Dunkle Templer 01 - Erstgeboren
Gewehr locker im Schoß, und beobachtete die Geiseln aus zusammengekniffenen Augen.
Ihr Team, das sie selbst zusammengestellt und dem sie mehr als nur einmal ihr Leben anvertraut hatte, hielt die Waffen auf die gefesselten, eingeschüchterten Archäologen gerichtet, die sie im Zentralgebäude zusammengetrieben hatten. Ihr Team bestand durch die Bank aus guten Leuten.
Sie gestattete sich einen Anflug wehmütiger Sehnsucht nach einem Menschen, der leider nicht dazu gehörte – Ethan Stewart hatte vor zwei Jahren einen anderen Weg eingeschlagen. Aber sie hielten noch Kontakt zueinander. R. M. lächelte – ihre Beziehung war damals und auch heute noch… persönlicher als jede, die sie zu den Mitgliedern ihres aktuellen Teams pflegte. Vielleicht würde sie sich, wenn diese Sache vorbei war, bei Ethan melden und für eine Woche voller Leidenschaft mit ihm verschwinden – an einen Ort, der Atmosphäre hatte, sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinne.
Sie nahm noch einen Zug aus ihrer Zigarette, sog den Rauch tief in die Lunge und tadelte sich im Stillen für ihre Schwäche.
Ihre Sucht nach den Krebsstängeln war ihr letzter Schwachpunkt. Früher einmal, vor langer Zeit, war sie nach Stims süchtig gewesen. Ethan hatte sie gefunden und unter der Bedingung eingestellt, dass sie sich das Zeug abgewöhnte.
Rosemary spürte, wie ihr der Schweiß unter den Armen ausbrach bei der bloßen Erinnerung an die Entgiftung, der er sie unterzogen hatte. Aber wenigstens hatte er nicht verlangt, die Sargnägel aufzugeben. Das hatte sie selbst getan.
Nun ja, in gewisser Weise jedenfalls.
Rauch quoll ihr beim Ausatmen aus der Nase, während ihr Blick nachdenklich auf den Geiseln ruhte. So war das nicht vorgesehen gewesen. Was zum Teufel war mit Jake los? Was war das überhaupt für ein Ding gewesen, das da in der Tempelkammer gelauert hatte? Ein Protoss, ja… aber eben mehr als nur das. Etwas noch… Fremderes.
Sie dachte an die Träume, die sie gehabt hatte, und unterdrückte ein Schaudern.
R. M. hatte sich den Ruf erworben, jeden Job so unauffällig und effizient wie möglich zu erledigen. Sie hatte im Laufe der Zeit mehr als nur ein paar Teammitglieder eliminiert, wenn sie den Eindruck bekam, dass sie zu schießwütig waren. Rosemary war keine große Anhängerin von aufwändigen, lautstarken, testosteronreichen Siegen. Wozu die Energieverschwendung? Und diese Einstellung war einer der Gründe gewesen, weshalb sie ganz oben auf Valerians Liste gestanden hatte.
Diese Expedition war die vierte gewesen. Die anderen waren schmachvolle Fehlschläge gewesen, und Valerian hatte sie gleichermaßen enttäuscht wie angewidert mit eingeklemmtem Schwanz nach Hause gejagt.
Jake aber hatte irgendwie etwas herausgefunden, das den anderen entgangen war. Und das hatte sie wirklich überrascht.
Es war nicht so, dass sie Jake nicht für intelligent hielt. Im Gegenteil, sie hatte ihn sogar als brillant bezeichnet, und mit diesem Wort ging R. M. nicht leichtfertig um. Aber ihm war eine Naivität eigen, die komisch hätte sein können, wäre sie nicht so echt gewesen.
Sie schob sich das dünne weiße Stäbchen des Todes zwischen die Lippen und inhalierte wieder.
Wenn sie ihn nur dazu gebracht hätte, ihr genau zu sagen, was er getan hatte, um dieses Tor zu öffnen. Aber das Wissen war in seinem offenbar verkorksten Gehirn eingeschlossen, und R. M. fragte sich, ob nun noch irgendjemand daran kommen würde.
Andererseits wusste sie, dass Valerian ziemlich wütend gewesen war, als drei von drei Expeditionen so fürchterlich fehlgeschlagen waren. Die Tatsache, dass der erste Erfolg unter ihrer Aufsicht erzielt werden konnte, freute ihn, und Rosemary wusste, dass ein glücklicher Valerian auch eine glückliche Rosemary Dahl bedeutete. Sobald die Archäologen eingehend… befragt worden waren, würde R. M. ihr Geld erhalten. Eine ganze Menge Geld. Vielleicht würde sie sich tatsächlich eine kleine Pause gönnen und einmal richtig Urlaub machen.
Sie dachte an Ethan, an sein jettschwarzes Haar und seine kaffeebraunen Augen und spürte einen angenehmen Schauer der Vorfreude.
Ihr Funkknopf knarzte. Sie neigte mit eingezogenem Kinn den Kopf, um zu lauschen. Eddie, der vor einem Weilchen mit den prophezeiten Kopfschmerzen aus kurzer Bewusstlosigkeit erwacht war und den sie dann hereingebracht und zu den anderen befohlen hatte, beobachtete sie.
Rosemary bedurfte nicht Jakes neuer Fähigkeit, um zu wissen, was der junge Arzt dachte –
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