Dunkles Fest der Leidenschaft

berauschend, in der Nähe so vieler Jäger zu sein und seine Beute mitten in ihrem engen Kreis zu sehen, ohne selbst bemerkt zu werden. Er konnte sie nicht verlassen, ehe er wusste, dass sie in Sicherheit war. Manolito wollte, dass sie aus den Wäldern herauskam und in die Sicherheit von Nicolaes Haus zurückkehrte, bis die Feier anfing. Die Jäger waren misstrauisch und kehrten mehrmals um, um herauszubekommen, wo er war – wer er war.
    Euphorie konnte genauso gefährlich sein wie ein völliger Mangel an Gefühlen. Berauscht von dem Gefühl, lebendig zu sein, betrachtete er wie verzaubert die Farben und verarbeitete gleichzeitig die Fülle an Empfindungen, die auf ihn einstürmten. So lange hatte er vergeblich gewartet, nur mit seinen Erinnerungen und seiner Ehre gelebt, und jetzt hatte ihm diese Frau das Leben zurückgegeben. Sie konnten ihn nicht von ihr fernhalten, wie hoch der Preis auch sein mochte. Jahrhundertelang hatte er sein Leben, ja sogar seine Seele aufs Spiel gesetzt und nichts dafür verlangt. Bis jetzt. Mary-Ann gehörte ihm, und er würde sie nicht aufgeben.
    Manolito? Brauchst du mich?
    Die Stimme seines Bruders ernüchterte ihn. Er musste kühl und überlegt bleiben und sein Vorhaben sorgfältig planen. Noch während Rafael mit ihm sprach, spürte er, wie Nicolae neuerlich einen Vorstoß wagte, in der Hoffnung, einen unbedachten Moment zu erwischen. Es war Jahrhunderte her, seit er imstande gewesen war, sich zu amüsieren, überhaupt etwas zu empfinden, und dieses Versteckspiel, so gefährlich es auch war, verschaffte ihm einen Adrenalinstoß, ja ein unvorstellbares Hochgefühl. Er setzte sein Geschick als Jäger ein, um mit ihnen allen Katz und Maus zu spielen, ohne dabei auch nur mit dem Hauch seines Geruchs oder eines Haares einen Hinweis zu liefern. Als Karpatianer ohne Gefährtin würde er natürlich zu den Verdächtigen zählen, aber es würden mehrere von ihnen mit den Paaren an der Weihnachtsfeier teilnehmen. Er musste desinteressiert wirken und durfte Mary-Ann nicht einmal streifen; er durfte nicht einmal zur Kenntnis nehmen, dass sie in der Nähe war.
    Manolito, wo bist du ? Brauchst du mich ?, wiederholte Rafael; diesmal klang er eindringlicher und unverkennbar beunruhigt. Seine Brüder wussten, wie nahe er dem Abgrund war, wie das Tier in ihm zum Sprung ansetzte und brüllte und wie stark sich die Dunkelheit in seiner Seele ausgebreitet hatte.
    Ich habe im Gasthaus nach Feinden Ausschau gehalten und die Wälder überprüft. Ich komme zurück, sowie ich mich vergewissert habe, dass Juliette und Riordan nichts passiert ist. Ich möchte die Schutzbarrieren um ihren Ruheplatz verdoppeln. Manolito achtete darauf, ruhig und unbewegt zu klingen, wie ein Mann, der einfach seine Pflicht erfüllte. Seine Brüder Rafael und Riordan würden ihm bestimmt helfen, seinen Plan auszuführen, doch wenn er sie einbezog, brachte er sie in eine sehr unangenehme Lage gegenüber ihren Gefährtinnen – und er vertraute keineswegs darauf, dass die Frauen schweigen würden. Keine von ihnen schien zu begreifen, dass es darum ging, eine Seele zu retten – und das zählte weit mehr als ein Leben.
    Das ist eine gute Idee. Rafael seufzte. Juliette war sehr aufgebracht, weil ihre Schwester und ihre Cousine nicht mitkommen wollten, um hier mit uns allen zu feiern. Sie nehmen nie an einem der Familientreffen teil. Colby sagt, Juliette sei so unglücklich, dass Riordan mit dem Gedanken spielt, die Ranch zu verlassen und zu Jasmine und Solange in den Dschungel zu ziehen, damit Juliette ihnen näher sein kann.
    Manolito schwieg einen Moment und überlegte, ob er die Gelegenheit nutzen sollte, um einen ersten Schritt in die richtige Richtung zu machen. Er entschied sich dafür. Wirklich schade, dass wir bei uns keine Therapeutin haben, jemanden wie die junge Frau, die gerade zu Besuch bei Nicolae und Destiny ist. Nicolae hat erwähnt, dass sie sowohl Destiny als auch dem jungen Mädchen, Skyler, sehr geholfen hat. Vielleicht sollte Riordan versuchen, jemanden wie sie in der Nähe der Ranch zu finden. Seine Stimme war ausdruckslos wie immer. Er machte nur einen Vorschlag, wie man ein Problem lösen könnte. Nichts wies darauf hin, dass sein Herz schneller schlug oder seine Augen von der strahlenden Helligkeit seiner Umgebung fast geblendet waren.
    Wieder herrschte einen Moment Schweigen. Das ist eine gute Idee, sagte Rafael schließlich. Daran habe ich gar nicht gedacht. Ich habe gehört, dass Destiny praktisch am Ende