Dunkles Feuer
wartete Frederik bereits auf sie. »Und wie hat er reagiert?« fragte er, obwohl er es genau wusste.
»Ich habe es ihm nicht gesagt, so wie du es wolltest. Aber dafür musst du auch etwas für mich tun, so schwer es mir auch fällt, dich darum zu bitten.«
»Was denn?« fragte Frederik alarmiert.
»Wir dürfen uns nicht mehr sehen. Wenigstens für eine Weile nicht«, fügte sie rasch hinzu, als sie seinen schockierten Gesichtsausdruck sah.
»Aber wieso denn? Ich brauche dich, Julie.«
»Ich dich auch.« Sie lächelte ihn an. »Doch Peter braucht mich noch mehr. Ich habe darüber nachgedacht. Und wenn ich ihm nicht die Wahrheit sagen kann oder darf, so will ich ihn auch nicht anlügen. Und ich will es nicht riskieren, dass er es zufällig entdeckt. Außerdem würde ich gern etwas mehr Zeit mit ihm verbringen. Manchmal müssen wir eben Opfer bringen für die Menschen, die wir lieben. Das verstehst du doch, Frederik, oder?«
Er verstand es nicht und er wollte es auch nicht verstehen. Er war verletzt, rasend eifersüchtig und zum ersten Mal in seinem Leben hatte er Angst vor der Zukunft und Angst davor, Julie zu verlieren. Doch er wusste nicht, was er sonst tun konnte, außer ihr zuzustimmen.
Sie streichelte sein Gesicht und gab ihm einen langen zärtlichen Kuss. »Ich werde dich so sehr vermissen.« Ihre Augen füllten sich mit Tränen.
Er versuchte ein Lächeln. »Ich bin immer in deiner Nähe, falls du mich brauchst.«
Einen Augenblick später war Julie ganz allein. Sie seufzte, sie hatte es ja so gewollt.
»Ich vermisse das Fernsehen!« Gelangweilt schlug Julie ihr Buch zu.
Peter blickte erstaunt von der Fotografie hoch, die er beim Schein ihrer Solarlampe betrachtete.
»Was haben die Menschen früher bloß gemacht?«
Amüsiert zog er die Augenbrauen hoch. »Was hast du denn bisher immer gemacht? Bis heute hast du dich noch nie beschwert. Oder ist es bloß meine Anwesenheit, die dich langweilt?«
Julie spürte, wie sie rot anlief. Die Abende mit Frederik waren immer so schnell verflogen. Er konnte ihr immer so viel Neues erzählen. Aber Peter und sie kannten sich einfach schon viel zu lange. Sie kannten nicht nur alle Geschichten des anderen bereits, sie hatten die meisten davon auch noch gemeinsam erlebt.
»Nein, natürlich nicht.« Sie zog eine Schmolllippe. »Aber du beachtest mich ja auch gar nicht.« Jetzt war sie extra für ihn geblieben und er schien es gar nicht zu bemerken.
Er hatte es sehr wohl bemerkt, doch er musste zugeben, dass er es nicht verstand. Seit mehr als zwei Wochen hatte sie ihn jeden Abend allein gelassen und nun war sie auf einmal wieder da. Ein Teil von ihm wollte sie spüren lassen, wie verletzt und verwirrt er war. Und doch ... Er wollte diese einmalige Gelegenheit, sie wieder ganz allein für sich zu haben, nicht verderben. Er gab sich einen Ruck.
»Komm, lass uns spazieren gehen.«
»Aber es regnet in Strömen!«
»Na und? Ich habe einen großen Regenschirm.« Er lächelte sie einladend an.
Julie lachte. »So etwas Verrücktes haben wir schon lange nicht mehr getan!«
Eng aneinander gepresst gingen sie unter dem bunten Schirm. Und Julie fühlte sich auf einmal sehr jung und unbeschwert. Sie lachte und alberte herum, bis sie einen Blick von Peter einfing, der ihr in Erinnerung rief, dass es doch nicht mehr wie früher war.
»Peter, hast du eigentlich schon mal an die Zukunft gedacht?«
»Was meinst du?«
»Nun ja, deine Pläne.«
»Wir werden die Arbeit hier beenden und dann wieder in die zivilisierte Welt zurückkehren.«
»Und danach?«
»Ich weiß nicht. Ich werde doch hoffentlich nicht gefeuert?« fügte er gespielt besorgt hinzu, was ihm einen Rippenstoß von Julie einfing.
»Ich meine es ernst. Unser Leben kann ja nicht immer genauso weiter laufen.«
»Wieso nicht? Ich finde es im Augenblick richtig schön, sehr sogar.« Er drückte ihre Schulter. »Von mir aus kann dieser Abend ewig dauern.«
»Du meinst, wir sollen also ewig nass und kalt durch einen dunklen Park irren?«
»Ist dir etwa kalt?«
»Nein, eigentlich nicht«, gab sie zu. »Aber darum geht es auch nicht. Manchmal frage ich mich, was wir in zehn Jahren machen werden und ob sich unser Leben genauso entwickelt, wie wir es uns vorstellen.«
»Und was stellst du dir vor?«
»Oh, es ist eigentlich ganz einfach. Ich sehe zwei wunderschöne Häuser, direkt nebeneinander.«
»Aha, gleich zwei.« Peter nickte anerkennend mit dem Kopf. »Bloß nicht zu bescheiden.«
»Jetzt lass mich doch mal ausreden! In einem Haus sehe ich
Weitere Kostenlose Bücher