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Dunkles Erbe - Blut Der Finsternis

Dunkles Erbe - Blut Der Finsternis

Titel: Dunkles Erbe - Blut Der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Schröder
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wirklich alt sein.
    «Na ja, ich habe keines dieser Talente, die alle anderen haben. Du weißt schon, fliegen, durch Spiegel, reisen wie Jarout oder die Leute Sachen sehen lassen, die gar nicht da sind. Ich weiß nicht, was Lucas alles kann, aber er vermag eine Menge Dinge mehr zu tun, als die anderen. Ich besitze kein Talent. Deshalb bin ich Jarout lästig. Er sagt immer, ich sei wie ein Klotz, der ihm am Bein hängt, weil er mir helfen muss. Ich gehe nicht gern auf die Jagd.»
    Die Jagd – das klang ja grauenvoll. Karen erinnerte sich an die Bilder, die sie in Jarout sah.
    «Aha!», flüsterte sie und schluckte.
    Er nickte bedauernd. «Ja, aber Lucas meint, das alles wäre nicht so schlimm. Er meint, ich habe schließlich andere Talente. Ich male so schöne Bilder, sagt er und ich ... ich schreibe Gedichte. Aber das sind doch keine richtigen Talente. Das habe ich schon getan, als ich noch ein Mensch war. Es sind menschliche Talente und die nützen mir gar nichts.»
    Seine Art sich auszudrücken, erschien ihr mindestens so altmodisch und rührend, wie sein jungenhaftes Äußeres und seine schon lange aus der Mode gekommene Kleidung. Auch was er über Lucas zu sagen hatte, war ein wenig überraschend. Das Bild, das Jarout ihr von ihm malte, war ein völlig anderes. Denis vermittelte in seinen Worten vielmehr den Eindruck, dass Lucas sehr wohl ein Vater sein konnte, wenn er seinem Sohn nur ein Vater sein durfte.
    «Karen?»
    «Ja, was denn?»
    «Wir sollten gehen. Die Nächte im Sommer sind so kurz.»
    «Wie? Ach so, natürlich.»
    Er nickte erfreut und eilte zur Tür.
    «Warte, nicht so schnell. Ich kann nicht so gut laufen in diesem Kleid. Es ist mir zu lang. Es gehört Blanche.»
    Er blieb einen kurzen Moment stehen und sah sie mit einem plötzlichen Ausdruck von Schmerz in den Augen an.
    «Ich weiß, sie trug es in der Nacht, in der mein Vater getötet wurde.»
    Mit diesen trauernd klingenden Worten verschwand er durch die Tür. Erstaunt blickte sie ihm einen Augenblick nach, dann raffte sie ihr Kleid auf und folgte ihm.
     «Ich habe selber nichts zum Anziehen dabei, und sie sagte, ich könne ihre Sachen nehmen.»
    Das schien ihn überhaupt nicht zu überraschen.
     «Vermutlich erinnert sie sich gar nicht mehr, was sie wo aufbewahrt.» Dann überlegte er einen Moment. «Aber vielleicht solltest du das Kleid nicht unbedingt anziehen, wenn sie dich darin sehen kann», fügte er hinzu. Das hätte sie ohnehin nicht gewagt, nachdem sie jetzt wusste, welche Erinnerungen der bloße Anblick auslöste.
    Sollte sie ihn fragen, was damals geschehen war? Besser nicht, entschied sie. Sonst hält er mich noch für allzu neugierig. Außerdem ließ er ihr keine Zeit, weiter darüber nachzudenken. Vielmehr musste sie sich anstrengen, nicht auf das Kleid zu treten und hinzufallen. Im Laufschritt eilte er voran. Die langen Flure entlang und um unzählig viele Ecken. Kurze Treppen hinauf und wieder hinunter. Sie seufzte, und letztendlich gab sie es auf, sich vorzustellen, wo im Haus sie gerade waren.
    Allmählich war sie überzeugt, dass sie sich nur in einem dieser verwunschenen Häuser befinden konnte, über die mal was in einer von diesen einschlägigen Zeitschriften geschrieben stand, die sie ein oder zweimal, in der Hoffnung mehr über ihre Begabungen zu erfahren, kaufte. Bislang hielt sie das für den größten Blödsinn in Gottes schöner Welt. Häuser, in denen die Zimmer absichtlich völlig absurd angeordnet waren. Türen, die ins Leere führten, Treppen, die an einer Wand endeten. Und das alles nur, um Geister und sogenannte »kosmische Energien« anzulocken. So ein Schwachsinn. Und dann erst die Geschichten über verfluchte Bauwerke. Jetzt allerdings kamen ihr doch Zweifel, zumindest was diese beabsichtigte Bauweise betraf. Hier schienen die verrückten Ideen des Architekten hervorragend zu funktionieren. Kein normales Haus konnte so konstruiert sein, dass sich seine Bewohner nur noch mit einem Lageplan zurechtfanden. Unweigerlich gewann sie den Eindruck, dass dieses Haus innen mindestens doppelt so groß war, wie es von außen schien.
    Wieder einmal verlor Karen vollständig jegliche Orientierung und als ahne Denis, wie verwirrt sie war, blieb er kurz stehen.
    «Wir sind gleich da», erklärte er mit entschuldigendem Lächeln, «Golan hat den Grundriss für das Haus entworfen. Zu Anfang hatte ich auch Schwierigkeiten, mich zurechtzufinden.»
    Karen nickte erleichtert. Dann war sie wenigstens nicht die Einzige. Doch was

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