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Dunkler Sturm - Roman

Titel: Dunkler Sturm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Jungen zu Boden. Er kümmerte sich nicht darum, ob sein Kumpan noch am Leben war, sondern rannte einfach davon. Der Nimrod war wieder ruhig, aber Gabriel hörte die Stimme des Bischofs in seinem Kopf.
    Mein Wille wird geschehen.
    »Das sagtest du schon.« Gabriel zog seinen Jackenärmel herunter und stieg die Treppe zur U-Bahn hinab.
    Er seufzte erleichtert, als er denWaggon in Richtung Innenstadt betrat. Es gab natürlich keine freien Sitzplätze, aber er war froh, dass er das Chaos, das in der Welt dort oben herrschte, hinter sich gelassen hatte. Noch vor wenigen Stunden war er ein College-Student gewesen, von dem niemand Notiz genommen hatte, und jetzt kam es ihm vor, als sei die ganze Welt hinter ihm her. Sein Leben und die Naturgesetze, wie die Wissenschaft sie festgeschrieben hatte, gingen vor seinen Augen zum Teufel, und er schien nichts dagegen tun zu können, als auf der Welle zu reiten und zu hoffen, dass er nicht ertrank.
    Gabriel versuchte sich abzulenken, indem er die Werbeplakate las, mit denen der U-Bahn-Wagen gepflastert war, aber das Kribbeln auf seinem Arm ließ das nicht zu. Offenbar schienen die zufälligen Ströme von Macht unter der Erde den Nimrod zu stören.
    Gabriel hielt es für das Beste, ständig in Bewegung zu bleiben, und schlenderte langsam durch denWagen. Er ging um eine Frau herum, die mit ihrem kleinen Sohn zusammen unterwegs war, und ihre Hände streiften sich zufällig. Im selben Moment wurde Gabriel mit Fragmenten ihres Lebens überschüttet. Er wusste plötzlich, dass sie eine vielversprechende Tänzerin gewesen war, bevor sie schwanger wurde und jetzt eine erschöpfte Hausfrau war. Das Gefühl der Traurigkeit in ihr war so stark, dass es ihn erschütterte.
    Während er versuchte, der Frau auszuweichen, stieß er gegen ein junges Mädchen, das mit seinem Freund hinter ihm stand. Gabriel sah sofort, dass er in seinem Job alsWachmann Doppelschichten fuhr, um den Verlobungsring bezahlen zu können, den er ihr vor ein paar Stunden überreicht hatte. Er hatte ihr mitten in einer belebten Straße einen Heiratsantrag gemacht. Sie hatte ihn impulsiv und freudig akzeptiert, aber jetzt war sie dabei, sich zu überlegen, wie sie ihm sagen sollte, dass sie ihn betrogen hatte und gerade herausgefunden hatte, dass sie HIV -positiv war.
    Gabriel stolperte unbeholfen durch denWagen, und von jeder Person, die er berührte, erfuhr er ihre Geschichte und ihre Schmerzen. Als er den Zug an der West 4th Street verließ, konnte er vor lauter Tränen in den Augen fast nichts mehr sehen. Noch nie in seinem Leben hatte er solch intensiven Schmerz empfunden. Er hätte gern das Leid von jedem dieser Menschen ungeschehen gemacht, hätte sie gerne erlöst.
    Und wenn du zuschlägst, gewähre ihnen keine Gnade. Lass den Sturm ihre Sünden davonspülen und die Welt neu erschaffen, sagte der Bischof leidenschaftlich.
    »Ich bin kein Mörder«, flüsterte Gabriel.
    Kain riskierte den Zorn Gottes, als er seinen Bruder meuchelte, damit die Geschichte sich so ereignen konnte, wie es geschrieben stand , verkündete der Bischof.
    Gabriel griff sich mit den Händen ins Haar und zerrte daran, dass es wehtat. »Reiß dich zusammen, Mann«, befahl er sich selbst. »Du redest mit deinem Arm.« Als er die Straße erreichte, holte er tief Luft. Er war erleichtert, die unterirdischen Tunnel verlassen zu können. Etwas Vertrautes kitzelte ihn in der Nase, aber er achtete nicht darauf. Er musste sich jetzt orientieren und das Triple Six finden.
    Gabriel hatte zwar eine Ahnung, wo sich der Club befand, wusste es aber nicht genau, weil er noch nie dort gewesen war. Zu seiner Überraschung brauchte er jedoch nicht lange, weil ihm jeder den Weg sagen konnte. Offenbar wussten außer ihm alle, wo der exklusive Nachtclub lag. Als Gabriel den Block erreichte, in dem sich der Club befand, spielte der Nimrod plötzlich verrückt. Die Tätowierung war beinahe vollkommen zum Leben erwacht, bevor es Gabriel gelang, sie wieder auf seinen Arm zu zwingen. Dass er den Nimrod zur Kooperation zwingen konnte, war etwas, was ihm zukünftig sicher von Nutzen sein würde. Offenbar hatte der Nimrod etwas oder jemanden in dem Club erkannt und deshalb reagiert. Wenn er Carter im Triple Six treffen und Antworten für den Nimrod finden konnte, war er eindeutig an der richtigen Adresse.
    Die Schlange der Leute, die auf Einlass warteten, erstreckte sich fast über den ganzen Block und wuchs, während Gabriel sich dem Clubeingang näherte. Die gnadenlosen

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