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Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie

Titel: Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nuala O'Faolain
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dass sie mir genauso gut gefielen wie ich ihnen.
    Dan begleitete mich zur Bushaltestelle.
    »Morgen ist ein freier Tag«, sagte er. »Vielleicht könnten wir hier gemeinsam eine Besichtigungstour machen? Ich habe fast noch nichts von Dublin gesehen.«

    Der Busfahrer machte die Tür auf und schrie die Leute in der Schlange an, als hätten sie den Bus warten lassen: »Steigen Sie jetzt endlich mal ein?«
    »Bin schon da«, rief ich. »Warten Sie! Tschüss, Professor!« Schnell kletterte ich in den Bus.
    »Gute Nacht!«, rief Dan mir nach. »Morgen Mittag um zwölf, am Hotel!«
    »Na, jetzt weißt du ja, was du zu tun hast, Kindchen«, sagte der Busfahrer zu mir. »Die Yankees sind wieder in der Stadt.«
    Zu Hause rasierte ich mir die Beine, obwohl ich mir vorgenommen hatte, Jeans anzuziehen.
     
    Die endlose Nacht im Flugzeug war vorüber, und mit brennenden Augen und verstopfter Nase verließ ich den Dubliner Flughafen, hängte meine Reisetasche über die Schulter und stapfte in Richtung Parkplatz. In meiner Heimatstadt dämmerte gerade ein kühler, frischer Frühlingstag herauf. Ich ging vorbei an Geschäften und Büros, die noch geschlossen waren. Überhaupt wirkte alles sehr verschlafen, und die Fensterscheiben spiegelten das erste Morgenlicht. Spinnweben glitzerten. Der Himmel veränderte sich und blieb doch bewegungslos. Die Spatzen hüpften fröhlich herum, und Krähen krächzten einander unverständliche Botschaften zu.
    Ein paar Putzfrauen, alle wesentlich jünger und blonder als irische Reinigungskräfte, lehnten an dem Maschendrahtzaun und schienen auf irgendetwas zu warten. Ich rief ihnen zu: »Guten Morgen, meine Damen!«, und eine von ihnen brachte es immerhin über sich, mir lächelnd zu winken.
    Ich fand mein Auto und fuhr nach Hause.
     
    Min entging nichts, man konnte ihr nie etwas verheimlichen. An dem Tag, an dem ich mit Dan verabredet war, fragte sie mich
gleich, weshalb ich in Jeans zur Arbeit gehe. In Roubaix hatte ich von Lalla gelernt, dass Frauen einander nicht anlügen. Ich wollte Min eigentlich nichts vormachen, aber es wäre unter Garantie zu einer größeren Auseinandersetzung gekommen, wenn ich ihr gestanden hätte, dass ich mit einem amerikanischen Professor verabredet war. Das stand nämlich in krassem Gegensatz zu ihrem Vorhaben, aus mir eine Frau zu machen, die nach Kilbride gehörte. Ich hätte ihr nicht einmal sagen können, dass der Professor im Gresham Hotel abgestiegen war. Min hatte keine Ahnung von Hotels – außer dass sie eine Menge Geld kosteten. In ihrem ganzen Leben hatte sie, soviel ich wusste, bisher nur ein einziges Mal ein Hotel betreten, und das war, als sie bei der Parade am Saint Patrick’s Day mit mir auf die Damentoilette im Wynne’s Hotel in der Abbey Street ging, weil ich vor Kälte weinte und dringend aufs Klo musste. Min war sehr misstrauisch gegenüber Hotels.
    Ich erklärte ihr, wir müssten heute alle Jeans anziehen, weil Boody Inventur machen wollte. Die schwesterliche Solidarität unter Frauen musste in dem Fall zurückgestellt werden.
    Selbst wenn Markey noch in Dublin gewesen wäre, hätte das an der Situation nichts geändert. Ich wäre an diesem Morgen trotzdem zu Dan gerannt, die ganze O’Connell Street hinunter, mit klopfendem Herzen.
    Markey und ich waren nie auch nur Hand in Hand gegangen, nicht einmal an jenem grauen Oktobertag, als wir zum Abschied durch Ringsend spazierten, vorbei an den Müllhalden und den Containern, dort, wo der Liffey in die Bucht von Dublin mündet. Aus den Kläranlagen drang übler Gestank, Müll lag überall im Strandhafer, und in den Seetangklumpen, die mit der Flut auf die Strandseite der Straße gespült worden waren, schimmerten Ölflecken. Der Wind trieb Sand über den Asphalt. Wir fanden das alles natürlich spannend, weil wir die Stelle suchten, an der Joyce in Dubliners die Begegnung zwischen den Jungen und
dem Perversling stattfinden ließ. Die Schauplätze der anderen Geschichten hatten wir alle schon abgehakt.
    Später fragte ich mich oft, ob ich gespürt hatte, dass sich zwischen uns eine neue Kluft auftat. Hätte ich sonst angefangen, über Monty zu reden und dass er eigentlich nie mehr richtig fröhlich war, seit sein Vater abgehauen war? »Sein Vater hat seine Krawatte am Bettgestell hängen lassen – du weißt schon, da, wo der Knauf ist. Und da hängt sie immer noch. Monty will nicht, dass jemand die Krawatte anfasst – dabei ist das jetzt schon acht Jahre her.«
    »Wie lange etwas her ist,

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