlust
packt. Wir bleiben ein Leben lang zusammen. Für immer und ewig. Mit weniger
werde ich mich nicht zufriedengeben. Du musst noch viel darüber lernen, wer
und was ich bin.« Seine dunklen Augen hefteten sich besitzergreifend auf
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