Dunkles Feuer
Überraschung erblickte er beim Hereinkommen nur ihren Vater, den Grafen Lerouge.
»Guten Morgen, Herr Graf.«
»Ah, Frederik. Guten Morgen. Kommt doch her, setzt Euch.« Er winkte einladend mit seiner Hand. »Wir warten nur noch auf Elisabeth.«
Frederik zog seine Augenbrauen hoch. Auf ihn hatte Elisabeth nicht den Eindruck einer Langschläferin gemacht. »Ja, ja, die Damen«, meinte er leichthin. »Sie brauchen doch immer etwas länger, um sich zurecht zu machen. Dafür haben wir dann das Vergnügen ihrer Schönheit. Es lohnt sich immer, darauf ein wenig zu warten«, bemerkte Frederik galant.
»Aber nein, mein lieber Earl, wo denkt Ihr bloß hin.« Der Graf winkte abwehrend mit der Hand. »Elisabeth ist schon lange auf. Ohne sie würde in diesem Haushalt gar nichts mehr laufen, das versichere ich Euch. Aber wenn ihr ihre Pflichten es erlauben, reitet sie gern vor dem Frühstück etwas aus, wenn das Wetter es zulässt. Und heute ist es doch wahrlich traumhaft! Ah, da kommt sie ja schon.« Der Graf saß mit dem Gesicht zur Tür und bemerkte so seine Tochter als erster. Seinem Blick folgend drehte sich nun auch Frederik zu ihr um.
Ihre Augen waren gerötet, und ihr Haar vom Wind leicht zerzaust. Sie war wohl aus dem Sattel direkt hierhin geeilt, ohne sich vor einem Spiegel noch einmal in Ordnung zu bringen. Entweder legte sie keinen großen Wert auf ihr Aussehen, oder sie war sich bewusst, wie gut ihr diese Zeichen körperlicher Betätigung zu Gesicht standen. Zärtlich küsste sie ihren Vater auf die Wange und erkundigte sich nach seinem Befinden, erst dann begrüßte sie den Earl.
»Bitte entschuldigt meine Aufmachung«, sie deutete mit einer lässigen Handbewegung auf ihr Reitkleid, »aber ich wollte Euch nicht noch länger auf Euer Frühstück warten lassen.« Sie sagte dies mit so einer entwaffnenden Ehrlichkeit, dass Frederik gar nicht wusste, was er darauf erwidern sollte. »Aber es macht doch nichts«, murmelte er, während er ihr in den Stuhl half.
Eine Zeitlang waren sie schweigend mit dem Essen beschäftigt. Und Frederik überlegte krampfhaft, wie er mehr Zeit mit Elisabeth verbringen könnte. Sie verschwand immer so schnell, wie es die Höflichkeit nur zuließ.
»Ihr reitet also gern?« erkundigte er sich, um irgendetwas zu sagen.
»Leidenschaftlich. Es gibt mir ein Gefühl von Freiheit, wie ich es sonst noch nie erlebt habe.«
»Elisabeth ist eine ausgezeichnete Reiterin«, mischte sich der Vater stolz in das Gespräch ein.
»Das glaube ich gern.« Frederik war vorsichtig. Er wollte auf keinen Fall, dass Elisabeth das Gefühl bekam, er würde sich ihr aufdrängen, aber insgeheim wünschte er sich, sie würde ihn zu einem Ausritt einladen. Doch sie bekam dafür gar keine Gelegenheit.
»Aber Earl, Ihr könnt Euch doch selber davon überzeugen, wie wundervoll Elisabeth sich im Sattel hält. Ich bin sicher, sie würde sich über Eure Gesellschaft bei den morgendlichen Ausritten freuen, nicht wahr, mein Schatz?«
»Aber gewiss doch, Vater. Wenn Ihr es wünscht, Earl.« Natürlich, was blieb ihr auch anderes übrig. Sie konnte den Gast ihres Vaters doch nicht vor den Kopf stoßen. Doch er wollte gern ihre wirkliche Meinung dazu hören.
»Das Angebot ist wirklich verlockend, Lady Elisabeth. Aber nur, wenn es Euch tatsächlich keine Unannehmlichkeiten bereitet.«
»Von welchen Unannehmlichkeiten sprecht Ihr bloß, Frederik? Endlich muss das arme Kind nicht mehr so allein ausreiten. Der Stallknecht passt zwar auf, dass ihr nichts passiert, aber als Gesprächspartner taugt er nicht viel. Ich würde sie ja selbst begleiten, aber meine alten Knochen machen ihr wildes Tempo einfach nicht mehr mit. Doch ich bin sicher, Ihr jungen Leute werdet viel Spaß zusammen haben.«
»Dann ist es ja geklärt. Wenn Ihr früh genug aufsteht, Earl, könnt Ihr mich mal begleiten. Ich habe einen strikten Tagesplan und nicht einmal aus Höflichkeiten gegenüber dem Ehrengast meines Vaters könnte ich meinen Ausritt auf später verschieben. Und jetzt bitte ich die Herren, mich zu entschuldigen. Ich möchte mich etwas frisch machen.« Ohne ihr Einverständnis abzuwarten, erhob Elisabeth sich vom Tisch und hob somit die Tafel auf.
»Einen Augenblick noch, Elisabeth. Der Earl hat sich nach unserer Bibliothek erkundigt. Da dachte ich, es wäre das Beste, wenn du ihn ein wenig im Haus herumführst.«
»Wie Ihr wünscht, Vater. Earl, ich schlage vor, wir treffen uns in einer halben Stunde wieder.« Mit diesen Worten nickte Elisabeth den beiden
Weitere Kostenlose Bücher