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Dunkle Umarmung

Dunkle Umarmung

Titel: Dunkle Umarmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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gestellt, ihn in Versuchung geführt, ihn mit deinem jungen, aufkeimenden Körper bestürmt. Und jetzt stehst du da mit dem scheußlichen, peinlichen Ergebnis.«
    »Ich habe mich nicht vor ihm zur Schau gestellt, Mama. Du weißt doch…«
    »Ja, ich weiß. Glaubst du etwa, Tony sei nicht ständig zu mir gekommen und hätte sich darüber beklagt, wie du ihm anzüglich zugezwinkert hast? Und während ich fort war, hast du ihn aufgefordert, in dein Zimmer zu kommen. Was hast du denn von ihm erwartet, wenn du nackt vor ihm liegst und ihn anflehst, mit dir zu schlafen, und ihm drohst, andernfalls…
    solche Dinge über ihn zu erzählen?«
    »Was? Hat er dir solche Lügen aufgetischt? Wie kannst du so etwas glauben?« fragte ich erbost.
    »Und jetzt sieh nur, was du angerichtet hast«, fuhr sie unbeirrt fort, als hätte ich gar nichts gesagt. Sie hatte Ähnlichkeit mit einer Schauspielerin, die ihren Text immer wieder einstudiert hatte und sich weigerte, mehr zu tun, als ihn nun aufzusagen. »Was soll passieren, wenn das rauskommt?
    Überleg dir doch nur, was das für mich bedeutet. Was werden meine Freundinnen von mir denken? Dann wird man uns jetzt wohl zu keiner einzigen Gesellschaft mehr einladen, noch nicht einmal zu einem privaten Abendessen. Wir werden aus der Gesellschaft ausgestoßen… und all das nur, weil meine Tochter vom Sex besessen, egoistisch, unbedachtsam… und eifersüchtig ist. Ja, genau das bist du«, behauptete sie und war offensichtlich mit ihrer Erklärung sehr zufrieden, »und das bist du auch schon immer gewesen. Du bist neidisch auf mich, auf mein Aussehen und auf den Umstand, daß ich einen so jungen und gutaussehenden Mann geheiratet habe, statt an deinen Vater angekettet zu bleiben, einen alten Mann, der mich nicht verdient hat.«
    »Das ist nicht wahr!«
    »Natürlich ist es wahr. Er hat mir doch erzählt, wie du dich in dem Häuschen benommen hast, wie sehr du dich bemüht hast, ihn zu verführen, während du ihm Modell gestanden hast.«
    »Lügen, das sind alles Lügen!« protestierte ich. Warum tat sie das bloß? »Ich wollte ihm nicht Modell stehen. Erinnerst du dich denn nicht? Du hast mich dazu gebracht, es zu tun. Und hinterher, als ich dann zu dir gekommen bin…«
    »Ja, du bist zu mir gekommen, weil du erreichen wolltest, daß ich eine Abneigung gegen Tony entwickle. Du hast versucht, mich eifersüchtig zu machen. Genau das hast du getan«, schloß sie, und ihre Augen leuchteten auf. »Du hast geglaubt, wenn du diese Geschichten erfindest…«
    »Er hat es getan, Mama! Es waren keine erfundenen Geschichten!«
    »Er hat dich angefaßt, aber nicht so, wie du es mich glauben machen wolltest. Und als dir all das nichts genutzt hat, hast du ihn in dein Schlafzimmer gelockt. Als er dir widerstehen wollte, hast du ihm die Wahrheit über mein Alter ins Gesicht geschrien, weil du einen Keil zwischen ihn und mich treiben wolltest!« Ich erkannte, daß sie mir das niemals verzieh. »Und weil er eben doch nur ein Mann ist, ist er dir schließlich erlegen, und jetzt sieh dir nur an, was du damit erreicht hast.
    Nun, ich hoffe, du bist stolz auf dich, kleine Prinzessin!«
    zischte sie. Sie war mir noch nie derart häßlich erschienen.
    »Mama, nichts von alledem ist wahr. Das kannst du doch nicht ernsthaft glauben.«
    »Und nachdem ich mich so sehr bemüht habe, dich gut zu erziehen, dir verständlich zu machen, wie Männer und Frauen miteinander umgehen sollten und daß eine Frau ihre Tugend standhaft bewahren muß, wenn sie die Achtung und die Bewunderung der Männer erringen will. Ich habe es dir doch gesagt!« schrie sie. »Anständige Mädchen kennen ihre Grenzen!«
    Ihr Schrei ließ jegliche Liebe und Achtung, die mir hoch für sie geblieben war, in Stücke springen. Die Gefühle zerbrachen, zersplitterten und sprangen wie eine hauchdünne Porzellanplatte, und die Scherben rieselten durch meine Erinnerung – Bruchstücke aus liebevollen Gesprächen, Momente aus glücklicheren Zeiten, die abgerissenen Laute von klirrenden Glöckchen und Musik aus geliebten Spieldosen, Lachen, kleine Küsse auf meine Wangen und meine Stirn.
    Ich ertrug es einfach nicht mehr. Ich war hier nicht die Eifersüchtige, nicht diejenige, die gelogen und Verrat begangen hatte – das war sie. Und jetzt stellte sie mich, um ihre kleine Welt zu bewahren, wie sie sie haben wollte, als die Sündige hin. Mir sollte alle Schuld zugeschoben werden, obwohl ich diejenige war, der Gewalt angetan worden war.
    »Du Lügnerin!«

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