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Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie

Titel: Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nuala O'Faolain
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Der Wunsch, ihn zu beschützen, war so stark, dass es beinahe wehtat. Was war das, wenn es keine Liebe war? Ein kleines, dünnes
Tier kam zu mir gerannt, in meinem Inneren öffnete sich eine riesige, schwere Tür, und alle Dämme brachen. Selbst meine Füße, über die ich sonst nicht viel nachdachte – heute erschienen sie mir wertvoll, weil der Hund, der mir vertraute, auf ihnen schlief.
    Der kleine Hund wollte in meiner Nähe sein.
    Und wo war hier die Fairness, die Gerechtigkeit? Wieso hatte dieser Hund ausgerechnet mich auserwählt? Ich war nur zufällig vorbeigekommen, und er hatte mich zufällig gebraucht.
    Wie gut, dass es keine Gerechtigkeit gab!
    Als ich wieder in der Stadt war, schrieb ich den nächsten Tipp auf:
    Du kannst nicht alles haben, aber du kannst auch nicht alles verlieren.
    Aber die kleine Hündin wollte nicht ins Auto. Als ich sie hochhob, befreite sie sich zappelnd aus meinen Armen und rannte weg, hinter die Telefonzelle und in den Wald. Ich fühlte mich elend. Dann hörte ich ein leises Bellen. Sie stand auf der anderen Seite des Zauns, keine zehn Meter von mir entfernt. Sie schaute mich an, und sie wollte ganz offensichtlich, dass ich sie sah. Ich öffnete die Wagentür und winkte ihr, sie solle zurückkommen und ins Auto springen. Ich beugte mich zum Zaun und flehte sie an: »Komm, Schätzchen, komm doch, bitte!« Dann richtete ich mich auf und wiederholte meine Bitte im Kommandoton. Dann pfiff ich. Ich setzte mich auf den Fahrersitz, stieg wieder aus und behielt sie die ganze Zeit im Auge. Sie saß im dichten Gras, den hübschen kleinen Kopf hoch erhoben, und beobachtete mich.
    Doch dann verschwand sie, und ich konnte nichts dagegen tun.
    Ich hatte einmal ein Foto von einem Mann gesehen, der in einem Hospiz im Sterben lag. Er war im Profil abgebildet, abgemagert lag er auf einem hohen Krankenhausbett unter einem
Laken, ein blasser Körper unter einem blassen Tuch vor einer blassen, neutralen Wand. Sein rechter Arm hing herunter, so dass seine Hand auf dem Kopf eines wunderschönen Hundes ruhte, der neben dem Bett saß – der Körper ruhig, das intelligente Gesicht hellwach und sanft. Der Mann starb, eingehüllt in eine Aura reinster Liebe.
    Ich hätte gern mit Markey darüber geredet, aber an der Westküste war es jetzt sieben Uhr morgens, und um diese Zeit konnte ich ihn nicht gut anrufen, um über Hunde zu plaudern. Aber ich wagte es, bei Min in Portland anzurufen.
    »Hier regnet es auch«, sagte Min, als sie wach genug war, um zu reden. »Es ist ganz komisch – Luz würde am liebsten irgendwohin gehen, wo es noch mehr regnet. Das hat mit ihrer Lunge zu tun, sie braucht die Feuchtigkeit für die Luftröhre. Aber im Moment geht es ihr echt gut.«
    Min unterhielt sich eigentlich nicht mit mir, sondern lieferte wieder einmal eine ihrer endlosen Schilderungen.
    »Hier gibt es Leute, die wohnen schon ihr ganzes Leben in einem Wohnmobil, und sie halten alle zusammen, so wie die Leute früher in Kilbride. Der Mann von nebenan nimmt mich nachmittags im Auto mit zur Arbeit, weil er selbst auch um die Zeit los muss, aber man muss ihn fast mit Gewalt vom Fluss losreißen, weil er so ein verrückter Angler ist. Nach meiner Schicht werde ich mit einem Auto nach Hause gebracht. Ich kenne inzwischen die ganzen Fahrer. Sie warten, bis ich zur Tür reingegangen bin und Licht gemacht habe, sie sind wirklich klasse. Und es gibt auch eine Katze. Die sitzt auf der Schwelle und wartet auf mich, jeden Abend. Sie ist sehr schön, wirklich. Jemand hat sie hiergelassen. Solche Leute müsste man erschießen. Die Katze ist eigentlich ein Kater und heißt Edward. Der Name passt genau. Ist Reeny wieder da? Sag ihr, es geht mir so gut wie noch nie in meinem Leben, sie kann sich ihr olles Spanien dahin schieben, wo der Affe den Kohl hinsteckt.«

    »Aber was macht ihr, wenn etwas passiert?«, fragte ich besorgt. »Gib mir doch bitte wenigstens deine Telefonnummer bei der Arbeit. Und ich wüsste gern, wie die Kneipe von dem Mann aus Galway heißt.«
    »Ich habe bei dir auch nie gewusst, wo du bist«, entgegnete sie sanft. »Jahrelang nicht. Ich hatte ganz oft keine Nummer von dir. Wenn ich die Treppe runtergefallen wäre, hätte Reeny dich nicht anrufen können.«
    Das Telefon piepste warnend. Ich steckte noch eine Zwei-Euro-Münze in den Schlitz.
    »Die arme Bell könnte mit Edward nicht mithalten – er ist richtig wertvoll, du müsstest mal sein Fell sehen. Und ich kann bei der Arbeit essen, was braucht man mehr?

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