Dunkle Umarmung
und es schien ihm Spaß zu machen, mir Dinge zu erklären. Während Daddy und er die Reiseroute besprachen, holte der Steuermann die Seekarten heraus und zeigte mir auf ihnen die Route.
»Es freut mich, daß dich all das nicht langweilt, Leigh«, sagte Daddy. »Es spricht nichts dagegen, daß du ein großes Geschäft leiten könntest, wenn du die Schule abgeschlossen hast.«
Ich nickte und überlegte mir, wie verschieden Daddy und Mama doch waren und wie gegensätzlich ihre Meinung über mich ausfiel.
Als wir auf dem Rückweg zum Ballsaal wieder auf das Deck traten, nahm Daddy meine Hand.
»Verstehst du, Leigh, ein Mann muß einen Grund dafür haben, daß er sich abmüht und etwas aufbaut. Er muß daran glauben, daß er alles aus gewichtigeren Gründen tut. Ich baue all das für dich auf. Ich sollte vielleicht eher sagen, ich fechte all das für dich aus, denn die gesamte Luxusdampferindustrie ist im Moment in Aufruhr. Ich weiß, daß ich zu hart arbeite und nicht dazu komme, genug Zeit mit dir zu verbringen, aber du verstehst doch, was ich meine, Leigh?« fragte er, und sein Gesicht war ernster und angespannter, als ich es je gesehen hatte.
»Ja, Daddy.«
»Ich meine, ich habe nicht vor, dich von all den Dingen wegzulocken, die Mädchen mögen. Deine Mutter glaubt, daß ich ständig versuche, dich zu einem Jungen zu machen, aber ich will nur, daß du in der Lage bist, all das einmal zu überwachen. Mir gefällt die Vorstellung nicht, das Geschäft in die Hände einer Treuhandverwaltung zu geben, weil ich dich nicht entsprechend auf deine Aufgaben vorbereitet habe.«
»Daddy, es macht mich so stolz, daß du mich für klug genug hältst und glaubst, ich könnte dir eines Tages hier helfen. Das bedeutet mir mehr als alle Partys und schicken Kleider auf der Welt.«
Sein Gesicht entspannte sich zu einem Lächeln. »Schön.« Er küßte mich auf beide Wangen und zog mich an sich, und zum ersten Mal seit Tagen fühlte ich mich plötzlich geborgen und sicher.
»Nun, meine kleine Prinzessin, und jetzt sollten wir uns doch besser der Party wieder anschließen, denn sonst wird mich deine Mutter an der Rahnock aufknüpfen lassen.«
Als wir zurückkamen, war die Party schon in vollem Gange.
Auf der Tanzfläche drängten sich die Paare, und andere machten sich über das leckere Essen her.
Daddy ließ sich augenblicklich von Leuten ins Gespräch ziehen, und ich schlenderte auf der Suche nach Mama umher, konnte sie aber nicht finden. Ich hielt auch nach Tony Ausschau, aber auch ihn sah ich nirgends. Ich entschloß mich, etwas zu essen. Ein wenig später entdeckte ich Mama und Tony, die gerade den Ballsaal betraten. Tony trennte sich von ihr, um mit anderen Leuten zu reden, und Mama kam an meinen Tisch.
»Ich habe Tony das Schiff gezeigt«, erklärte sie kichernd.
»Jedenfalls freut es mich, daß du diesmal kein Maschinenöl an den Ellbogen hast.«
»Daddy möchte nur, daß ich die Geschäftsabläufe verstehe.«
»Man bezahlt andere Leute dafür, daß sie die Dinge verstehen, mit denen man sich nicht befassen will. Genau das kennzeichnet den Besitzer«, erwiderte sie. Sie sah immer wieder in Tonys Richtung und wartete eindeutig darauf, daß er sich ihr zuwenden würde. Es sah ihr gar nicht ähnlich, nicht zwischen den Gästen umherzulaufen. Trotz all ihrer Klagen kostete sie es gewöhnlich aus, die Frau des Besitzers zu sein und bei der Entscheidung mitzuhelfen, wer aufgefordert werden sollte, im Lauf der Reise am Kapitänstisch zu sitzen.
»Warum schlingst du bloß all dieses Essen in dich hinein?«
fragte sie mich. »Es ist nie zu früh, sich Sorgen um seine Figur zu machen.«
»Ich schlinge nicht, Mama. Ich habe den ganzen Tag nicht viel gegessen, und ich habe mir doch nicht viel genommen, nur ein bißchen…«
Plötzlich veränderte sich ihr Gesicht ganz seltsam; es wurde kalt, und ihre Augen wurden schmal. »Wie sehe ich heute abend aus, Leigh? Sag mir ehrlich, ob ich nicht schöner bin als jede andere Frau im Saal? Hast du irgend jemanden gesehen, der hübscher aussieht als ich?« Sie schien in heller Aufregung zu sein. Dann veränderte sich ihre Stimme. »Du kannst mir ruhig die Wahrheit sagen«, schnurrte sie. Aber ihre Augen waren immer noch so hart und kalt wie Eiszapfen. Sie umklammerte meinen Arm so fest, daß es weh tat.
»Mama«, setzte ich an, aber sie hörte mich nicht.
»Sieh dir nur manche dieser Frauen an«, sagte sie mit einer Kopfbewegung in Richtung der Partygäste. »Manche sind so fett
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