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Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Unkrautranken hafteten an den Geräten, mit denen ich bei Frühlingsanfang den Gemüsegarten und die Blumenbeete umgeharkt hatte, an anderen klebten noch die Harzreste von Kiefernkloben, die ich letzten Herbst gehackt hatte. Doch ich wußte genau, wonach ich suchte.
    Es war eine Breithacke, deren schwere rechteckige Eisenschneide nur mehr locker am Stiel saß. Ich spannte sie in einen Schraubstock, löste den Keil, mit dem der Griff festgeklemmt war, und zog den Stiel heraus. Er war aus dickem Eschenholz, das mittlerweile glatt und abgegriffen war. Ich legte ihn auf den Beifahrersitz des Avalon und fuhr in Richtung Stadt, als eine Regenwand über die Angusrinder hinwegzog, die dicht zusammengedrängt in einer Bodensenke auf der Weide meines Nachbarn standen.
    Ich parkte hinter dem Blechschuppen, in dem Moon arbeitete. Der Regen prasselte auf meinen Mantel und die Krempe meines Stetson, als ich die Hintertür des Schuppens aufzog. Ein Schwarzer, der eine knapp sitzende Badehose trug und ein gelbes Tuch um den Kopf gebunden hatte, schliff an einer Schmirgelscheibe einen Eisenträger zurecht.
    »Kann ich Ihnen behilflich sein?« fragte er.
    »Ist das Ihre Werkstatt?«
    »Was wollen Sie?«
    »Garland Moon.«
    Er musterte mich von oben bis unten. »Is das ’n Holzprügel, was Sie da unter Ihrem Regenmantel ham?«
    »Mir war heute danach.«
    Er nickte. »Er is runter zu Snooker’s Big Eight.«
    »Haben Sie vor, mich telefonisch anzukündigen?«
    »Mir isses lieber, wenn ihr’s dort austragt als hier ... Ich will Ihnen mal was sagen: Jemand wie der legt’s drauf an, daß ihn jemand allemacht. Wenn Sie’s nicht machen, gerät er früher oder später an den Richtigen.«
    Ich fuhr eine halbe Meile weiter, zu einer Anhöhe über dem Fluß, auf der inmitten eines Eichenwäldchens, in dem es in den vierziger Jahren einen Biergarten gegeben hatte, ein langgestreckter Holzbau mit in die Fenster eingelassenen Ventilatoren stand. Der Parkplatz war voller Pickups und Motorräder, und der Regen fegte zwischen den Bäumen hindurch und klatschte an die Vorderfenster, die im Schein der roten und violetten Neonreklamen leuchteten.
    Ich ging an dem Gebäude entlang, stieg über Pfützen hinweg und schaute durch die wirbelnden Ventilatoren auf die mit Filz bespannten Tische, die blinkenden und flackernden Flipperautomaten, die Biker, die an der Bar saßen und ihr Bier tranken, die riesige Konföderiertenflagge, die sich an der gegenüberliegenden Wand im Luftzug bauschte. Dann blickte ich durch die Fliegengittertür und sah ihn am Pooltisch. Er stand vornübergebeugt da und visierte über sein Queue hinweg die frisch aufgebauten Kugeln an, hatte den rechten Arm angespannt, so daß die grünen Venen hervortraten. Dann stieß er das Queue wie einen Speer gegen die weiße Kugel und eröffnete das Spiel.
    Er richtete sich auf, lächelte zufrieden über den gelungenen Anstoß und griff nach der Kreide. Dann hörte er, wie die Fliegengittertür hinter ihm aufging und wieder zufiel, und er wollte sich gerade umdrehen, als ich ihm den Hackenstiel mit der scharf zulaufenden Kante über die Kinnlade zog.
    Er sank leicht in die Knie, gab einen erstickten Laut von sich, eine Art Grunzen. Er preßte die Hand an die Wange, als ob er Zahnschmerzen hätte, blickte fassungslos und erschrocken auf, als ich erneut zuschlug. Diesmal traf ihn der Stiel am Mund.
    Sein Queue war zu Boden gefallen und kullerte davon. Er schaute ihm hinterher, während ihm das Blut aus dem Mund lief und auf den Tischbezug tropfte, und wieder schlug ich zu, traf ihn an den Rippen, einmal mehr am Kopf, am Hals, über dem Ohr. Dann torkelte Moon durch die Hintertür hinaus, unter den Bäumen hindurch, am Rand der Klippe entlang. Unten auf dem Fluß tanzten die Regenkringel.
    Ich holte beidhändig aus und zog ihm den Hackenstiel quer über das Rückgrat. Ich kam mir vor wie losgelöst aus Raum und Zeit, so als würde ich in ein rotschwarzes Loch gesogen, das loderte und qualmte wie brennendes Öl. Dann kam ich wieder zu mir, so als ob ich aus einem Traum erwachte, und ich bemerkte, daß ich den Hackenstiel nicht mehr in der Hand hatte, daß ich neben ihm kniete, mit der Faust auf sein Gesicht eindrosch und daß sein Kopf ein ums andere Mal gegen einen Baumstamm schlug.
    »Das reicht, du Arschgeige«, sagte jemand hinter mir.
    Ich drehte mich um und blickte zu einem Mann in Stiefeln und Lederweste auf, der einen durchdringenden Körpergeruch verströmte und mich mit hitzigem Blick

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