Dunkler Sturm - Roman
steckst du hier genauso in der Klemme wie ich.«
Rogue tippte sich mit dem Finger ans Kinn, als würde er darüber nachdenken, und lächelte dann. »Allerdings. Dutch wäre sicher sauer darüber, dass ich einfach ohne Einladung hier aufgetaucht bin, weil ich ein Magus bin, und so weiter. Aber«, er fuhr mit der Hand vor ihr durch die Luft und ließ ihre Illusionen erneut wabern, »was, glaubst du, wird er erst mit einem Dämon veranstalten, der in sein innerstes Heiligtum eingedrungen ist?«
»Widerlicher Schoßhund der Finsternis, das würdest du nicht wagen!«, konterte sie.
Er hob eine Braue. »Nein?«
Die junge Frau wog ihre Optionen ab. Sie wusste aus früherer Erfahrung, dass Rogue nur nach seinen eigenen Regeln spielte, deshalb konnte man nie sicher sein, wie weit er gehen würde. Sie könnte natürlich versuchen wegzulaufen, aber dank seiner verfluchten Augen würde sie sich nicht lange verstecken können, bis er sie wieder aufgespürt hatte. Sie seufzte, ging zum Ausgang und bedeutete ihm, ihr zu folgen.
Rogue hatte sich gerade in Bewegung gesetzt, als er einen ihm vertrauten, magischen Puls wahrnahm. Ohne auch nur eine Sekunde nachzudenken packte er die junge Frau und zog sie an sich, als wollte er sie küssen. Sie versuchte zu protestieren, aber er legte ihr seine Hand auf den Mund. Sie spürte, wie er eine Magie wirkte, und noch bevor sie eine Möglichkeit hatte, herauszufinden, was er vorhatte, wurde es genau an der Stelle, an der sie standen, dunkel. Rogue hatte sie in Schatten gehüllt, aber bevor sie ihn deswegen zur Rede stellen konnte, ging Dutch unmittelbar an ihnen vorbei.
17. Kapitel
Sobald Lucy den Schwarzen Hof betrat, spürte sie die Magie in den Blicken, die sich auf sie richteten. Das Gefühl war so intensiv, dass sie zerstreut ihren Pelzkragen streichelte, als sie weiterging. Rein äußerlich war sie eine erstaunlich schöne Frau mit langem schwarzem Haar und einer makellos blassen Haut, aber was die Aufmerksamkeit der anderen Gäste erregte, war die ungeheure Macht, die sie ausstrahlte. Einige begrüßten sie mit einem Lächeln, andere warfen ihr angewiderte Blicke zu, aber keiner ihrer Feinde war dumm genug, der jungen Hexe direkt entgegenzutreten. Lucy ging mit der Haltung einer Prinzessin, schon deshalb, weil sie rein faktisch gesehen eine war. Früher einmal war ihre verstorbene MutterWanda die Weiße Königin des Covens gewesen, und ihre Macht wirkte stark in ihrer Tochter weiter.
Sulin saß an ihrer üblichen Stelle an der Bar. Sie war eine talentierte junge Heilerin und eine der wenigen Hexen, die Lucy als Freundin bezeichnen würde. Sulin war eine statuengleiche junge Frau mit Haar in der Farbe von Stärkemehl und beeindruckenden grünen Augen. Sie lehnte am Tresen und streichelte den Kopf ihres kleinen Spitzes, während sie leise mit einem gutaussehenden jungen Hexenmeister plauderte. Offenbar hatte sie Lucys Anwesenheit bemerkt, denn sie blickte plötzlich von ihrer Unterhaltung auf. Dann entschuldigte sie sich zögernd bei ihrem Gesprächspartner und schlenderte zu Lucy herüber.
»Hast du deine Netze nach frischem Fleisch ausgeworfen?« Lucy begrüßte ihre Freundin mit einer Umarmung und küsste sie auf beideWangen. Der Spitz wollte nicht zurückstehen und leckte Lucys Kinn. In diesem Moment warf ihnen ein gutaussehender junger Mann mit einer dunklen Sonnenbrille ein aufforderndes Lächeln zu. Lucy erwiderte es, Sulin dagegen nicht.
»Eher nicht.« Sulin verdrehte die Augen vor dem Mann mit der Sonnenbrille und kehrte ihm den Rücken zu. »Ich soll heute bei Angelique vorstellig werden, und er hat mir nur Gesellschaft geleistet.« Sulin deutete etwas abfällig auf den Hexenmeister.
»Was will Ihre Hoheit denn heute von dir?« Lucy setzte sich auf einen Barhocker und bestellte zwei Drinks.
»Ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, ich wüsste es. Sie hat mir nur gesagt, dass in New York irgendetwas im Gange ist und sie mich in ihrer Nähe haben will.«
»Das erklärt, warum alles so tot ist. Ich war vorher schon in zweien meiner Stammlokale, aber es waren nur Sterbliche da. Selbst das Triple Six wirkt heute Abend merkwürdig«, sagte Lucy.
»Vielleicht sind die Vampire wieder unterwegs; du weißt ja, wie hässlich ihre Scharmützel sein können«, spekulierte Sulin.
»Was du nicht sagst.« Lucy erinnerte sich noch sehr gut an das Chaos, das der Gehenna-Clan in der Stadt angerichtet hatte, bevor die Lamia die Angelegenheit unter Kontrolle bekommen hatten.
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