Dunkle Träume (Wächterschwingen) (German Edition)
würden keine fünf Minuten überleben. Als einer von ihnen kann ich mich unter ihnen bewegen, mich in die Festung schleichen.« Erneut hielt er ihm die Hände hin, doch Jennas Vater schien wie erstarrt.
Kyrian platzte gleich der Kragen. »Nicolas, schau in meinen Kopf, verdammt!« Je mehr Zeit verstrich, desto schlechter standen seine Chancen.
Immerhin war Nicolas nicht so schwer von Begriff und legte u n verzüglich die Hände an seine Schläfen. Kurz darauf nickte er. »K y rian sagt die Wahrheit. Er würde alles tun, um Jenna zu retten.«
Anscheinend hatte das Dr. Fairchild endlich überzeugt, denn er rief: »Aperi vinculos!« Sofort sprangen die Schellen auf und landeten klirrend auf dem Boden.
»Ich werde sie zurückholen«, versprach Kyrian und hatte sich eine Sekunde später bereits aufgelöst.
Kapitel 25 – Weit weg von zu Hause
J
enna klopfte das Herz bis zum Hals. Ihr war nicht wohl bei dem Gedanken, sich im Dunklen Land zu befinden und nur auf Dantes Hilfe angewiesen zu sein. Er allein vermochte es, sie zurückzubringen. Aber Jenna vertraute ihm. Er war ihr Br u der, und sie hatte in der kurzen Zeit, die sie miteinander ve r bunden w a ren, sein gutes Herz kennengelernt.
Als sie ihn plötzlich in der Klinik gesehen hatte, glaubte sie erst an Halluzinationen. Der Schock um Noirs Verschwinden steckte ihr noch in den Knochen und sie wollte auch so schnell wie möglich zurück.
Nachdem Ash verschwunden war, um Ben zu einem Heiler zu bringen, hatte Dante plötzlich vor ihr gestanden – und jetzt schritt sie mit ihm immer tiefer in die Burg hinab.
Myra sei sehr krank, hatte er gesagt und sie angefleht, mit ihm zu gehen, um nach ihr zu sehen.
»Du hast uns doch gewarnt, nicht ins Dunkle Land zu kommen«, sagte Jenna.
»Ich weiß.« Dante sah verzweifelt aus. Tiefe Falten lagen zwischen seinen Brauen und Schatten unter den Augen. »Aber Myra braucht deine Hilfe.«
Sie wusste, wie sehr er Myra liebte und dass sie alles für ihn bede u tete, nur war Jenna durcheinander wegen Noir. Was, wenn die and e ren sie fanden und sie Hilfe brauchte? Ben konnte ihr im Moment nicht beistehen, da er selbst Hilfe benötigte. Hoffentlich vermochte Ash ihn zu retten. Dad war zwar noch da, doch Jenna konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, musste wissen, was mit Noir passiert war. Im Moment folgte eine Katastrophe der anderen. »Ich kann nicht weg, meine Freundin ist in Not.«
Dante hatte sie in den Arm genommen, versucht, sie zu beruhigen, und sofort hatte sie sich mit ihm verbunden gefühlt. Er trug eine Kraft in sich, die zugleich dunkel und stark war und doch gütig.
»Unser Baby … Ich glaube, es stirbt«, flüsterte er in ihr Ohr.
Oh nein, nicht noch ein Kind in Gefahr!
»Ich bringe dich sofort zurück«, versprach er … und sie hatte ei n gewilligt. Wenn sie Noir schon nicht beistehen konnte, dann wenig s tens der großen Liebe ihres Bruders.
Doch als sie Kyrian auf dem Dach entdeckt und in sein vor Wut und Panik verzerrtes Gesicht geblickt hatte, hätte sie ihre Entsche i dung am liebsten rückgängig gemacht. Mit Dunkelelfen war nicht zu spaßen.
Quatsch, Dante war genauso wenig ein waschechter Dunkelelf wie Kyrian. Die beiden besaßen gute Seelen.
Dante hatte sich mit ihr vor die Burg transloziert. Jenna drehte sich noch immer der Kopf von dieser seltsamen Reise. Durch Portale zu gehen war wesentlich angenehmer und frei von Nebenwirkungen, und gleich in eine andere Dimension gebeamt zu werden, musste ihr Körper erst einmal verarbeiten. Dante hatte ihr erklärt, dass auch er lange gebraucht hatte, um sich an das Gefühl zu gewöhnen.
Leider hatte Jenna nicht viel von diesem düsteren Land gesehen, weil dort Nacht herrschte, genau wie in der Menschenwelt, nur ein paar beleuchtete Fenster der nahe gelegenen Stadt. Aus einem Ma u erspalt hatte Dante einen Kapuzenumhang gezogen, damit er sie in die Burg schmuggeln konnte, denn offiziell war sie jetzt eine Krä u terfrau. Unter dem Mantel trug sie ihre auffälligen weißen Röhre n jeans und ihre rosa Bluse. Hoffentlich fiel niemandem auf, wer sie wirklich war.
An den Torwachen waren sie ohne Weiteres vorbeigekommen und problemlos in die Burg gelangt, in der ebenfalls an allen Ecken b e waffnete Soldaten standen. König Lothaire hatte allen Grund, sich vor Angreifern zu fürchten, so wie er die Bewohner seines Reiches unterdrückte. Mit Schaudern erinnerte sich Jenna an die wenigen Bilder, die Dante ihr vom Krieg mit den Bolgs gezeigt
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