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Dunkles Feuer

Dunkles Feuer

Titel: Dunkles Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elvira Zeissler
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zu.

Daniel fühlte sich so leicht, als könnte er fliegen. Er schaute Julie hinterher, wie sie zum Haus ging, und er war so glücklich wie selten zuvor in seinem Leben.
Wie hätte er auch wissen können, dass seine Freude so viel Leid bei einem anderen verursachte.
Und erst recht konnte er nicht ahnen, dass ein weiteres Augenpaar den Kuss beobachtet hatte und dass der Besitzer dieser Augen nicht vorhatte, sich so selbstlos von seinen Träumen abzuwenden wie Peter und tatenlos zuzusehen, wie Daniel alle seine Hoffnungen zunichte machte. Frederik musste handeln.

Julie rannte die Treppe rauf und kam etwas atemlos oben an. Ihr Herz pochte bis zum Hals, und sie war froh, es auf diese körperliche Betätigung und nicht auf ihren Gemütszustand zurückführen zu können. Sie war überrascht. Überrascht von den Gefühlen, die bei diesem kurzen Kuss über sie hereingebrochen waren. Überrascht, wie schön es sich angefühlt hatte, Daniel zu küssen. Sie hatte die ganze Zeit unbewusst versucht, sich die Anziehungskraft, die Daniel auf sie ausübte, auszureden, da sie keine Möglichkeit für eine Zukunft sah.
Aber vielleicht sollte sie sich einfach darauf einlassen und abwarten, ob sich in den nächsten Wochen etwas entwickelte, das Bestand haben könnte. Etwas, das aufrecht zu erhalten sich lohnen würde. Was auch immer daraus werden würde, Julie wusste, sie würde es bedauern, wenn sie keinen Versuch unternahm, es herauszufinden. Und nichts war schlimmer, als das ganze Leben mit einem ‚Was-wäre-wenn-Zweifel' zu leben.

Peter hatte Julie gehört, als sie ins Zimmer kam. Doch er blickte nicht zu ihr auf. Er wusste nicht, ob er seine Gefühle bereits so gut unter Kontrolle hatte, um ihrem Blick zu begegnen. Seine Gedanken rasten. Doch kreisten sie keineswegs um die antike kleine Karaffe, auf der eine glückliche Sonntagsgesellschaft beim Picknick dargestellt war. Er sah sie nicht einmal. Man könnte meinen, er würde durch sie hindurchstarren. Aber sein Blick war dabei eher nach innen, in ihn selbst gerichtet. Alles in ihm drängte, Julie fest in seine Arme zu schließen. Sie festzuhalten, als könnte die Umarmung verhindern, dass sie jemals fort von ihm ging. Ihr zu sagen, wie sehr und wie lange er sie schon liebte, dass kein anderer sie jemals so lieben könnte wie er, da kein anderer sie je so gut kennen würde wie er.
Er war es gewesen, der immer für sie da gewesen war, zu dem sie immer so voller Vertrauen aufgeschaut hatte, der alle ihre Ängste, Kummer und Hoffnungen gekannt hatte und sie auch verstand. Der all ihre Schwächen kannte und sie dafür umso mehr liebte.
Er war es immer gewesen. Er, und nicht Daniel. Und jetzt war seine letzte Chance, ihr diese Liebe zu gestehen, das spürte er. Jetzt könnte er Julie vielleicht noch für sich gewinnen, verhindern, dass sie sich von ihm entfernte, sich ihm weiter verschloss, dass ein anderer zu ihrem Vertrauten und Beschützer wurde, dass ein anderer seinen Platz in ihrem Leben einnahm.
Doch obwohl sich sein Herz bei dem Gedanken daran so zusammenzog, dass er es als körperlichen Schmerz fühlen konnte, wusste er, dass er diese Chance nicht wahrnehmen würde, wie er es schon unzählige Male nicht getan hatte. Bisher hatte er wenigstens die Hoffnung auf die Zukunft besessen, jetzt blieb ihm nicht mal mehr das.
Julie war kein Teenager mehr, und dies würde keine harmlose Schwärmerei bleiben. Peter wusste, dass sich daraus wirklich etwas entwickeln konnte, das ein ganzes Leben lang hielt.
Er, der sie so gut kannte, wusste, dass Daniel genau der Mann war, den Julie wirklich lieben könnte. Und er war es auch wert. Wenn er doch einen Mangel aufweisen würde. Aber selbst in seiner Eifersucht konnte Peter nicht anders, als Daniel zu mögen und zu respektieren, auch wenn er ihn am liebsten gehasst hätte.
Doch letztendlich war es nicht die Sympathie für Daniel, die Peter davon zurückhielt, Julie die Wahrheit zu sagen. Er wusste, dass sie ihn nicht so liebte, wie er es sich wünschte, auch wenn es ihm bislang ganz gut gelungen war, dieses Wissen zu ignorieren. Zu hoffen, dass er sich irrte, dass Julie ihn eines Tages mit den Augen einer Frau und nicht mit denen einer Schwester ansehen würde.
Aber tief im Inneren wusste er es, hatte es immer gewusst. Das hatte ihn all die Jahre zurückgehalten. Er hatte Angst, das zu verlieren, was er bereits besaß. Und auch wenn es soviel weniger war als das, was er sich ersehnte, war es ihm doch so wertvoll wie dem Verdurstenden ein

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