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Dunkles Feuer

Dunkles Feuer

Titel: Dunkles Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elvira Zeissler
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grenzende Liebe für seine 30 Jahre jüngere Gemahlin. Wie alles andere in seinem Leben war dies jedoch keine edle Regung. Er betrachtete sie als sein angeheiratetes Eigentum und meinte, dass jede Sekunde ihres Lebens nun ihm gehörte und dass sie ihm über jede ihrer Handlungen Rechenschaft schuldete.
Dabei machte er den Fehler, ihr als Gegenleistung für den erwarteten Gehorsam nichts von dem zu geben, was eine junge Frau sich wünschte.«

Daniel blickte kurz zu Julie auf, was diese nicht zu bemerken vorgab. Dann fuhr er fort.

»Er schenkte ihr keine Zärtlichkeit oder Verständnis, vielmehr erschreckte er sie mit seinen groben Annäherungsversuchen. Die Folge davon war, dass die junge Gemahlin, die am Anfang durchaus bereit gewesen war, ihre Pflichten nach bestem Wissen und Gewissen zu erfüllen und ihm eine sorgende, eine treue und vielleicht sogar eine liebende Ehefrau zu sein, sich immer mehr von ihrem Gatten angewidert und abgestoßen fühlte. Diese Einstellung spiegelte sich auch in ihrem Benehmen wider, da sie nach einiger Zeit keinen Wert mehr darauf legte, sich zu verstellen. Schließlich wurde ihre Abneigung so offensichtlich, dass sogar ihr durchaus nicht feinfühliger Gatte sie bemerkte. In seiner grenzenlosen Eingenommenheit wurde ihm klar, dass der Fehler bei ihr liegen musste.
Seine Besessenheit machte einer - zu dem Zeitpunkt noch völlig unbegründeten - Eifersucht auf die gesamte männliche Bevölkerung Platz. Dieses Gefühl war für ihn umso schlimmer, als neben dem auch so schon unangenehmen Gefühl, etwas, das ihm gehörte, zu verlieren, ein anderer nicht minder quälender Gedanke aufkam. Er fürchtete - durchaus zu Recht - dass er ihr nicht genug bieten konnte, um eine junge schöne Frau zufrieden zu stellen. Mit seiner Eifersucht und seinen Verdächtigungen machte er seiner jungen Gemahlin das Leben zur Hölle. Er verfolgte sie, fragte sie aus, spionierte ihr nach, sodass ihre anfängliche Distanzierung von ihm sich allmählich in Angst und Hass umwandelte.«

Daniel schaute hoch, um Julies und Peters bisherige Reaktion zu sehen. Wie jeder gute Erzähler konnte er die Eindrücke der Zuhörer von ihren Gesichtern ablesen, um sich in seiner Erzählweise dementsprechend ihren Wünschen anzupassen. Peter hatte sich entspannt zurückgelehnt und hörte interessiert zu. Julie hatte ebenfalls aufmerksam zugehört, doch sah sie jetzt aus, als kostete es sie große Überwindung, nichts dazu zu sagen. In ihren Mundwinkeln zuckte es kampflustig. Daniel seufzte ergeben.
»Na los, lass es schon raus. Ich sehe doch, dass dir etwas auf der Zunge brennt, du wirst es ohnehin nicht mehr lange zurückhalten können.«
»Wenn du darauf bestehst ... Also, wenn ich mir schon diesen Anfang anhöre, würde ich sagen, dass ich unseren kleinen Streit bereits gewonnen habe. Oder würdest du es nicht als ein trauriges Schicksal betrachten, dein Leben lang an einen alten egoistischen Mann gebunden zu sein, der dir das Leben zur Hölle macht, und den du darüber hinaus abgrundtief verachtest?«
Hilfesuchend blickte Daniel zu Peter. »Warum müssen Frauen immer alles so dramatisieren?« Und zu Julie gewandt, fuhr er diplomatischer fort: »Natürlich hast du gar nicht so Unrecht, wenn du es so betrachten willst. Aber so tragisch war es gar nicht ...« Als er Julies Miene sah, beeilte er sich, seinen Gedanken weiterzuführen. »Immerhin wurde der Großteil der Ehen so geführt.«
»Das macht es doch wohl kaum erträglicher!«
»Wie auch immer, diesen Teil der Erzählung kann man nicht als ausschlaggebend für die Bewertung der Geschichte betrachten, da er gar nicht zur eigentlichen Legende gehört. Ich muss gestehen, dass ich ihn nur eingebracht habe, um die Geschichte verständlicher und auch interessanter zu machen. So eine Situation war früher eben zu banal, um sie extra zu erwähnen.«
»Na gut, sagen wir mal, ich lasse es gelten. Jetzt musst du aber weiter erzählen, nicht nur, um meine Theorie zu bestätigen, sondern auch, weil es sehr schön ist, dir zuzuhören.«
Peter verdrehte die Augen.

»Etwa sechs Monate nach der Hochzeit beschloss William, ein Fest zu geben, zum Teil, um seinen gesellschaftlichen Pflichten nachzukommen, und teils, um seine junge Frau, die sich sichtlich langweilte, nicht auf dumme Gedanken kommen zu lassen.
Schon am zweiten Tag nach der Ankunft der Gäste bereute er bereits diese Entscheidung, war doch jetzt seine Frau von einer ganzen Schar galanter junger Männer umringt, die ihr an Stand,

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