Dunkles Feuer
mich, mit einem Mann und zwei Kindern und in dem anderen dich mit deiner Familie.«
Peter schwieg. Es machte Julie wahrhaftig keinen Spaß, doch sie wusste, dass es sie es tun musste. Deswegen fuhr sie locker plappernd fort.
»Es gibt nur zwei Dinge, die ich mir für die Zukunft wünsche.«
»Und die wären?« Peters Stimme klang heiser.
»Dass wir immer Freunde bleiben, egal was geschieht, dass wir neben unseren eigenen Familien immer Zeit für einander haben werden. Und dass ich mich mit deiner Frau gut verstehe, sonst wird das nachbarschaftliche Leben doch nicht so angenehm.« Sie lächelte neckend.
»Das würdest du bestimmt.« War alles, was Peter dazu sagen konnte. »Falls ich jemals heiraten sollte«, fügte er nach einer kurzen Pause hinzu. Er räusperte sich. »Das Junggesellen-Dasein ist mir bisher doch auch ganz gut bekommen. Du weißt schon, die große Freiheit.« Selbst in seinen Ohren klang das nicht überzeugend, aber das war ihm jetzt auch egal.
»Ich finde, du solltest wieder mehr ausgehen, Peter, wenn wir wieder Zuhause sind.« Sie drückte seine Hand. »Ich wünsche dir vom ganzen Herzen, dass du so wie ich der einen Person begegnest, die für dich wirklich bestimmt ist.«
»So wie du?«
Julie stockte. »Ich möchte natürlich auch den Richtigen finden«, sagte sie hastig. Doch Peter konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass dies nicht ganz das war, was sie gemeint hatte.
Er lächelte bitter, das wäre wirklich das I-Tüpfelchen gewesen, um diesen Tag zu dem wirklich schlimmsten seines bisherigen Lebens werden zu lassen.
In dieser Nacht lag Peter noch sehr lange wach und dachte über das Geschehene nach.
Julie wusste es, sie wusste ganz genau über seine Gefühle Bescheid und hat ihm in voller Absicht klargemacht, dass es für sie beide niemals eine gemeinsame Zukunft geben könnte, außer als Nachbarn. Nachbarn! Er lachte bitter auf. Er wollte schreien, etwas zerschlagen, seinen Gefühlen irgendwie Luft verschaffen. Doch stattdessen bohrte er sein Gesicht in das Kopfkissen, damit niemand die Schluchzer hören konnte, die seinen ganzen Körper erschütterten.
Julie verlor nie wieder ein Wort über die Zukunft oder ihr Verhältnis zueinander, doch von nun an verbrachte sie die Abende zusammen mit Peter.
Es war erst drei Tage her, seit sie Frederik das letzte Mal gesehen hatte, doch Julie konnte nicht fassen, wie sehr er ihr fehlte. Nie zuvor war ihr das Schloss so leer und verlassen vorgekommen wie jetzt. Überall in den Räumen sah sie Gegenstände, die sie an ihn erinnerten. Sie dachte an all die Geschichten, die er ihr erzählt hatte, und an den einzigartigen Einblick in die Geheimnisse der Vergangenheit, den er ihr gewährt hatte.
Sie blickte sich in dem Raum um, so wie damals, als sie versucht hatte festzustellen, ob er anwesend war oder nicht. Doch außer dem kühlen Windzug vom Fenster spürte Julie überhaupt nichts. Sie fröstelte. Entschlossen ging sie zum Fenster und machte es zu. Dennoch pfiff der Wind trostlos durch den undichten Rahmen. Sie zog sich ihr Strickjäckchen enger um die Schultern und ging wieder an die Arbeit.
Immer wieder hatte sie das Gefühl, seine Anwesenheit, seine Wärme, seine Stärke zu spüren, doch jedes Mal, wenn sie sich umdrehte, war sie allein. Und das Bewusstsein, dass er tatsächlich da war, machte es für sie nur noch schwerer.
Julie wusste, dass es falsch war, doch sie hoffte immer wieder aufs Neue, dass er trotzdem zu ihr kommen würde, auch wenn sie ihn ausdrücklich darum gebeten hatte, es nicht zu tun. Er musste doch spüren, wie sehr sie ihn brauchte. Warum kam er dann nicht?
Den ganzen Tag hatte es ununterbrochen geregnet, und je später es wurde, desto stürmischer wurde es. Normalerweise machte das Wetter Julie nichts aus, doch in diesem alten Gebäude schienen alle Fenster und alle Balken und auch sonst alles, das im Wind knarren oder sich bewegen konnte, lebendig zu sein. Irgendwann hielt sie es einfach nicht mehr aus und ging zu Peter.
Er war ohnehin so sehr in seine eigenen schwermütigen Gedanken vertieft, dass ihm das Wetter nichts auszumachen schien. Womöglich sagte es ihm sogar zu, weil es die äußere Welt seiner inneren anglich.
»Was ist denn los, Julie, frierst du etwa? Soll ich dir den Kamin anheizen?«
»Kannst du mich einfach mal ein wenig festhalten, Peter, bitte?«
Wortlos nahm er sie in seine Arme und drückte einen leichten Kuss auf ihre Stirn. »Ist das etwa meine tapfere Freundin, die sich noch nie vor der Dunkelheit
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