Dunkles Fest der Leidenschaft
damit sie sich frei bewegen konnte.
Der Wind strich mit sanften Fingern über ihr Gesicht und überzog ihr Haar mit Schneeflocken. Sie hätte ihre Kapuze aufsetzen sollen, doch sie fühlte sich herrlich unbeschwert und genoss es, mitten in der Nacht durch den Wald zu spazieren, frische, reine Luft einzuatmen und endlich so etwas wie Frieden zu finden.
Skyler wartete ungeduldig auf der Veranda. »Ich finde es lächerlich, dass Gabriel und Lucian mir nicht erlauben, ohne Begleitung spazieren zu gehen«, sagte sie. »Ich habe es schließlich auch allein hierher geschafft, bevor jemand mein Fehlen überhaupt bemerkt hat. Josef wird nie dazu gezwungen, auf Begleitschutz zu warten.« Sie schlang sich den Schal um den Hals und warf sich die Enden mit einer theatralischen Geste über die Schultern. »Ich habe es satt, mir ständig Vorschriften machen zu lassen. Gabriel und Lucian sind echt das Letzte!«
Alexandria runzelte die Stirn. »Josef hat Verbindung zu dir aufgenommen und dich deshalb geärgert, stimmt's ?«
»Er hat mich ein Baby genannt. Ich bin allein hergekommen und kann auch allein zurückgehen.« Sie fuhr sich mit einer Hand über die Augen.
»Josef kann ganz schön nerven, was? Ich finde, du solltest ihn unbedingt darum bitten, dir vorzuführen, wie er sich in eine Eule verwandelt.«
Skyler warf Alexandria einen nachdenklichen Blick zu. »Ach ja? Du glaubst, das würde mir Spaß machen?«
Alexandria nickte. »Einen Heidenspaß.«
Ein zögerndes Lächeln erhellte Skylers Gesicht. »Danke für den Tipp. Raven lässt dich grüßen. Ich glaube, ihre Sauce ist nicht ganz so geraten, wie sie es sich vorgestellt hat.«
»Mein Kartoffelpüree auch nicht. Im Moment klebt es gerade an Prinz Mikhail.«
Skyler blieb wie angewurzelt stehen und blinzelte. »Es klebt an ihm ? Das Püree ? Hast du ihn damit beworfen ?« Wieder verwandelte ein langsames Lächeln ihr Gesicht. »Ich wünschte, ich wäre dabei gewesen.«
»Und ich wünschte, ich wäre sonst wo gewesen. Josh kam erschrocken zu mir gelaufen, und ich fuhr herum. Leider dachte ich nicht daran, dass ich einen Turbo-Mixer in der Hand hatte, einen Mixer, den Josh und Josef für mich frisiert hatten. Die Kartoffeln wurden förmlich auf Mikhail katapultiert.«
Sie begegnete Skylers Blick, und beide brachen in Gelächter aus. Der Klang ihres Lachens wehte durch den Wald und stieg zu den wirbelnden Schneeflocken auf. Irgendwo schrie eine Eule. Es klang einsam und klagend. Ein Wolf antwortete mit einem lang gezogenen Heulen, als riefe er nach einem längst verschwundenen Rudel.
»Alexandria«, begann Skyler, verstummte aber sofort.
Irgendetwas in ihrer Stimme ließ Alexandria aufhorchen. »Was ist denn?«
Skyler zuckte betont nachlässig die Schultern. »Ach, eine blöde Frage eigentlich. Hörst du manchmal die Erde schreien?«
»Schreien? Die Erde?«, echote Alexandria.
»Ich weiß, dass es verrückt klingt. Ich hätte nichts sagen sollen, aber manchmal«, sie wollte nicht zugeben, wie oft, seit sie in den Karpaten war, »höre ich dieses Schreien.«
Alexandria schüttelte den Kopf. »Das habe ich noch nie erlebt. Hast du mit Francesca darüber gesprochen?«
Wieder zuckte Skyler mit den Schultern. »Wahrscheinlich ist es nur Einbildung. So was passiert mir oft. Möglicherweise irgendein Relikt aus der Kindheit.«
Der Wolf heulte erneut, und dieses Mal bekam er eine Antwort. Es klang wie eine Herausforderung. Alexandria, der ein kalter Schauer über den Rücken lief, spähte in den dunklen Wald und begann, ihre Schritte zu beschleunigen.
»Ich habe dein neues Videospiel ausprobiert«, erzählte Skyler. »Es ist toll. Josh und Josef und ich spielen nachts online. Ein paar von den Erwachsenen machen auch mit. Ich bin genauso schnell wie Josef. Gabriel meint, das kommt daher, dass er und Francesca mir ihr Blut gegeben haben, aber ich glaube, es liegt daran, dass ich mich so gut konzentrieren kann. Ich kann praktisch in meinen eigenen Kopf schlüpfen, und dann ist es so, als wäre ich mitten im Spiel drin. Josh hat mir erzählt, dass du etwas Besonderes für uns austüftelst. Bist du schon fertig?«
Alexandria legte eine Hand an ihre brennende Kehle. Die nicht existierende Wunde pochte, als wäre sie immer noch offen und empfindlich für die Kälte. »Fast. Ich hatte gehofft, es Josh zu Weihnachten schenken zu können, doch ich möchte noch ein bisschen daran feilen. Die Grafiken sind fast schon zu realistisch. Ich glaube, ich muss sie noch bearbeiten.
Weitere Kostenlose Bücher