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Dunkle Umarmung

Dunkle Umarmung

Titel: Dunkle Umarmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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muß. Niemand wird mein Geheimnis aufdecken, meine tiefe Traurigkeit. Ich tue es für Daddy, und ich tue es für dich, aber ich tue es auch für mich selbst.«
    Ich stand entschlossen auf.
    Die Heimreise erschien mir viel länger als die Hinfahrt, weil ich es kaum abwarten konnte, Mama zu sehen und zu beobachten, wie Mama Daddy begrüßte. Jeden Abend kniete ich mich hin und betete, sie möge nicht mehr so böse auf ihn sein. Ich las viel und ließ mich von meinem Privatlehrer, Mr.
    Abrams, unterrichten. Ich spielte Schach mit Raymond und Fulton und ging mit ihnen ins Kino und zu Veranstaltungen.
    Einen Teil meiner Zeit verbrächte ich mit den Spenser-Schwestern. Daddy schien mehr denn je zu tun zu haben. In den letzten Tagen auf See bekam ich ihn kaum noch zu sehen.
    Er aß nicht mit mir zu Mittag, und wenn wir uns endlich zu einem gemeinsamen Abendessen hinsetzten, lenkten ihn so viele Menschen ab: Gäste sagten ihm, wie sehr sie die Kreuzfahrt genossen hatten, und Besatzungsmitglieder stellten ihm Fragen.
    Am Abend vor unserer Ankunft im Hafen von Boston suchten mich Raymond und Fulton einzeln auf, um mir ihre Adressen zu geben und sich meine aufzuschreiben. Beide versprachen, zu schreiben und mich sogar bei der ersten sich bietenden Gelegenheit zu besuchen. Ich fühlte mich sehr geschmeichelt. Raymond gab mir einen Kuß auf die Wange, ganz schnell, und als er zurückwich, hatte er einen roten Kopf.
    Es war das erste Mal, daß mich ein Junge geküßt hatte, der schon in die High School ging, und mein Herz pochte aufgeregt. Fulton schüttelte mir nur die Hand, aber dabei hatte er die Schultern durchgedrückt und seinen Blick so starr auf mich gerichtet, als wolle er sich meine Gesichtszüge so gut einprägen, daß er sie nie mehr vergaß.
    Nachdem sie gegangen waren, machte ich mich ans Packen.
    Daddy sagte mir, ich solle meine Taschen einfach neben die Tür stellen, und die Träger kämen dann, um sie abzuholen, während ich beim Frühstück saß. Plangemäß sollten wir kurz nach dem Frühstück vor Anker gehen. Ich war so aufgeregt, daß es mir schrecklich schwerfiel, einzuschlafen. Ich schrieb noch lange in mein Tagebuch, bis mir die Augen zufielen, doch selbst, als ich die Lichter schon ausgemacht und die Augen geschlossen hatte, dachte ich immer noch an all die Dinge, die ich Mama erzählen wollte. Ich wollte unter keinen Umständen etwas vergessen.
    Sobald das erste Tageslicht durch mein Fenster drang, sprang ich aus dem Bett und stellte mich unter die Dusche. Ich wollte ganz schnell frühstücken und an Deck gehen, wenn wir in Boston einliefen. Doch als ich mich angezogen und gerade erst mein Haar gebürstet hatte, hörte ich ein Klopfen an meiner Tür. Es war Daddy.
    Er trug seinen dunklen Anzug, aber er sah nicht so gut aus wie sonst. Er machte den Eindruck, als sei er die ganze Nacht nicht im Bett gewesen und hätte sich im Dunkeln angezogen.
    Seine Krawatte war schlecht geknotet, und sein Jackett sah verknittert aus. Sein Haar war zerzaust.
    »Guten Morgen, Prinzessin«, sagte er leise. Mein Herz pochte heftig. Er sah so traurig aus; sein Gesicht war so grau wie sein Haar.
    »Guten Morgen, Daddy. Haben wir Verspätung?« Ich hatte plötzlich große Angst.
    »Nein, nein.« Er lächelte matt und schloß die Tür hinter sich.
    »Ich wollte dich sehen, ehe du frühstücken gehst und wir anlegen.«
    Ich drehte mich ganz zu ihm um. Mit nervösen, fahrigen Gesten sah sich Daddy einen Moment lang in meiner Suite um, als wüßte er nicht so genau, wo er sich hinsetzen sollte.
    Schließlich setzte er sich auf das Fußende meines Bettes. Er verschlang die Hände ineinander und beugte sich zu mir vor.
    Etwas mußte ihn aus der Fassung gebracht haben – das konnte ich erkennen, weil er nervöse Zuckungen um den Mund hatte und die Adern an seinen Schläfen deutlich hervortraten. Lange Zeit sagte er gar nichts, bis ich glaubte, ich würde vor Nervosität gleich schreien.
    »Was ist passiert, Daddy?« Ich hielt den Atem an.
    »Leigh«, begann er, »ich habe bis jetzt gewartet, dir das zu sagen. Ich wollte es so lange wie möglich für mich behalten, um dir die Traurigkeit bis zum letzten Moment zu ersparen.«
    »Traurigkeit?« Meine Hände legten sich auf meinen Hals, und ich saß vollkommen still da und wartete, daß er weiterreden würde. Ich hörte mein Herz klopfen und spürte das sanfte Schaukeln des Dampfers im Wasser. Um uns herum waren die Gäste und die Mannschaft bei ihren Vorbereitungen für den letzten

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