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Dunkler Grund

Dunkler Grund

Titel: Dunkler Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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jemand von ihnen gewesen sein mußte, wahrscheinlich Baird McIvor, denn der hatte das Pachtgeld für den Bauernhof unterschlagen. Aber das schien ein sinnloses, für einen Mann, der von so starken Gefühlen bestimmt wurde, lächerliches Motiv zu sein. Wenn er Eilish liebte, was er ganz offensichtlich tat, wie konnte er es dann über sich bringen, ihre Mutter zu töten, und war die Versuchung noch so groß?
    Als er in Inverness aus dem Zug stieg, war es schon zu spät, um noch am selben Abend nach Norden weiterzureisen. Mißmutig suchte er sich eine Unterkunft, und als erstes fragte er den Wirt, wie er am nächsten Tag seine Reise nach Port of St. Colmac am besten fortsetzen sollte.
    »Oh«, sagte der Gastwirt nachdenklich. Er war ein kleiner Mann namens MacKay. »Ach, ja, Portmahomack meinen Se? Dann woll’n Se sicher aufs Fährboot.«
    »Aufs Fährboot?« fragte Monk ungläubig.
    »Ja, ja, rüber zur Black Isle und dann drüben bei Alness über den Cromarty Firth und rauf nach Tain. Is’n ganz schön langer Weg. Können Se Ihre Geschäfte nich’ vielleicht doch in Dingwall erledigen?«
    »Nein«, antwortete Monk widerwillig. Er konnte sich nicht daran erinnern, ob er reiten konnte, und nun mußte er es auf die harte Tour herausbekommen. Schon die Vorstellung jagte ihm Schauer über den Rücken.
    »Na ja, wenn der Teufel die Route bestimmt…«, sagte MacKay und lächelte. »Das liegt Richtung Tarbet Ness. Is’n prächtiger Leuchtturm. In ’ner dunklen Nacht meilenweit zu sehen.«
    »Kann ich ein Pferd mit auf die Fähre nehmen?« Er hatte noch nicht ausgesprochen, da verriet ihm MacKays Gesicht, daß er eine törichte Frage gestellt hatte. »Na ja, aber auf der anderen Seite kann ich doch sicher eins mieten, oder?« fügte er hinzu, bevor MacKay etwas sagen konnte.
    »Ja, das können Se. Und zum Fährboot nach der Black Isle rüber können Se zu Fuß gehn. Gleich da drüben beim Strand. Sie sind einer aus’m Süden, was?«
    »Ja.« Monk stritt es nicht ab. Er wußte, daß ein Grenzlandbewohner wie er, aus Northumberland, wo die Leute beinahe tausend Jahre lang gegen die Schotten gekämpft hatten, über sie hergefallen und plündernd durchs Land gezogen waren, in Schottland nicht besonders gern gesehen waren, nicht einmal so weit oben im Norden.
    MacKay nickte. »Sie werden Hunger haben«, bemerkte er scharfsinnig. »Muß ’ne ganz schöne Reise sein, von Edinburgh hier rauf.« Er zog eine Grimasse. Für ihn war das da unten ein fremdes Land, und dabei wollte er es auch belassen. »Danke«, akzeptierte Monk.
    Er bekam in Weizenmehl panierte, gebratene Heringe serviert, dazu ofenfrisches Brot, Butter und einen mit Weizenmehl bestreuten Käse namens Caboc, der köstlich schmeckte. Dann ging er ins Bett und fiel in einen tiefen, beinahe traumlosen Schlaf. Der Morgen war windig und hell. Er stand auf, und statt in MacKays Gasthaus zu frühstücken, nahm er Brot und Käse mit und ging los, um das Fährboot zur Black Isle zu suchen, die keine Insel war, sondern eine große Halbinsel zwischen zwei Meeresarmen.
    Die Durchfahrt war nicht breit, aber vom Moray Firth lief eine kräftige Flut in den kleineren Beauly Firth, und die große Bucht dazwischen machte einen weiten Bogen nach links.
    Der Fährmann beäugte ihn mißtrauisch, als er ihn um die Überfahrt bat. »Bläst ’n kräftiger Wind heute.« Er runzelte die Stirn und blinzelte gen Osten.
    »Ich helfe Ihnen«, bot Monk ihm unverzüglich an – und hätte sich am liebsten auf die Zunge gebissen. Er hatte ja keine Ahnung, ob er überhaupt rudern konnte. An Wasser oder Boote hatte er nicht die geringste Erinnerung. Auch damals nach seinem Unfall, als er unmittelbar nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus nach Northumberland gefahren war, und sein Schwager mitten in der Nacht mit dem Rettungsboot hinaus mußte, hatte das keine Erinnerung an Wasser und Boote in ihm geweckt.
    »Ja, das könnte schon nötig sein«, meinte der Fährmann, rührte sich jedoch nicht von der Stelle.
    Monk konnte es sich nicht leisten, den Mann zu verärgern. Er mußte heute noch die Meeresengen überqueren, denn der Ritt an der Küste entlang über Beauly, Muir of Ord, Conon Bridge und Dingwall hätte ihn einen ganzen Tag zusätzlich gekostet.
    »Können wir dann losfahren?« drängte Monk. »Ich muß heute abend in Tarbet Ness sein.«
    »Is’ne lange Reise.« Der Fährmann schüttelte den Kopf, blickte hinauf zum Himmel, sah wieder Monk an. »Aber Sie könnten’s schaffen. Scheint

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