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Dunkle Umarmung

Dunkle Umarmung

Titel: Dunkle Umarmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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eingebüßt zu haben. Nicht nur, daß sie sich energisch weigerte, ins Krankenhaus mitzukommen, nein, sie stand jetzt auch jeden Morgen später auf als am Vortag und verbrachte dann Stunden vor ihrer Frisierkommode, ehe sie die Treppe herunterkam, um zu frühstücken und anderen unter die Augen zu treten.
    Ich merkte, daß Tony sich immer mehr über sie ärgerte und morgens die Treppe hinauf sprang, um sie dazu zu bringen, mit uns zu frühstücken. Wenn er zurückkam, zog er ein langes Gesicht und senkte ergeben die Lider. Am letzten Abend, ehe ich mein Schuljahr in Winterhaven beginnen sollte, hörte ich dann, wie sie ihre erste heftige Auseinandersetzung hatten. Ich hatte nicht vor zu lauschen, aber ich war gerade auf dem Weg zu Mama, um mit ihr zu besprechen, was ich in die Schule mitnehmen sollte. Es war kurz nach neun Uhr abends, doch Mama hatte sich bereits in ihre Suite zurückgezogen, um sich auszuruhen und einen ihrer Liebesromane zu lesen, etwas, was sie in der letzten Zeit immer häufiger tat. Ich hatte ihr Wohnzimmer gerade betreten, als ich Tony sagen hörte: »Wir könnten ebensogut nicht verheiratet sein.« Ich blieb erstarrt stehen. Er schrie sie nicht an; es war eher ein Flehen.
    »Ich lasse nicht zu, daß du mit deiner Lust meiner Gesundheit schadest«, erwiderte Mama.
    »Aber, Jillian, es gefährdet deine Gesundheit nicht, mit mir zu schlafen. Wenn überhaupt, dann solltest du dich als eine Frau empfinden, die endlich ihre Erfüllung findet und durch und durch Frau sein kann.«
    »Pah. Auf so etwas kann aber auch nur ein Mann kommen.
    Also, wirklich, Tony, du benimmst dich wie ein Schuljunge, der den Sex gerade erst entdeckt hat. Deine mangelnde Selbstbeherrschung enttäuscht mich.«
    »Mangelnde Selbstbeherrschung!« brüllte Tony. »Wir waren noch mitten in den Flitterwochen, als es dir schon zuviel geworden ist, und seither hast du Tag für Tag eine andere Ausrede erfunden, und jetzt sind wir schon drei Nächte zu Hause, und du fühlst dich immer noch nicht kräftig genug, um mit mir zu schlafen, und dann wird mir mangelnde Selbstbeherrschung vorgeworfen?«
    »Würdest du bitte deine Stimme senken, oder willst du etwa, daß die Hausangestellten das hören?« zischte Mama. »Ich sagte dir doch«, fügte sie in einem sanfteren Tonfall hinzu,
    »daß ich noch ein wenig Zeit brauche. Bitte, Tony, bitte, bring Verständnis dafür auf. Schlaf heute nacht wieder in deinem Zimmer. Vielleicht morgen…«
    »Ich fürchte, morgen wirst du einen neuen Vorwand finden«, sagte er mit einer Stimme, die niedergeschlagen klang. »Ich weiß nicht, wofür du dich aufsparen willst«, fauchte er dann plötzlich. »Oder gehst du etwa davon aus, eines Tages einen noch jüngeren Ehemann zu haben?«
    Ehe ich mich umdrehen und gehen konnte, stürmte er aus Mamas Schlafzimmer. Er blieb stehen, als er mich mit weitaufgerissenen Augen dastehen sah. Sein Gesichtsausdruck wurde etwas sanfter, doch er sagte nichts. Er ging einfach weiter. Ich wartete ein paar Minuten, bis ich eintrat. Ich tat so, als hätte ich kein Wort gehört.
    »Denk an das Versprechen, das du mir gegeben hast, Leigh«, sagte sie noch, ehe ich ging. »Du wirst sooft wie möglich nach Hause kommen und möglichst viel Zeit mit Tony verbringen.
    Ich brauche Hilfe, wenigstens zu Beginn meiner neuen Ehe.«
    »Aber, Mama, er wird seine Zeit nicht mit mir verbringen wollen. Er hat dich geheiratet; er will mit dir zusammen sein.«
    »Er braucht ganz einfach Gesellschaft. Du wirst es ja sehen.
    Ach, du meine Güte«, sagte sie und sah sich im Spiegel an.
    »Durch diese schrecklichen Anspannungen habe ich doch wirklich Tränensäcke unter den Augen.«
    Ich sah keine Tränensäcke.
    »Ich muß heute nacht unbedingt lange schlafen. Gute Nacht, mein Liebling, und ich wünsche dir einen guten Anfang in deiner neuen Schule.«
    »Aber kommst du denn nicht auch mit?« Mein Herz überschlug sich vor Angst.
    »Bitte, Leigh. Du brauchst mich nicht. Tony wird sich um alles kümmern, wie er es versprochen hat. Er bringt dich hin und redet mit der Schulleiterin, und er sorgt dafür, daß du dich dort wohl fühlst und einen guten Einstieg hast. Dann macht er sich gleich auf den Weg ins Büro. Es wird schon alles klappen…« .
    »Aber…«
    »Ich muß mich jetzt dringend ausruhen.« Sie schaltete ihre Leselampe aus. »Gute Nacht, Leigh.«
    Ich wandte eilig meinen Blick ab, und ich war angewidert und wütend – vielleicht noch wütender als Tony. Sie war so wild entschlossen,

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