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Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie

Titel: Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nuala O'Faolain
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geredet. Das war die heilige Teresa. Oder die heilige Bernadette. Oder ich habe gerade
mit dem seligen John Sullivan geredet – das war ein Priester in Dublin, der sehr fromm war -, und er hat mir vom Himmel erzählt. Aber mit Gott oder mit der heiligen Jungfrau Maria hat sie nie gesprochen. Ich weiß auch nicht, warum. Vielleicht hat sie sich mit den beiden nicht so wohlgefühlt. Und sie hatte Freunde aus der Zeit, als sie die Kirche geputzt hat, und vom Dritten Orden des heiligen Franziskus, und die kamen auch immer vorbei. Man muss die Priester wirklich loben. Sie haben ihr Weihwasser aus Rom mitgebracht und Rosenkränze aus Medjugorge und lauter solche Sachen. Und Geld hatte sie auch immer genug, weil du ihr ja welches geschickt hast. Was am Schluss passiert ist, daran ist niemand schuld. Ihr armes altes Gehirn wurde einfach müde.«
    »Das kleine Haus war über hundert Jahre alt«, sagte Markey und hob den Kopf.
    »Keiner von uns ist da je drüber hinweggekommen«, sagte Min. »Es war ein wunderbares kleines Haus. Es war immer warm da drin, egal, wie’s draußen war. Ist noch Tee da?«
    »Die Mauern waren einen halben Meter dick«, sagte Markey.
    »Ich kann trotzdem verstehen, warum ein Protestant da rauswill«, murmelte ich.
    Die zwei musterten mich kühl.
    Markey sah so unglaublich gut aus, dass alle Leute, die an unserem Tisch vorbeikamen, sich noch einmal nach ihm umdrehten. Nach ihm und nach der kleinen Frau mit dem leuchtenden Gesicht und den silbergrauen Haaren, die sie zu einem lockeren Knoten hochgesteckt hatte. Es bereitete Min und Markey großes Vergnügen, über Kilbride zu reden, über Kilbride, wie es früher war, als es noch kaum Autos gab, als die Milch noch in klirrenden Flaschen geliefert wurde und der Brotwagen seine Runde machte.
    Im Umgang mit Min ist er viel lockerer als bei mir, dachte ich. Er sitzt ganz dicht bei ihr, er lacht begeistert. Vielleicht genießt
er die Gesellschaft einer Frau, die zur Generation seiner Mutter gehört? Oder muss er etwa daran denken, dass er und ich fast ein Paar geworden wären, und ist er deswegen mir gegenüber immer noch misstrauisch und gehemmt?
    Bestimmt war es ihm an dem Tag, als wir zum Pigeon House runtergingen, völlig klar, wie tief es mich treffen würde, wenn ich erfuhr, dass er aus Irland weggehen wollte – und zwar nicht irgendwann in der fernen Zukunft, sondern noch am selben Abend. Vielleicht war er deswegen so nett zu mir, was die Idee mit dem Inspirationsbuch anging. Wollte er es wieder wiedergutmachen, dass er mich damals so verletzt hatte? So ähnlich, wie ich es in meinem kleinen Probekapitel geschrieben hatte: In den mittleren Jahren gab es immer wieder Wunder. Man erntet, was man gesät hat.
    »Rosie schreibt ein Buch darüber, wie man aus dem mittleren Lebensabschnitt das Beste machen kann«, erzählte Markey voller Enthusiasmus.
    »Wie bitte?«, rief Min. »Rosie schreibt etwas über die Mitte des Lebens?« Sie musterte mich kritisch. »Davon hat sie doch keine Ahnung! Sie ist noch viel zu jung!«
    »Vielleicht kannst du mir ja etwas beibringen?« Ich lächelte ihr zu.
    »Ja, genau – das ist deine große Chance, Min.« Markey lächelte ebenfalls. »Was denkst du über die mittleren Jahre? Im Vergleich zu der Phase, in der man eindeutig jung oder eindeutig alt ist?«
    Aber mit diesem Themawechsel schien Min überfordert. Sie war jetzt doch sehr müde, und ich konnte ihr ansehen, dass sie den Abend gern beenden würde. »Ich wäre ja selbst fast Schriftstellerin geworden«, sagte sie vage. »Ich habe in einem Haus gewohnt, in dem auch James Joyce mal gelebt hat. Als ich das allererste Mal in Dublin war, hielt der Bus, der vom Land kam, in Rathmines, und ich habe gedacht, wir sind schon im Zentrum
von Dublin, und habe zum Fahrer gesagt, er soll mich rauslassen. In einem Fenster war ein Schild, auf dem stand: Zimmer zu vermieten. Also habe ich eine Weile dort gewohnt, während das Kind hier« – sie deutete auf mich – »noch im Krankenhaus war. Und direkt vor meinem Fenster war eine Inschrift im Stein. Da stand, dass James Joyce zwischen seinem zweiten und fünften Lebensjahr dort gelebt hat. Ich habe oft daran gedacht, dass er schreiben gelernt hat, als er genau dort wohnte. Er hätte natürlich niemals Schriftsteller werden können, wenn er nicht schreiben gelernt hätte. Wenn ich irgendetwas geschrieben hätte, als ich dort gewohnt habe, wäre ich auch Schriftstellerin geworden.«
    »Ich bin jetzt schon älter, als Joyce war,

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