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Dunkles Erbe - Blut Der Finsternis

Dunkles Erbe - Blut Der Finsternis

Titel: Dunkles Erbe - Blut Der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Schröder
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Stimmen der Schwestern. Und Calman dachte: »Wir kennen die Bande des Blutes. Sieh hin, Karen, ist es nicht wunderschön?«
    Wunderschön? dachte Karen, aber ohne dass Calman sie hören konnte. Um Gottes willen, was soll daran schön sein. Sie hustete verzweifelt, ihr Blick verschwamm und sie glaubte zu ersticken.
    Die züngelnden Flammen hatten bereits die Spitze des Holzstoßes erreicht und fraßen sich nun in das Leinentuch. Ihre hungrigen Fänge, die sich in die unversehrten Fasern brannten, färbten den weißen Stoff schwarz.
    Fahrig griff Karen nach der Fibel. Mit den Fingerspitzen fuhr sie über die scharfkantige Linie der emaillierten Sonne. Sie fühlte sich warm an, heiß geradezu. Plötzlich war ihr, als risse ein Vorhang entzwei. Den Blick auf die Flammen gerichtet, taumelte Karen erschrocken einige Schritte zurück. Ungläubig starrte sie auf das, was sie sah.
    Das weiße Kleid der Frau flatterte im kalten Wind, bauschte sich auf, als wollte es sich wehren. Schreie hallten durch die Nacht, verfingen sich in Karens Kopf und überschlugen sich zu einem Kanon des Grauens.
    Die Frau stand an Händen und Füßen gebunden auf dem brennenden Brettergerüst. In größter Todesangst versuchte sie sich von den Fesseln zu befreien. Vor Schmerz halb wahnsinnig schlug sie mit dem Hinterkopf immer wieder gegen den Pfahl, an den sie gekettet war. Die Eisenglieder glühten und brannten tief in ihr Fleisch. An den Füßen warf die brennende Haut Blasen, verkohlte und fiel von den Knochen.
    Karen wollte schreien, doch ihre Kehle blieb stumm. Wie gelähmt musste sie das grauenvolle Geschehen mit ansehen. Sahen denn die anderen nichts? Tränen der Hilflosigkeit, der Angst und des Mitleids quollen aus ihren geröteten Augen. Doch die Hitze des Feuers trockneten sie sogleich auf ihren Wangen.
    »Phoebe!«, schrie sie stumm. »Nein.«
    Da fiel ihr entsetzter Blick auf die vermummte Gestalt neben dem Scheiterhaufen. Ein Mann in einer schwarzen Mönchskutte hielt noch die brennende Fackel, mit der er dieses Inferno entfacht hatte.
    Langsam wandte er sich zu Karen um. Sein weißes Gesicht schimmerte bleich in dem Schatten der Kapuze seines Umhangs. Dorian Prior, erkannte Karen. Und was sie sah, war jener Augenblick, da er Phoebe tötete, sie als Hexe verbrannte. Eine Vision, wusste Karen, doch trotz dieses Wissens schnürte nackte Angst ihr die Kehle zu.
    Dorian Priors starrer Blick aus hellen Augen bohrte sich in ihre Seele. Sie meinte, er wolle sie herauszerren aus dem schützenden Kokon ihres Körpers. Bloß gelegt und den Aasfressern zum Nachtgelage vorgeworfen wie der verkohlte Körper der Frau auf dem Scheiterhaufen.
    Sein sinnlicher Mund grinste verächtlich und im Weiß seiner kalten Augen spiegelten sich die hellen Flammen des Höllenfeuers, in dem Phoebe brannte.
    »Sin’amdh by fiosagium thu orth aoisengh.«
    »Wir werden dich kennen für Jahre«, flüsterte Calman und als bräche ein zwingendes Band, verschwand die fürchterliche Vision. Hastig riss Karen ihre Hand aus der Manteltasche und schleuderte die Fibel mit aller Kraft von sich. Was dieses Teufelsding sie sehen ließ, wollte sie nie wieder erleben.
    Wie von Furien gehetzt rannte sie zu Calman. Ihr war egal, ob sie das Ritual störte und damit den Zorn der ganzen Familie oder aller Götter dieser Welt auf sich zog. Sie brauchte ihn, wollte seinen Halt.
    Zitternd vergrub sie ihr glühendes Gesicht an seiner Brust. Schützend legte Calman seine kalten Arme um sie, ohne zu fragen, was geschehen war und warum sie zu ihm gerannt kam. Gebannt starrte er wie alle anderen in die lodernden Flammen.
    Zögernd sah auch Karen auf. Doch anstatt wie befürchtet, die zu schwarzem Fleisch verbrannte Frau zu sehen, erwartete sie das Bild zweier Menschen. Malcolm und Phoebe standen inmitten der hungrig lodernden Flammen. Einen kurzen Augenblick erstrahlte ihre Erscheinung heller als das Feuer. Dann waren sie verschwunden.
    »Hast, hast du das auch gesehen?«, murmelte Karen.
    Calman nickte.
    »Ja«, flüsterte er. »Weißt du noch, dass ich dich vorhin danach fragte, ob du an die unsterbliche Seele glaubst, und dass nicht nur Menschen sie besitzen?«
    Karen lächelte und nahm seine Hand. »Daran habe ich nie gezweifelt.«
    Und manchmal kehren sie zurück, um die Dämonen zu vertreiben, dachte sie und strich sanft über die Finger des Hirudo.

~ 13. Kapitel ~
     
    In dem ein Geist seine letzte Aufgabe erfüllt
    und die Geschichte endet
     
    Eilig hastete er die Kellertreppe

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