Dunkles Erbe - Blut Der Finsternis
Vater. Herrgottverdammt, dass er sich dieser Verantwortung stellte, wurde wirklich höchste Zeit. Dass er sich Karen wieder und wieder entzog, trug nicht gerade wenig zu ihrem Misstrauen bei. Er ließ sie weder Respekt noch Liebe in ausreichendem Maße spüren. Deshalb vermutete sie auch Verrat und zweifelte an dem eigenen Wert. Missmutig schüttelte Calman diese verworrenen Gedanken ab. Jetzt war weder die Zeit noch der Ort, dieses Problem zu lösen. Wichtiger war, den nächsten Schritt des Killers zu erkennen. Und so wie die Dinge standen, waren sie nicht viel weiter gekommen. Außer der Bestätigung, dass der Mörder tatsächlich einer ihrer Art war, hatten sie nichts erreicht. Sie tappten nach wie vor im Dunkeln. Und das im wahrsten Sinne des Wortes.
Teil V
Einst Begonnenes endet hier
~ 1. Kapitel ~
In dem ein vermeintliches
Wunder geschieht
Leise raschelnd schloss sich der eierschalenfarbene Vorhang. Schritte entfernten sich. Eine Tür fiel leise ins Schloss. »Aber ja, wenn ich es Ihnen doch sage. Hätte ich’s nicht mit eigenen Augen gesehen, würde ich’s selber nicht glauben. Diese Röntgenaufnahme ist vor zwei Stunden gemacht worden. Und jetzt ... Sie sehen ja selber. Dass dieser Mann überhaupt noch am Leben ist, grenzt an ein Wunder.«
»Also, wenn Sie mich fragen, wurden die Aufnahmen ganz eindeutig vertauscht. Wir sollten auf jeden Fall noch einige Tests machen, bevor wir ihn verlegen. Aber vorher muss ich mit Poulter reden. Dann sehen wir weiter.«
Die gedämpften Stimmen hinter der Tür verstummten. Das Licht kehrte zurück. Gequält wandte sich Turner von der grellen, kalten Neonflut ab, die ihm schmerzhaft in die Augen stach.
Scheiß Funzel, dachte er gereizt. Und wo zum Henker ist dieser bekloppte Wecker? Ärgerlich suchte er nach der Quelle des nervtötenden Pieptons, der sich ihm wie mit spitzen Rattenzähnen ins Hirn nagte. Hustenreiz kratzte ihm in der Kehle, doch als er zu schlucken versuchte, spürte er, dass etwas in seinem Hals steckte. Etwas Großes, Hartes. Stechender Schmerz ließ ihn würgend nach Luft ringen. Eine Stimme befahl ihm, zu husten. Seine Stimme? War sein Freund zurück? Oh, mein Freund, ich danke dir, dachte Turner hilflos röchelnd. Helfende Hände waren sofort zur Stelle und entfernten den Schlauch, durch den seine Lungen mit Sauerstoff versorgt wurden.
»So ist es gut, John. Sie machen das prima. Und hier haben wir ihn.« Die Stimme klang sanft und die Finger auf seiner Stirn fühlten sich wunderbar kühl an. Dankbarkeit, echte, aufrichtige Dankbarkeit erfasste ihn. Allerdings erst, nachdem er nicht mehr glaubte, sein Innerstes wolle sich nach außen kehren. Ein derart infernalischer Hustenanfall schüttelte seinen mageren Körper, dass er glaubte, kotzen zu müssen.
Als er sich beruhigt hatte, öffnete er zögernd die Augen. Das lächelnde Gesicht einer Frau begrüßte ihn. »Hallo, John, können Sie mich hören?«, fragte sie leise.
Er versuchte zu nicken. Wer war diese Frau? Und wer um alles in der Welt war John? Sie jedenfalls sah wunderschön aus. Sein Blick wanderte über ihr dunkelbraunes Haar, ihre wasserblauen Augen und verweilte lange auf ihren weichen Brüsten, die sich im Ausschnitt ihres weißen Kittels drängten.
»Ich bin Dr. Harris«, sagte die Frau und wies auf ein schmales Plastikschild über ihrer linken Brust. Turner grinste. Er war entschlossen, ihren Namen oft nachzulesen. »Sie sind im St. Patricks Hospital. Sie hatten einen Unfall, erinnern Sie sich?«
Er erinnerte sich nicht. Was soll der Blödsinn? Hektisch zerrte er an den Hand- und Fußfesseln, die ihn an sein Bett ketteten.
»Oh, warten Sie, ich mach‘ Sie los.« Eilig öffnete Dr. Harris die Schnallen und er konnte die Arme heben. »Sie waren ganz schön aufgeregt, John. Deshalb mussten wir die Fixierungen anbringen. Wie fühlen Sie sich jetzt?«
»Großartig«, krächzte Turner. Warum nennt sie mich John?, überlegte er.
»Weil sie deinen richtigen Namen nicht kennt, du Idiot. John Doe, klar, so nennen sie alle, die blöd genug sind, keinen Ausweis mitzuschleppen, wenn man sie von der Straße kratzen muss.«
Da war sie wieder. Seine Stimme, sein Vertrauter, sein Freund. Erleichtert lehnte er sich in die verschwitzten Kissen zurück. Doch gleich riss er erschreckt die Augen wieder auf. Von der Straße kratzen mussten sie ihn? Warum? Was war geschehen? Entsetzt erkannte er, dass er sich nicht erinnerte, wie er hierher gekommen war. Da war nichts. Totaler
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