Dunkles Feuer
schließlich hatte er es doch getan. Er tröstete sich damit, dass er sonst auf seinem Landsitz vor Langeweile gestorben wäre. Dieser Aufenthalt versprach wenigstens etwas Ablenkung und angemessene Gesellschaft.
Er war es leid, immer nur Umgang mit dem schlecht gebildeten Landadel zu haben, der sich kaum von seinen Bauern unterschied. Die Gespräche, die sich fast ausschließlich um Ernte, Wetter und etwas Politik drehten, reizten nicht seinen scharfen Verstand und sprachen seinen feinen Geist nicht an. Auch die Frauen waren keine Herausforderung, sie verlangten keine Kunstgriffe oder Einfallsreichtum. Vielmehr versuchten sie, ihn mit ihren Reizen einzufangen, da er einer der begehrtesten Junggesellen des Landes war: noch recht jung, reich, gebildet und aus einer alten Familie. Diese Kombination ließ alle Väterherzen schneller schlagen, und die Töchter waren nur zu gern bereit, den Wünschen ihrer Väter zu entsprechen. Dabei schätzte er an einem Abenteuer, so flüchtig es auch sein mochte, den Prozess der Eroberung viel höher als den Sieg. Das forderte seinen Geist, seinen Intellekt, sein gesamtes Selbst, der anschließende Besitz befriedigte nur seinen Körper, und schon bald suchte er sich ein neues Ziel. Widerstandslose Aufgabe erregte seinen Unmut. Es stand für ihn fest, dass, falls es je einer Frau gelingen sollte, sein Herz zu erreichen, es eine Frau sein würde, um die er erst sehr lange würde kämpfen müssen.
Ihm kam natürlich niemals der Gedanke, dass irgendeine Frau ihn jemals abweisen könnte.
Er folgte dem Diener in die Eingangshalle. Der Gastgeber stand schon bereit, um seinen Gast zu begrüßen. Doch dieser murmelte zur Antwort abwesend nur einige höfliche Worte. Sein Blick war von einer anderen Erscheinung gefesselt worden.
Da stand sie, eine ungewöhnliche junge Frau mit blonden Locken auf den Schultern und durchdringenden grünen Augen. Viele hätten diese Augen als störend und unangenehm empfunden und die junge Frau als überhaupt nicht schön eingestuft. Auf andere mochten die ungewöhnlichen Augen anziehend wirken und ihrem Gesicht einen besonderen Reiz verleihen. Doch alle waren der Meinung, dass sie nicht im herkömmlichen Sinne schön zu nennen war.
Für ihn spielten diese oberflächlichen Betrachtungen keine Rolle. Die auffallenden grünen Augen vervollständigten ihre Gesamterscheinung, irgendwie brachten sie Harmonie in das Gesicht, entsprachen der Aura aus Energie und Intelligenz, die sie umgab. Sie verliehen ihrem Gesicht eine Spannung, ohne die es fad und farblos gewesen wäre, so wie ein exotisches Gewürz den Geschmack eines ungewöhnlichen Gerichts noch unterstrich.
Sie hatte ein höfliches, freundliches Lächeln auf den Lippen, wie es sich für die Gastgeberin geziemte. Ihr Blick wanderte nur kurz zum Fremden hinüber, lang genug, um der Höflichkeit zu entsprechen, aber nicht so lang, als dass er etwas Anderes als leichte Neugier ausdrücken konnte. Ihre Hände waren sittsam gefaltet und der Kragen ihres Kleides hoch bis zu ihrem wohlgeformten Hals verschlossen.
Der Fremde schaute sie auch nur kurz an, doch das genügte ihm, um festzustellen, dass sich der Aufenthalt auf Schloss Lerouge auf jeden Fall lohnen würde.
Frederik reichte Elisabeth Lerouge seinen Arm, um sie ins Esszimmer zu geleiten.
Sie schien unsicher, ob es schicklich wäre, seine Einladung anzunehmen. Nach einem kaum merklichen Zögern und einem kurzen Blick zu ihrem Vater nahm sie widerstrebend die angebotene Hand.
Sie wollte den Gast ihres Vaters nicht beleidigen, auch wenn ihr persönlich der Umgang mit ihm eher unangenehm war. Sie beschloss, sich nach dem Essen so schnell wie möglich entschuldigen zu lassen und sich zurückzuziehen, um die Männer dem Wein und der Politik zu überlassen.
Von Anfang an mochte sie diesen Frederik, Earl of Fenwick, nicht besonders, eigentlich war er ihr sogar beinahe zuwider. Ihr behagte die selbstsichere, anzügliche Art, wie er sie ansah, nicht. Es verletzte sie in ihrem Stolz und weckte ihr Temperament. Sie war es nicht gewohnt, wie ein Stück gute Beute betrachtet zu werden, jedenfalls nicht so unverhüllt. Er hatte ja nicht einmal den Anstand, sein "Interesse" zu verbergen.
Bewunderung, Komplimente, kokette Angebote - sie kannte und beherrschte dieses Spiel nicht schlechter als jede andere junge Frau, doch gab es dabei einige Spielregeln, die alle zu befolgen hatten. Nie ging das Spiel über den scherzhaftlockeren Ton hinaus, es durfte nichts wirklich ernst
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