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Dunkle Umarmung

Dunkle Umarmung

Titel: Dunkle Umarmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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bin, oder?«
    fragte sie, und ihr Gesicht nahm plötzlich einen Ausdruck von Panik an, als sie mich mit funkelnden Augen ansah. »Hast du das getan?« Sie zog die zartgeformten Augenbrauen hoch.
    »Nein. Er hat mir nur erzählt, wie alt er ist.«

»Gut. Sehr gut«, sagte sie erleichtert. »Er glaubt, daß ich achtundzwanzig bin.«
    »Achtundzwanzig! Aber, Mama, er weiß, daß ich zwölf bin.
    Das würde heißen, daß du mich bekommen hast, als du sechzehn warst!«
    »Na und?« Sie zuckte mit den Achseln. »Es war im Süden durchaus üblich, vor allem in Texas, daß Mädchen in jungen Jahren heiraten. Ich kannte Mädchen, die nur wenige Jahre älter waren als du, und sie waren schon verheiratet und hatten ihr erstes Kind.«
    »Wirklich?« Ich versuchte, mir vorzustellen, wie es war, verheiratet zu sein.
    Wie mein Mann wohl einmal sein würde? Oh, in meinen Träumen und Phantasien malte ich mir Sänger und Filmstars aus, und natürlich wünschte ich mir, daß er so liebevoll und aufmerksam wie Daddy war. Ich würde nicht wollen, daß er so hart und so viel arbeitete, und daher würde ich, wenn wir nicht gar so reich wären, nicht ständig Dinge verlangen, wie es Mama tat. Mein Traummann sollte die lässige Eleganz von Tony Tatterton besitzen und ebenso charmant und kultiviert sein, und so gut aussehen sollte er auch. Aber was war mit mir? fragte ich mich. Konnte ich mir aus einem anderen Menschen soviel machen wie aus mir selbst? War ich dazu fähig, jemanden so zu lieben, wie eine Frau ihren Mann lieben sollte? Ich hatte noch nicht einmal die Schule abgeschlossen und wollte noch mehr lernen. In der letzen Zeit hatte ich mit dem Gedanken gespielt, Lehrerin zu werden, und der Tag mit dem kleinen Troy hatte diesen Wunsch nur bestärkt. Ich hatte meine Freude an kleinen Kindern, und mich begeisterten ihre Unschuld und ihre vorbehaltlose Neugier.
    »Ich will noch lange nicht heiraten«, erklärte ich.
    »Was? Wieso denn nicht?« fragte Mama und lächelte so verständnislos, als hätte ich gerade verkündet, ich wolle Atheistin werden.
    »Ich habe mir überlegt, daß ich ins College gehen und Lehrerin werden könnte«, erklärte ich dreist. Daraufhin heiterte sich Mamas Ausdruck keineswegs auf, wie ich gehofft hatte, sondern sie schaute mich eher noch finsterer an.
    »Das ist ja lachhaft, Leigh. Du weißt doch, welche Frauen Lehrerinnen werden – alte Jungfern, Frauen, die wie meine Schwestern aussehen, oder fette Frauen mit schlechtem Teint.
    Denk doch nur einen Moment lang nach. Kannst du dir jemanden wie mich als Lehrerin vorstellen? Kannst du das?
    Das wäre doch eine gräßliche Vergeudung, oder etwa nicht?
    Nun, mit dir wird es dasselbe sein, denn ich rechne damit, daß du dich zu einer sehr schönen jungen Frau entwickelst. Ich habe es dir doch schon gesagt – du wirst eine Debütantin sein.
    Du wirst die feinsten Schulen besuchen und wohlhabende, aristokratische junge Männer kennenlernen, und eines Tages wirst du dann auf einem Landsitz wie Farthy leben. Ich weiß, daß ich auf einem solchen Anwesen hätte leben sollen«, fügte sie mit einem unheilverkündenden Tonfall hinzu.
    »Aber, Mama, ich mag kleine Kinder. Ich fand es einfach wunderbar, den Tag mit dem kleinen Troy zu verbringen.«
    »Wenn man kleine Kinder mag, dann ist das eine Sache. Ich mag kleine Kinder manchmal auch. Zur rechten Zeit und am rechten Ort – meinetwegen, aber sich selbst zu einem Leben zu verdammen, in dem man ständig von ihnen umgeben ist, abgeschieden in irgendeiner öffentlichen Schule, in der man keine Gelegenheit hat, Leute von höherer Herkunft kennenzulernen… igitt.« Sie schüttelte den Kopf, als hätte ich vorgeschlagen, in einer Kohlenmine zu arbeiten.
    »Kleine Kinder sind ständig krank. Sie niesen und husten einen immer an. Deshalb sind die Lehrerinnen auch immer so grau im Gesicht und blutarm.«
    Ich dachte an einige meiner Lehrerinnen. Sie waren mir nicht kränklich oder blaß vorgekommen. Mrs. Wilson war eine schöne Frau mit langem dunkelbraunen Haar und freundlichen grünen Augen. Ich liebte ihr sonniges Gesicht. Sie war so nett, daß es ihr schwerfiel, wirklich wütend zu werden, selbst dann, wenn die Jungen ihr Streiche spielten und jemandem Reißzwecken auf die Bank legten.
    »Schlag dir solche Gedanken aus dem Kopf. Du willst die schönen Künste studieren, die Musik. Du willst mehr reisen.
    Als nächstes wirst du mir gar noch erzählen, daß du als Ingenieur auf einem der Schiffe deines Vaters arbeiten

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