Dunkle Umarmung
möglichst viel Zeit mit Mama und mir zu verbringen, und er versprach uns ständig, uns da oder dort zu treffen, sich uns bei irgendwelchen Veranstaltungen später anzuschließen. Mama schien es gleichgültig zu sein, ob er bei ihr war oder nicht. Wenn er Zeit hatte, etwas mit uns zu unternehmen, fiel ihr jedesmal etwas anderes ein, was sie solange tun könnte. Daddy und ich verbrachten viele Abende ohne sie, sahen uns einen Film an oder besuchten eine Bühnenveranstaltung. Sie versprach uns dann, später nachzukommen, aber sie tauchte nie auf. Wenn ich sie danach fragte, sagte sie mir, sie sei zu müde oder sie hätte Kopfschmerzen. Gewöhnlich fand ich sie im Bett vor, und sie las in einer ihrer vielen Zeitschriften oder schrieb Briefe. Wenn ich sie fragte, an wen sie schrieb, antwortete sie schlicht:
»Ach, nur an Freunde«, und dann legte sie alles zur Seite, als hätte sie das, was sie gerade getan hatte, gelangweilt.
Selbst wenn ich auf ihrer Bettkante saß und ihr die Sänger, die Komiker und sonstige Geschehnisse schilderte, wirkte sie sehr abgelenkt und nicht allzu interessiert, und daher wußte ich, daß sie nicht gerade glücklich war. Eines Nachts erwachte ich von den Stimmen von Mama und Daddy. Sie schrien sich an.
»Ich mache alles, was du von mir verlangst«, klagte Daddy,
»aber du tust immer noch so, als würdest du leiden. Du wolltest die Suite umgestalten, und ich habe es zugelassen und das Geld ausgegeben. Ich fand es idiotisch, aber ich habe es trotzdem ausgegeben. Du bist die Frau des Eigners – aber kümmerst du dich etwa um unsere bedeutenderen Gäste? Nein.
Und wenn du wirklich einmal in den Speisesaal kommst und dich mit mir und dem Kapitän und einem der Gäste deiner eigenen Wahl an den Tisch setzt, was tust du dann… du beklagst dich über das Meer und über das Leben an Bord eines Dampfers, als seist du eine Negersklavin, die man aus Afrika geholt hat und unter Deck ankettet. Meinst du, daß so ein Benehmen eine Werbung für Kreuzfahrten ist? Meine eigene Frau findet eine solche Reise einfach widerwärtig!«
»Ich bin nicht dazu geschaffen, mich einsperren zu lassen«, gab sie zurück.
»Du hast es dir doch selbst so ausgesucht. Ich sage dir doch nicht, daß du diese Kabine nicht verlassen darfst. Warum besuchst du nicht mehr von den Veranstaltungen, warum nutzt du denn nicht, was das Schiff zu bieten hat?«
»Ich habe dir doch schon gesagt, daß mir die Seeluft schadet, aber dir ist das ja ganz egal; dich interessiert doch nur dein kostbares Schiff und dein Geschäft. Du würdest mich ihm opfern, meine Schönheit, mein Aussehen und meine Gesundheit gefährden, und das nur, um mich als eine Art Aushängeschild zu benutzen, um mit mir für deine Schiffe Reklame zu machen.«
»Das ist ungerecht! Du warst diejenige, die diese Kreuzfahrt angeregt hat.«
»Aber ich habe nicht angeregt, daß wir sie selbst mitmachen.«
»Aber… ich dachte… du wolltest doch immer, daß ich mit dir nach Jamaika fahre«, platzte Daddy verwirrt heraus. »Also wirklich, Jillian, du bringst mich noch um den Verstand. Ich weiß überhaupt nicht mehr, was du willst.«
»Ich will nicht die ganze Nacht aufbleiben und streiten. Ich brauche meine Ruhe, um im Kampf gegen die Elemente zu bestehen«, sagte sie, und dann herrschte tiefes Schweigen. Als Daddy wieder etwas sagte, klang seine Stimme sehr gereizt und frustriert. Was war bloß los mit ihnen? fragte ich mich.
Lag es an dem Druck, der geschäftlich auf Daddy lastete?
Anschließend herrschte Frieden zwischen ihnen, doch die Anspannung blieb. Eines Morgens ging ich mit Daddy in den Maschinenraum hinunter, als der Chefingenieur ein Problem meldete. Ich trug Dinge, die Mama mir für diese Kreuzfahrt neu gekauft hatte, knielange weiße Bermudashorts mit einer passenden Matrosenbluse in Blau und Weiß. Die Shorts hatten blaue Stickereien über den Taschen.
Mir machte es immer großen Spaß, die gewaltigen Motoren anzusehen, die bewirkten, daß sich ein so großes Schiff durch das Meer bewegte. Manche der Gänge waren ziemlich eng, und dasselbe galt auch für die Gerüste, aber ich fand das abenteuerlich und hatte meine Freude daran. Ich wußte, daß sich die Männer, die dort unten arbeiteten, über mein Interesse an ihrer Arbeit amüsierten, aber sie waren alle freundlich und bemüht, mir ihren Zuständigkeitsbereich zu schildern und den Zweck der verschiedenen Anzeiger, Hebel und Rädchen zu erklären.
Einer der Motoren mußte wegen notwendiger
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