Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkler Grund

Dunkler Grund

Titel: Dunkler Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
Vom Netzwerk:
leeren Augen an, als hätte er viel lieber woanders hingeschaut.
    »Sir?« ließ Argyll nicht locker.
    »Ich habe keine Ahnung!« sagte Kenneth unvermittelt. »Es ist …«, er schluckte, »Unsinn. Kompletter Unsinn.« Jetzt blickte er Argyll beinahe herausfordernd an. »Es fehlt überhaupt kein Geld.«
    »Und Sie sind der Buchhalter, Sie müßten es wissen?«
    »Genau.«
    »Das heißt, niemand könnte es so gut verbergen wie Sie, wenn doch etwas fehlen würde?«
    »Das…« Wieder schluckte Kenneth. »Das ist eine Verleumdung, Sir, und sehr ungerecht!« Argyll spielte den Unschuldigen.
    »Sie hätten also nicht die besten Möglichkeiten?«
    »Doch… doch, natürlich. Aber es fehlt nichts, überhaupt nichts!«
    »Und davon war auch Ihre Mutter überzeugt?«
    »Hab’ ich doch gesagt.«
    Ungläubiges Gemurmel im Zuschauerraum.
    Argyll lächelte. Kenneth war ein schlechter Zeuge. Er wirkte wie ein Lügner, selbst wenn er die Wahrheit sprach.
    »Gut. Dann zum nächsten Punkt. Sind Sie verheiratet, Mr. Farraline?«
    »Nicht von Belang, Euer Ehren!« protestierte Gilfeather.
    »Mr. Argyll«, ermahnte ihn der Richter müde. »Ich kann Ihre Umwege nicht länger zulassen. Sie mißbrauchen meine Großzügigkeit.«
    »Ich versichere Ihnen, daß es von Belang ist, Euer Ehren.«
    »Ich wüßte nicht, weshalb.«
    »Sind Sie verheiratet, Mr. Farraline?« wiederholte Argyll.
    »Nein.«
    »Bemühen Sie sich um eine Frau?«
    Kenneth zögerte. Er war rot geworden, Schweiß glitzerte auf seiner Stirn. Mit den Blicken suchte er den Zuschauerraum ab, bis er Oonagh gefunden hatte. Dann sah er wieder Argyll an.
    »Nein… nein…«
    »Haben Sie eine Geliebte? Vielleicht eine Frau, die Ihre Familie nicht akzeptieren will?«
    Gilfeather wollte sich erheben, doch er spürte, daß ein Protest vergeblich war. Jeder im Saal wartete auf eine Antwort.
    Kenneth schluckte. »Nein!«
    »Würde Miss Adeline Barker das bestätigen, wenn ich sie in den Zeugenstand riefe, Mr. Farraline?«
    Kenneth’ Gesicht lief dunkelrot an.
    »Ja… ich meine, nein! Ich… Gott verflucht, was geht Sie das an? Ich habe meine Mutter nicht getötet! Sie…« Unvermittelt brach er ab.
    »Ja? Wußte sie davon?« bohrte Argyll nach. »Sie wußte nicht davon.«
    »Ich habe nichts mehr zu sagen. Ich habe meine Mutter nicht getötet, und alles andere geht Sie nichts an!«
    »Eine Dame mit kostspieligen Wünschen«, fuhr Argyll fort.
    »Nicht leicht, sie zufriedenzustellen mit dem Gehalt eines Buchhalters, selbst wenn er für Farraline & Co. arbeitet.«
    »Es fehlt kein Geld«, erwiderte Kenneth düster. »Überprüfen Sie es doch.« Seine Stimme gewann wieder an Zuversicht, als wüßte er, daß man ihm nichts nachweisen konnte.
    Argyll war es nicht entgangen.
    »Ich glaube Ihnen, daß im Moment kein Geld fehlt, aber war das immer so?«
    Die Zuversicht war wieder verflogen. Er reagierte trotzig.
    »Sicher. Ich habe Ihnen doch gesagt, daß ich nichts genommen habe, und für den Tod meiner Mutter kann ich nichts! Soviel ich weiß, war es Miss Latterly, wegen dieser elenden Perlen.«
    »Das sagen Sie, Sir, das sagen Sie.« Argyll lächelte höflich.
    »Vielen Dank, Mr. Farraline, ich habe keine weiteren Fragen.« Gilfeather zuckte mit den Achseln. »Keine Fragen an den Zeugen, Euer Ehren. Soweit ich sehe, hat er nicht das geringste mit dem Fall zu tun.«
    Rathbone beugte sich vor und legte Argyll die Hand auf die Schulter. »Rufen Sie Quinlan Fyffe auf!« flüsterte er aufgeregt.
    Argyll drehte sich nicht um. »Was soll ich ihn fragen?« zischte er. »Das macht den Eindruck der Ratlosigkeit und schwächt unsere Position.«
    »Denken Sie sich was aus!« Rathbone ließ nicht locker.
    »Rufen Sie ihn auf…«
    »Es ist zwecklos! Selbst wenn er weiß, wer sie getötet hat, wird er es nicht sagen. Er ist ein kluger und sehr beherrschter Mann. Er verplappert sich nicht. Das ist kein Kenneth. Ich habe nichts, um ihn aus der Fassung zu bringen!«
    »Doch!« Rathbone beugte sich noch etwas weiter vor, obwohl der Richter bereits böse schaute und die Geschworenen warteten. »Er ist ein stolzer, eitler Mann. Er hat eine wunderschöne Frau und einen Schwager, der in diese Frau verliebt ist. Er haßt McIvor. Machen Sie sich seine Eifersucht zunutze.«
    »Und wie soll ich das anstellen?«
    Rathbone überlegte fieberhaft. »Eilish hat von McIvor regelmäßig Bücher erhalten. Für den Unterricht in der Armenschule. Ich wette, Fyffe hat keine Ahnung davon. Um Himmels willen, Mann, ich denke, Sie

Weitere Kostenlose Bücher