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Dunkler Fremder

Dunkler Fremder

Titel: Dunkler Fremder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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runzelte die Stirn und betrachtete die Glut im
Kopf seiner Pfeife. »Wilbys Frau scheint zu glauben, daß
Sie mit dem Tod ihres Mannes etwas zu tun haben könnten, Mister
Shane«, antwortete er ungerührt. »Ich möchte Sie
bitten, mich zum Revier zu begleiten. Ich möchte Ihre Aussage zu
Protokoll nehmen.«

    11

    Die Autopsie zur
Feststellung der Todesursache von Joe Wilby und Shanes Vernehmung
fanden am nächsten Vormittag statt, und danach kehrte Shane in
sein Hotel zurück, wobei er von den widersprüchlichsten
Empfindungen gequält wurde. Er ließ sich auf dem Bettrand
nieder, starrte durch das Fenster in den Regen hinaus und dachte
darüber nach, was bisher geschehen war. Nach geraumer Zeit klopfte
es an der Tür, und ohne seine Aufforderung abzuwarten, trat Lomax
ein.
      Der Inspektor blieb am Fußende des Bettes stehen
und zündete sich erst seine Pfeife an. Mit ernstem Gesicht blickte
er auf Shane hinab.
      Shane sah zu ihm auf und fragte mürrisch:
»Was, zum Teufel, wollen Sie noch? In der Verhandlung ist alles
gesagt worden, was zu sagen war.«
      Lomax schüttelte verneinend den Kopf. »Ich
fürchte, nicht alles, Mister Shane. Ich weiß, daß Sie
in dem Verhör hart angegangen worden sind, und die Fakten wurden
geklärt. Allem Anschein nach besteht kein Zweifel, daß Wilby
nur aus einem Grund Selbstmord begangen haben kann, und der ist, weil
er vor Ihnen Angst hatte. Er hatte das Gefühl, daß Sie Jagd
auf ihn machten wegen der Vorkommnisse in Korea. Das beweist der
Zettel, den er hinterlassen hat.«
      Shane erhob sich und ging zum Fenster hinüber.
»Kommen Sie zur Sache, Inspektor. Ich habe noch anderes zu
tun.«
      »Nicht hier in Burnham«, entgegnete Lomax nachdrücklich.
      Kurze Zeit herrschte Schweigen, dann drehte Shane sich
langsam um und sah den Inspektor an. »Und was soll das
bedeuten?«
      Lomax blickte Shane fest und durchdringend an.
»Seit gestern nachmittag habe ich eine Menge über Sie in
Erfahrung gebracht. Ich weiß, was Ihnen in Korea widerfahren ist,
und ich weiß, wo sie die vergangenen sechs, sieben Jahre
verbracht haben. Sie haben harte Zeiten durchgemacht, doch das
ändert nichts an den Tatsachen.«
      »Und worin bestehen aus Ihrer Sicht die Tatsachen?«
      Lomax runzelte die Stirn, und sein Gesichtsausdruck
wurde sehr ernst. »Ihre Besessenheit, den Verräter von
damals zu finden, hat schon zu viel Unruhe hier gestiftet. Ich meine,
Sie sollten noch heute nachmittag einen Zug nach London nehmen. Das
beste wäre vielleicht, wenn Sie gleich wieder Ihr Hospital
aufsuchten.«
      Shane schüttelte den Kopf. »Nichts zu
machen«, erklärte er nachdrücklich. »Für
mich kommt dieses Hospital an allerletzter Stelle. Bis dahin habe ich
noch einige Tage vor mir.«
      »Nicht hier in Burnham«, wiederholte Lomax unbeirrt.
      Shane lächelte grimmig. »Sie können
mich nicht aus der Stadt ausweisen, und das wissen Sie auch.«
      »Wirklich nicht?« entgegnete Lomax
freundlich. »Sie haben über sechs Jahre in einer Anstalt
verbracht. Was wird geschehen, wenn ich den Superintendent anrufe und
ihm sage, daß Sie eine Gefahr für sich selbst und Ihre
Umgebung darstellen?«
      Shane machte mit wutverzerrtem Gesicht einen Schritt
auf Lomax zu, doch der Inspektor schüttelte nur den Kopf.
»Machen Sie keine Dummheiten, Shane. Das bringt Sie keinen
Schritt weiter.« Er ging zur Tür und öffnete sie. Als
er sich noch einmal umdrehte, zeigte sein Gesicht Mitgefühl.
»Die Geschichte tut mir leid, Shane. Ich sagte ja schon,
daß ich weiß, daß Sie Schweres durchgemacht haben,
aber wenn Sie heute nachmittag nicht einen Zug nach London nehmen,
werde ich mit dem Superintendent sprechen müssen.« Die
Tür fiel leise hinter ihm ins Schloß.
      Eine Zeitlang stand Shane reglos mitten im Zimmer und
starrte auf die geschlossene Tür. Dann ging er ins Bad und
spritzte sich wieder und wieder kaltes Wasser ins Gesicht. Hinter
seinen Schläfen klopfte es, und hinter seinen Augen verspürte
er einen pochend pulsierenden Schmerz. Er nahm zwei seiner Pillen, dann
kehrte er in das Zimmer zurück und packte seine Reisetasche. Ein
paar Minuten später ging er die Treppe hinunter und verlangte am
Empfang die Rechnung.
      Es regnete noch immer, als er das Hotel verließ.
Er ging mit raschen Schritten zu dem Taxistand an der nächsten
Straßenecke, stieg in einen Wagen und nannte dem Fahrer die
Adresse von Charles Grahams Haus.
      Als er die Auffahrt zum Haus hinaufging,

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