Dunkles Begehren
verhalten
sollte.
Gabriel wusste, dass
der Sonnenaufgang unmittelbar bevorstand. Er führte Francesca schnell die
Treppe hinauf auf die Tür zu. Sie ging nur mit ihm, weil ihr keine andere Wahl
blieb. Wenn sie sich auf irgendeine Weise gegen ihn wehrte, würde sie Brice in
eine schreckliche Lage bringen. Sie zwang sich zu einem Lächeln. »Wir sprechen
uns heute Abend, Brice.«
Damit würde ich
an deiner Stelle nicht rechnen.
Francesca wahrte den
Schein, indem sie Brice flüchtig zuwinkte, ehe sie sich aus Gabriels Griff
befreite und ins Haus ging. »Wie kannst du es wagen, dich in mein Leben einzumischen?«
Adrenalin schoss durch ihre Adern. Ruhelos ging sie mit schnellen Schritten auf
und ab. In diesem Augenblick hätte sie unmöglich stillstehen können.
Gabriel vertraute auf
die Geduld, die er in tausenden von Schlachten erworben hatte, und beobachtete
Francesca, ohne selbst einen Muskel zu regen. »Du bist sehr wütend auf mich.«
Seine Stimme klang leise und völlig ausdruckslos.
Francescas dunkle
Augen blitzten. Sie drehte sich so schnell zu ihm um, dass ihr langes schwarzes
Haar wie ein glänzender, seidiger Vorhang über ihre Schultern fiel. Sofort
reagierte Gabriel auf sie. Sie war wunderschön, und Sinnlichkeit sprach aus
jeder ihrer Bewegungen. »Lass das, Gabriel. Fang ja nicht damit an, mich wie
ein Kind zu behandeln. Du bedeutest mir nichts und hast in meinem Leben keinen
Platz. Ich habe einem Angehörigen meines Volkes in einer schwierigen Situation
geholfen, mehr ist nicht zwischen uns. Ich habe nur meine Pflicht getan.«
»Du klingst, als
wolltest du dich selbst davon überzeugen, Francesca.« Gabriel neigte den Kopf
und musterte sie eingehend. »Du wolltest diesen Mann in dein Haus bitten.«
»Dieser Mann ist mein
Freund«, erwiderte sie. Gabriel blinzelte nicht einmal. Er stand nur da und
beobachtete sie. Francesca war beunruhigt. Gabriel wirkte wie eine Statue,
doch die Aura großer Gefahr umgab ihn noch immer. Je länger er sie musterte,
desto schneller klopfte ihr Herz. Er besaß Macht über sie. Immerhin war er ihr
Gefährte. Francesca war noch immer Karpatianerin genug, um zu erkennen, dass
seine Seele nach der ihren rief. Ebenso wie sein Körper. Sie spürte das Verlangen,
die Leidenschaft, die auch in ihr zu glühen begann. Schnell wandte sie den
Blick ab und betrachtete den Teppich unter ihren Füßen, um nicht länger auf
seinen faszinierenden Körper zu starren.
»Francesca.« Leise,
beinahe zärtlich sprach er ihren Namen aus. Seine Stimme war so schön und rein,
dass sie plötzlich den Wunsch verspürte, ihn anzusehen. Doch sie widerstand dem
Impuls und hielt den Blick starr auf den Teppich gerichtet.
Mit ihrem Verstand
begriff Francesca, dass Gabriel über unendliche Macht verfügte. Seine Stimme
war faszinierend, sein Blick hypnotisch. Da Gabriel ihr Gefährte war, würde es
ihr noch schwerer fallen, ihm zu widerstehen, doch ihr blieb kein anderer
Ausweg. »Ich habe mein Leben gelebt, Gabriel. Ich möchte es nicht länger fortsetzen.
Und ganz gewiss will ich nicht noch einmal von vorn anfangen. In all den vielen
Jahrhunderten bin ich allein gewesen und habe meine eigenen Entscheidungen
getroffen. Ich könnte niemals glücklich sein, wenn ein Mann über mein Leben
bestimmt. Du kannst nicht von mir verlangen, dass ich mich so sehr verändere,
da du mich zu diesem Leben gezwungen hast. Willst du dein Leben auch weiterhin
der Vernichtung deines Zwillingsbruders widmen?«
»Es ist meine
Pflicht. Ich habe es geschworen.«
Francesca seufzte
erleichtert auf. Sie war sehr erschöpft, und die Wirkung der heraufziehenden
Morgendämmerung raubte ihr die letzten Kräfte. »Wir haben nichts weiter zu
besprechen.«
»Wenn ich dir nicht
geholfen hätte, während du das kleine Mädchen geheilt hast, hättest du es
niemals geschafft, der Sonne zu entgehen.« Auch jetzt klang Gabriels Stimme
völlig ruhig, doch Francesca spürte die Zurechtweisung, die in seinen Worten
lag.
Betont gleichmütig
zuckte sie die Schultern. »Es war mir gleichgültig. Das habe ich dir nun oft
genug erklärt und möchte mich nicht ständig wiederholen müssen.«
»Dann lässt du mir
keine andere Wahl, als dich an mich zu binden.« Tatsächlich hatte Gabriel seit
dem ersten Augenblick an nichts anderes gedacht. Zweitausend Jahre lang hatte
er in einer finsteren, leeren Welt gelebt. Doch jetzt hatte sich alles
verändert. Empfindungen. Farben. Francesca. Er hatte vorgehabt, zunächst um
sie zu werben, da sie
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