Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie
musste.
»Sehr gut. Cobra-Bier.« Markey nickte dem Kellner zu. »Und du, Min – Bier? Wasser? Tee?«
»Am liebsten Tee. Mit Milch, versteht sich.« Natürlich hatte Min Flo Cuffe gekannt. Es hatte auch einen Mr. Cuffe gegeben. In London. Er war Markeys Vater – es hieß, er sei ein Protestant und die Familie habe ihn vertrieben -, aber Markey besuchte ihn nur ganz selten, und wenn, dann wollte er vor allem in die Antiquariate in der Charing Cross Road. Seine Mutter hingegen liebte Markey heiß und innig. Er gab ihr immer sein gesamtes Gehalt – obwohl sie fast alles einem Priester schickte, der ein Waisenhaus in Kalkutta leitete. Gleich nach der Schule hatte Markey einen Job bei der Stadtverwaltung angenommen, um abends aufs College gehen zu können.
Sie hat auch mein Leben beeinflusst, diese Mrs. Flo Cuffe.
Etwa drei Jahre, nachdem Markey aus Irland weggegangen war, begann ich zu studieren – dank der Unterstützung von Hugh Boody, meinem Chef in der Buchhandlung. An einem Abend im ersten Semester kam ich sehr spät nach Hause, weil es bei der Studentenzeitschrift, an der ich mitarbeitete, eine Krise gegeben hatte. Es war dunkel, als ich die Straße entlangging, und durch den Nebel kam mir eine gebeugte Gestalt entgegen. Im diffusen Licht der Straßenlaterne erkannte ich Mrs. Cuffe.
»Wen haben wir denn da? Ist das nicht Mins Rosie?«, rief sie und schaute mich unter ihrem Hut hervor an. »Ich bin zu spät dran für die Messe. Meine Uhr ist stehen geblieben, glaube ich.«
Sie wirkte ungeheuer angespannt, und mir war sofort klar, dass ich behutsam mit ihr umgehen musste. Ich schaute auf meine Uhr. »Ich glaube eher, dass die Uhr vorgeht«, sagte ich möglichst beiläufig. »Es ist noch nicht zu spät für die Acht-Uhr-Messe – eher ein bisschen zu früh.«
»Ich gehe lieber schon in die Kirche und warte dort«, entgegnete sie voller Panik. »Das ist besser. Ich darf auf keinen Fall zu spät kommen.«
»Das verstehe ich. Es gibt nur ein Problem – die Kirche ist noch zu. Und bei diesem Nieselwetter können Sie sich den Tod holen.«
»Das stimmt.« Sie schaute mich ratlos an. »Aber wenn ich nach Hause gehe, habe ich keine Ahnung, wie spät es ist, weil die Uhr nicht mehr funktioniert.«
Schließlich überredete ich sie, mit mir zu kommen. Min war schon im Bett, kam aber wieder nach unten, als sie uns reden hörte. Ihr fiel sofort auf, dass Flo an einem Fuß einen Halbschuh trug und am anderen einen Stiefel. Sie klopfte an die Wand, und gleich darauf erschien Reeny in ihrem Morgenmantel. Ohne lange zu reden, machten Reeny und Min Feuer, kochten Tee und redeten auf eine ganz alltägliche, ruhige Art mit der alten Frau.
Indirekt übte Flos Anwesenheit einen entscheidenden Einfluss auf mich aus: Ich sah mich da stehen, vollkommen nutzlos und überflüssig. Die Frauen brauchten mich nicht. Ich gehörte nicht dazu.
Markeys Mutter verkündete nach einer Weile ganz verlegen, sie habe vergessen, zu Abend zu essen, und jetzt habe sie großen Hunger. Die beiden anderen machten ihr Rührei mit Toast und schnitten sicherheitshalber die Kruste vom Brot ab. Und als Flo schläfrig wurde, zogen Min und Reeny die Mäntel über ihre Nachthemden und begleiteten die alte Frau nach Hause. Sie versuchten, Markeys Telefonnummer in Amerika herauszukriegen, aber Flo konnte sich nicht mehr erinnern, wo sie die Nummer aufgeschrieben hatte. Also versprachen sie ihr, sie würden am nächsten Morgen wieder vorbeischauen. Dann brachten sie Flo ins Bett, mit ihrem Gebetbuch und einer Flasche Cola, und verabschiedeten sich.
»Seit dieser Nacht war sie nie mehr wie früher«, so erzählte Min jetzt Markey die Geschichte. »Ich weiß noch, wie Reeny dir am Telefon gesagt hat, dass du nicht nach Hause kommen musst, weil alle in der Nachbarschaft ihr etwas zu essen bringen, und so haben wir’s auch gemacht. Es hat bestens funktioniert. Sie hat immer gern gegessen, deine Mutter, und weil wir ihr das Essen gebracht haben, konnte sie ohne Probleme in ihrem eigenen Haus wohnen bleiben, fast bis zum Schluss. Und da hatte sie ja schon vergessen, wer sie ist – aber das weißt du ja selbst.«
Min war so ernst, wie ich sie selten erlebt hatte.
»Ganz ehrlich, Marcus, sie hatte es wirklich gut. Immer, wenn man sie besucht hat – man konnte einfach anklopfen und reingehen -, fing sie gleich an zu reden, sie hat gesagt, ach, Mrs. Connors, oder wer eben gerade kam – sie kannte wirklich alle -, Mrs. Connors, ich habe mit der kleinen Blume
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