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Dunkles Erbe - Blut Der Finsternis

Dunkles Erbe - Blut Der Finsternis

Titel: Dunkles Erbe - Blut Der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Schröder
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Arweths Macht über die Hirudo Respekt. Dass Arweth jedoch am Fuß und nicht am Kopf des Tisches Platz genommen hatte, bedeutete zugleich, dass immer noch Lucas derjenige war, der innerhalb der Familie uneingeschränkte Macht ausübte.
    Karen fiel es schon immer schwer, das komplizierte Hierarchiedenken der Hirudo zu verstehen. Mal galt das Alter mehr als die Abstammung. Dann wieder zählte die Vielfalt an Talenten über die ein Vampir verfügte mehr als seine Blutlinie.
    Eines allerdings begriff sie ohne große Schwierigkeiten. Nämlich, dass ihr Vater von den Jüngeren wie Älteren ausnahmslos respektiert wurde. Und das, obwohl er seit kaum fünfundzwanzig Jahren als Hirudo lebte. Lucas war jünger als Arweth oder Calman. Dennoch wog sein Wort eben soviel wie das ihre.
    Sogar Beryl und Eliane nahmen sich in acht, Lucas zu verärgern. Verstohlen linste Karen zu den Schwestern. Beryl und Eliane. Über ihre Herkunft war kaum etwas bekannt. Niemand schien zu wissen, woher sie kamen oder wie alt sie wirklich waren. Auch sie waren lange Zeit vor Lucas hierher gekommen und nutzten das Haus seitdem als mehr oder weniger freiwillige Zuflucht. Außerhalb dieser Mauern waren sie aufgrund ihres Äußeren sehr viel ungeschützter als andere ihrer Art. Einem »normalen« Hirudo sahen die Menschen seine Andersartigkeit nur selten an. Beryl und Eliane hingegen waren kaum zu übersehen. Ihren Rücken entwuchsen auf Höhe der Schulterblätter je ein ledernes Flügelpaar, das sie nur sehr dürftig unter weiter Kleidung verstecken konnten. Außer zur Karnevalszeit konnten sie sich so nicht in die Öffentlichkeit wagen. Karen unterdrückte ein gemeines Grinsen.
    Schnell wandte sie den Blick von ihnen und schaute zu Jarout hinüber. Vor zweiundzwanzig Jahren machte er als Lucas Sohn die Familie komplett. Dass er zugleich auch Karens Zwilling war, sah man ihm nicht im Mindesten an. Und so sehr sie sich äußerlich unterschieden, so andersartig waren sie auch in ihrem Wesen. Karen fragte sich manchmal, ob aus Jarout vielleicht ein wirklich netter Mensch geworden wäre, hätte er seine Kindheit nicht bei den Hirudo verbracht, sondern wäre wie Karen, bei ihrer Mutter aufgewachsen. Aber statt dessen hatte Lucas ihn als Säugling aus England geholt und hierher gebracht. Damals ließ Lucas Karen zurück, ohne zu wagen, jemals Kontakt mit ihr aufzunehmen. Er fürchtete, Aimee zu sehr zu verletzen, wenn er ihr beide Kinder nahm. Später glaubte er, Karen habe ihn vergessen. Ein weiterer Grund war seine Furcht vor ihrer Zurückweisung. Dass Karen sich jedoch nichts sehnlicher wünschte, als Lucas zu finden und bei ihm zu sein, davon ahnte er nichts und konnte sich das vermutlich nicht einmal vorstellen.
    Jarout war derjenige, der durch einen echten Zufall von Karens Suche nach ihrem leiblichen Vater erfuhr und sie zu ihm führte. Er verfolgte damals seine ureigensten Ziele und führte Vater und Tochter keineswegs aus reiner Nächstenliebe zusammen. Karens Existenz bewies, dass Lucas erst seit wenigen Jahren ein Hirudo sein konnte. Seit ihrer Zeugung nämlich, da Hirudo im herkömmlichen Sinne unfruchtbar waren. Somit war bewiesen, dass Lucas weit jünger als die meisten anderen Vampire und ihrer Tradition gemäß nicht berechtigt war, die Familie und die Hirudo im Namen der letzten Ältesten zu führen. Er war zu jung und verdiente diese Ehre nicht. Jarouts Ziel war es gewesen, Lucas seiner Position zu entheben, ihn zu entehren und zu demütigen. Doch Jarouts Plan ging nicht auf. Er enthüllte der Familie, dass Lucas Lebensspanne nicht wie vorgeblich viele hundert Jahre zählte, sondern er erst vor kaum dreißig Jahren gezeugt worden war. Ein Geheimnis, um das alle seit Langem wussten. Der Dumme war Jarout.
    Unfähig, diese größte aller Demütigungen zu ertragen, stürzte er sich erst auf Lucas und dann auf Karen. Er hatte versucht sie beide zu töten, was ihm gottlob nicht gelungen war. Zur Strafe dafür verbannten ihn die Hirudo. Er ging nach London und blieb jahrelang verschwunden. Doch jetzt war er zurück. Ihm war vergeben. Seine ehrlich scheinende Reue und das aufrichtige Versprechen, von nun an loyal zu sein, hatte die Familie überzeugt, Jarout wieder aufzunehmen. Mit der Warnung, dass eine weitere Verfehlung dieser Art seinen unweigerlichen Tod bedeutete, verziehen sie ihm.
    Aber nicht nur Jarout stand vor der schweren Aufgabe, sich zu bewähren. Seit fünf Jahren lebte Karen nun schon im Haus der Familie und fühlte sich immer noch

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