Dunkler Grund
Stelle wäre.«
Eilish gab einen unterdrückten Laut von sich.
Deirdra wandte sich ihr zu, doch Oonagh ignorierte die Unterbrechung und begrüßte Monk.
»Guten Morgen, Mr. Monk. McTeer hat mir keinen Grund für Ihren Besuch genannt. Haben Sie Miss Latterly nur zu uns gebracht, damit wir uns bei ihr entschuldigen können?«
»Ich bin nicht wegen der Entschuldigung gekommen«, sagte Hester, bevor er antworten konnte. »Ich bin gekommen, um Ihnen zu sagen, wie sehr ich Ihre Mutter geachtet habe und daß ich, trotz allem, was seit unserem letzten Zusammentreffen passiert ist, ihren Verlust als ein großes Unglück betrachte.«
»Sie sind sehr gütig«, erklärte Oonagh. »Ja, sie war eine bemerkenswerte Frau. Man wird sie vermissen, sowohl außerhalb als auch innerhalb des Hauses.«
Das Ende des Besuchs schien gekommen, und Monk hatte noch keine einzige Frage gestellt.
»Ich habe Ihnen mein Bedauern schon vor längerer Zeit ausgedrückt«, sagte er etwas unvermittelt. »Ich wollte Sie fragen, ob Sie in dieser Sache Wert auf meine Hilfe legen. Der Fall ist noch nicht geklärt, und die Polizei wird ihn nicht auf sich beruhen lassen. Das darf sie gar nicht.«
»Als Ermittler?« Oonagh hob neugierig die Augenbrauen.
»Damit wir uns den nächsten Freispruch mangels Beweisen einhandeln?«
»Halten Sie Mr. McIvor für schuldig?«
Es war eine taktlose Frage. Selbst Hester stockte der Atem.
»Nein!« antwortete schließlich Eilish. Ihre Stimme klang wie ein Schluchzen. »Nein, natürlich nicht!«
Monk kannte keine Skrupel. »Dann müssen Sie beweisen, daß es jemand anderes war, oder er wird Miss Latterlys Platz unter dem Galgen einnehmen.«
»Monk!« platzte Hester heraus. »Um Himmels willen…«
»Finden Sie die Wahrheit so häßlich?« höhnte er. »Und ich dachte, gerade Sie sollten vor der Wirklichkeit nicht zurückschrecken.«
Sie erwiderte nichts. Er spürte ihre Verachtung wie etwas Greifbares, aber er ließ sich dadurch nicht beirren.
Ein Streifen blassen Sonnenlichts drang durch die Wolken und fiel auf eines der Bücherregale.
»Ich fürchte, Sie haben recht, Mr. Monk«, sagte Oonagh widerwillig. »Auch wenn Sie es etwas unverblümt formulieren. Die Behörden können es sich nicht leisten, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Noch war niemand hier, aber das kann nur eine Frage der Zeit sein. Wenn nicht heute, dann kommen sie morgen. Ich kenne niemanden außer Ihnen, den wir um Hilfe bitten könnten, wenn wir die Wahrheit herausfinden wollen. Natürlich haben wir Anwälte, wenn es erforderlich sein sollte. Was schlagen Sie vor?« Über Geld redete sie nicht, das wäre unfein gewesen; sie verfügte über genügend Mittel, um jede seiner Forderungen zu erfüllen. Wahrscheinlich führte sie einen sparsamen Haushalt.
Was hätte er auf ihre Frage antworten sollen? Er suchte nach der Wahrheit, weil er ein für allemal beweisen wollte, daß Hester es nicht getan hatte. Mrs. Farraline war höchstwahrscheinlich von einem Mitglied ihrer eigenen Familie ermordet worden. Er schaute Oonagh an, entdeckte das schwarze Lachen in der Tiefe ihrer Augen und spürte, daß sie es ebensogut wußte wie er.
Eilish rutschte unbehaglich hin und her, Deirdra betrachtete sie besorgt.
»Wir müssen herausfinden, wer von Ihnen es getan hat, Mrs. McIvor«, sagte Monk leise. »Damit wir wenigstens den richtigen Mann hängen oder die richtige Frau. Oder würden Sie lieber den hängen sehen, der Ihnen am gelegensten käme?«
Hester stöhnte gequält auf. Oonagh blieb vollkommen gefaßt.
»Sie nehmen kein Blatt vor den Mund, Mr. Monk. Aber Sie haben recht, mir wäre lieber, es wäre der Richtige, und wenn es mein Mann oder einer meiner Brüder ist. Wie wollen Sie vorgehen? Sie haben bereits einiges in Erfahrung gebracht, aber Sie wissen noch nichts Definitives, sonst hätten Sie es zweifellos gesagt, schon in Miss Latterlys Interesse.«
Monk fuhr zusammen, als hätte er eine Ohrfeige bekommen. Sein Respekt vor Oonagh wurde noch ein bißchen größer. Sie war ganz anders als alle Frauen, die er kannte, und er wußte nur von wenigen Männern, die sich mit ihrer eiskalten Courage und dieser grandiosen Haltung hätten messen können.
»Ich weiß inzwischen mehr als vorher, Mrs. McIvor«, gab er trocken zurück. »Aber ich denke, das trifft für uns alle zu.«
»Und Sie glauben es!« Eilish konnte nicht länger an sich halten. »Sie glauben alles, was Quinlan gesagt hat, nur weil er …«
»Eilish!« Oonagh fiel ihr scharf ins
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