Dunkles Feuer
Elisabeth wandte ihren Blick ab und starrte geradeaus. Sie hatte es ja selbst herausgefordert. Doch trotz Allem war das Benehmen des Earls eine Unverschämtheit.
Elisabeth tat so, als müsste sie sich voll auf das Reiten konzentrieren und als würde sie den Blick nicht bemerken. Frederik, dem dies nicht entging, konnte der Versuchung, sie weiter zu necken, nicht widerstehen. Er wusste, dass er sich dabei auf sehr dünnem Eis bewegte, aber das machte die Sache nur noch spannender.
»Euch steht der Sinn wohl nicht nach Konversation, Mylady. Oder lenkt sie Euch zu sehr ab? Ich wäre untröstlich, wenn ich Eure Konzentration stören könnte und Ihr meinetwegen die Kontrolle über Euer Pferd verlieren würdet. Vielleicht wäre es auch besser, das Tempo ein wenig zu zügeln.«
»Eure Sorge um mein Wohlergehen ist wahrhaft rührend, Earl. Doch ich kann diese Last von Eurer Seele nehmen, seit ich fünf Jahre alt war, wurde ich nicht mehr vom Pferd abgeworfen. Ein kleines Rennen könnte Euch sicherlich davon überzeugen.«
Mit diesen Worten spornte sie ihr Pferd an und jagte davon. Sie erreichte den Hügel einige Augenblicke vor ihm und zügelte bereits ihr Pferd, als er zu ihr aufschloss. Zu seinem Erstaunen lachte sie. Ihre Heiterkeit verstärkte sich noch mehr, als sie seinen überraschten Blick sah.
»Ich entschuldige mich für mein derart kindisches Benehmen, Earl.« Sie wurde etwas ernster und deutete eine leichte Verbeugung an, bevor sie lächelnd fortfuhr. »Normalerweise neige ich nicht dazu, die Gäste meines Vaters durch meine Kleidung zu schockieren, sie durch Unhöflichkeit vor den Kopf zu stoßen und anschließend vor ihnen davon zu reiten. Wenigstens habe ich noch nie alles ein und derselben Person in so kurzer Zeit angetan.«
»Nun ja, es war mal eine frische Abwechslung. Aber ich muss mich auch entschuldigen, Mylady. Es lag nicht in meiner Absicht, Euch zu beleidigen. Dafür habt Ihr mir auch eine schöne Lektion in Sachen Reitkunst erteilt.«
Spontan streckte Elisabeth ihre Hand aus, die Frederik auch sofort ergriff. »Damit wäre die erste Runde wohl unentschieden ausgegangen«, meinte sie.
»Dann ist es für Euch ein Kampf, Mylady? Oder gar ein Spiel?«
»Nennen wir es doch einfach ein Kräftemessen.«
»Ein Kräftemessen, soso.« Frederik schüttelte den Kopf, ohne zu wissen, ob er nun beeindruckt, überrascht oder einfach nur belustig sein sollte.
»So, da wären wir.« Elisabeth führte den Earl zu einem kleinen Dorf mit etwa fünfzehn Bauernkaten. Manche der Hütten wirkten heruntergekommen, andere waren frisch renoviert und ausgebessert worden. Doch war jede von ihnen viel armseliger als alles, was Frederik jemals in seinem Leben betreten hatte.
Befremdet beobachtete er, wie Elisabeth vom Pferd sprang und zielstrebig auf eine der Katen zumarschierte. Ihm blieb nichts anderes übrig, als ihr zu folgen, da sie bereits in der niedrigen Eingangstür verschwand. Er brauchte einige Zeit, bevor sich seine Augen an das Dämmerlicht gewöhnten. Doch der Gestank allein war schon überwältigend. Es roch feucht und modrig nach Schimmel und nach ungewaschenen menschlichen Körpern, die auf engstem Raum zusammenlebten. Ekel stieg in Frederik hoch. Ekel vor diesen Menschen, die wie Tiere lebten und sich wohl selbst nicht viel von Tieren unterschieden. Er verstand nicht, was Elisabeth dort wollte. Frederik stellte sich an die Wand, sorgsam darauf bedacht, nichts zu berühren. Überrascht stellte er fest, dass Elisabeth weniger Bedenken diesbezüglich hatte und auf dem Boden vor einer Pritsche an der Wand kniete. Etwas auf der Liege bewegte sich, es musste also jemand dort sein. Mit sanfter Stimme fing Elisabeth zu sprechen an, während ein paar Kinderaugen sie aus der anderen Ecke des Raumes anstarrten. »Hier, Mrs. Jenkins, ich habe einige Kräuter mitgebracht. Pater Brown sagt, das müsste den Husten lindern.« Sie strich der Frau einige schweißnasse Strähnen aus der Stirn, als diese von einem Hustenkrampf geschüttelt wurde. Frederik rümpfte die Nase. Es würde wahrscheinlich ein Wunder sein, wenn sie sich hier nicht ein ganzes Dutzend Krankheiten holten. Doch auch dies schien Elisabeth nicht zu bekümmern. Sie legte einige Münzen auf den Tisch. »Wenn Ihr noch etwas braucht, Mrs. Jenkins, dann zögert nicht, es zu sagen. Wir werden dann sehen, ob sich etwas machen lässt.«
»Ich danke Euch, Mylady.« Die Frau wurde erneut von einem Hustenkrampf unterbrochen. Elisabeth ging, ohne den Earl eines Blickes zu
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