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Dunkler Fremder

Dunkler Fremder

Titel: Dunkler Fremder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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zurück. Sie neigte sich zu dem
Tier hinunter, sprach mit leiser eindringlicher Stimme
besänftigend auf den Hund ein und streichelte seinen Kopf.
Schließlich beruhigte der Dobermann sich wieder und zog sich auf
seinen Platz auf dem Diwan zurück. Doch seine schwarzen Augen
fixierten Shane weiterhin.
      Als Laura sich Shane wieder zuwendete, waren ihre
Wangen gerötet, und ihre Augen funkelten zornig. Sie griff nach
einer Zigarettenpackung und zündete sich eine mit zitternden
Fingern an. Als sie sich dann an ihn wandte, zitterte ihre Stimme
leicht. »Wenn Sie noch einmal versuchen sollten, handgreiflich zu
werden, hetze ich den Hund auf Sie, und glauben Sie mir, das würde
kein Vergnügen für Sie.«
      Shane tat ein paar Schritte zurück und lehnte
sich mit der Schulter gegen die Wand. Als er schließlich darauf
erwiderte, klang seine Stimme so ruhig und gelassen wie immer.
»Also gut. Sparen wir uns alle Mätzchen und halten wir uns
an die nackten Tatsachen. Als ich zum erstenmal mit Ihnen sprach,
behaupteten Sie, Sie seien nie einem der Männer begegnet, die mit
Ihrem Bruder zusammen in Korea gewesen waren. Gestern abend habe ich
beobachtet, wie Sie zusammen mit Reggie Steele den Garland Club
verlassen haben, und nach dem, was ich gehört habe, haben Sie ihn
seit Jahren regelmäßig besucht.«
      Sie machte nervös ein paar Schritte auf und ab,
und als sie sich ihm schließlich zuwandte, funkelten ihre Augen
vor echtem Ärger. »Also gut, Sie haben nackte harte
Tatsachen gefordert – Sie sollen ein paar zu hören
bekommen.«
      Sie löste den Knoten an ihrer Wickelbluse,
ließ sie mit einer geschmeidigen Bewegung fallen und trat ihm so
entgegen. »Jetzt kommen Sie bloß nicht auf dumme
Gedanken.«
      Sie trug keinen Büstenhalter. Ihre festen
Brüste waren formvollendet. Unwillkürlich hielt Shane den
Atem an und spürte, wie seine Kehle trocken wurde. Die Narbe
begann unmittelbar unter der linken Brust und verlief hinauf zur
Schulter – eine weiße, gezackte Linie, die sich deutlich
von ihrer gebräunten Haut abhob.
      Shane schluckte mühsam. »Wer hat das getan?«
      Sie zog die Bluse wieder an und verknotete sie wie
vorher um die Taille. »Mein lieber Bruder Simon«,
antwortete sie. »Oder richtiger, mein Stiefbruder, denn das war
er in Wirklichkeit.«
      Shane schüttelte verwirrt den Kopf.
»Simon?« fragte er verständnislos. »Das verstehe
ich nicht.«
      »Das ist ganz einfach. Wenn er betrunken war,
war er zu allem fähig. Eines Abends versuchte er, zudringlich zu
werden. Ich wehrte mich mit allen Kräften, dabei warf ich einen
Tisch um, auf dem Flaschen und Gläser standen. Simon stieß
mich, und ich fiel in die Scherben einer der zerbrochenen
Flaschen.«
      »Und was hatte Ihr Vater dazu zu sagen?« wollte Shane wissen.
      Sie zuckte mit den Schultern. »Für meinen
Vater war Simon die Sonne seines Lebens. Wie konnte ich ihm seine
Illusionen rauben? Ich erklärte ihm, es sei ein Unfall gewesen.
Wir hätten nur miteinander herumgealbert. Das einzig Gute, was
dabei herauskam, war, daß Simon mich von da an in keiner Weise
mehr behelligte.«
      »Er hat sich selbst nie Schranken auferlegt, das
weiß ich«, sagte Shane, »aber, daß er soweit
gehen würde …«
      Sie lachte gezwungen. »Oh, es gibt noch
Schlimmeres. Nachdem mein Vater den Schlaganfall erlitten hatte,
übernahm Simon die Leitung der Firma. Zwei Jahre lang warf er das
Geld nur so zum Fenster hinaus – anderer Leute Geld. An dem Tag,
an dem Sie ihn in der Bar kennengelernt haben, war er dem Staatsanwalt
gerade noch um einen Schritt voraus. In der folgenden Woche war eine
Betriebsprüfung fällig, und seine Unterschlagungen waren zu
offenkundig, um vertuscht werden zu können.«
      Shane kniff die Augen zusammen. »Das also war
der Grund, warum er sich freiwillig zum Militär gemeldet
hat?«
      Sie nickte. »Das war sogar recht raffiniert.
Beim Militär hätte die Polizei wohl zuletzt nach ihm
gefahndet. Wir hatten keine Ahnung, wohin er sich abgesetzt hatte, bis
wir vom Kriegsministerium die Nachricht von seinem Tod
erhielten.«
      Shane seufzte. »Schließlich hat er also doch für alles bezahlt.«
      Sie warf den Kopf in den Nacken und lachte zynisch
auf. »Glauben Sie das wirklich? Ich sehe das anders. Meiner
Meinung nach konnte er das alles niemals abbüßen. Mein Vater
erlitt einen zweiten Schlaganfall, als die Nachricht eintraf. Seitdem
vegetiert er in dem Zustand dahin, in dem er heute ist.

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