Dunkles Spiel der Leidenschaft
menschlicher Leichnam erscheinen, aber das dient lediglich
unserer Verjüngung. Für Karpati- aner ist es ein ganz natürlicher Zustand,
Corinne. Ich möchte nicht, dass du dich aus irgendeinem Grund aufregst.«
Sie lächelte über seine beruhigenden Worte. Alles an
Dayan war ungewöhnlich. Magisch. Sie traute ihm alles zu, selbst, dass er aus
einer Art Leichenstarre erwachte. Sie hatte Bilder in seinem Denken gesehen und
wusste daher, dass Karpatianer in einer Verfassung ruhten, die an einen
künstlichen Tiefschlaf erinnerte. Corinne empfand den Aufenthalt in der heilende
Erde ebenso wie Dayan als natürlichen Zustand, in dem er wahrhaft eins mit
Himmel und Erde werden konnte.
»Ich fürchte mich schon nicht, wenn ich aufwache,
Dayan. Jetzt weiß ich ja, dass ich dich vielleicht als Dornröschen vorfinden
werde.« Ihre Stimme war so schwach, dass ein menschliches Ohr sie kaum
wahrnehmen würde, aber Dayan hörte sie klar und deutlich. Ein Lächeln schwang
in ihrer Stimme mit. »Wirst du aufwachen, wenn ich dich küsse?«
»Wenn du mich brauchst, Corinne« - er wusste, dass sie
Spaß machte, doch er antwortete ihr ganz ernst - »werde ich dich hören.« Er
verschlang seine Finger mit ihren und hielt sie eng an sich gedrückt. »Ich
werde dich immer hören, wenn du nach mir rufst.«
Das weiß ich. Ich habe keine Angst mehr, Dayan.
Wirklich nicht. Was geschehen soll, wird geschehen. Wir haben alles getan, um
uns darauf vorzubereiten. Entweder ich überlebe und wir bekommen unser Happyend...
oder nicht. Ich möchte die Zeit mit dir genießen, jede Minute, jede Sekunde.
Hab bitte nicht solche Angst um mich.
Er konnte hören, wie sein Herz in seiner Brust
angstvoll pochte, und holte tief Luft, um Corinnes Duft einzuatmen, ihre
Gelassenheit und ihren inneren Frieden. Er ließ sich von diesen Empfindungen
erfüllen und wusste, dass sie Recht hatte. »Ich habe keine Angst davor, in ein
anderes Dasein überzugehen. Wenn du dort bist, gehören wir beide dorthin. Ich
hoffe, dass du in dieser Zeit und an diesem Ort bleibst, weil ich die Schönheit
dieser Welt zusammen mit dir erleben will. Ich möchte wieder in der Lage sein,
Liebe für meine Familie zu empfinden und hier bei ihnen unsere Kinder
großziehen, bevor ich an einen anderen Ort weiterziehe. Aber wenn es mir nicht
bestimmt ist, dann ist es eben so.«
Corinne lag neben ihm und ließ sich in eine Art
Wachtraum gleiten. Das Baby in ihr bewegte sich unter Dayans warmer Hand. Es
verband sie miteinander, sie alle drei. Dayan spürte die Bindung sehr stark,
und Corinne ertappte sich bei einem Lächeln, sie war entspannt und völlig
glücklich. Er hatte ihr ein unendlich kostbares Geschenk gemacht: Er liebte sie
so, wie sie war, mit ihrer Herzschwäche und dem Kind eines anderen Mannes. Er
liebte sie mitsamt ihrer seltsamen Gabe und ihrer nüchternen Art. Sie war als
der Mensch akzeptiert worden, der sie war, nicht mehr und nicht weniger. Mehr
konnte niemand verlangen.
Sie wollte seine Musik hören und mit dem Klang seiner
Lieder in den Ohren einschlafen und träumen. Dayan, der ihren Wunsch
registrierte, schaute sich suchend in der Höhle um und merkte erst jetzt, dass
er ohne seine geliebte Gitarre gekommen war, ja nicht einmal an das Instrument
gedacht hatte. Ständig hatte er es in der Hand, und nun, da er es brauchte, war
es nirgendwo zu sehen.
Deine Schmusedecke. Ein leises Lachen folgte, als könnte sie die Panik
spüren, die in ihm aufstieg. Du Baby.
Dayan musste lachen
und entspannte sich. Ohne meine
Gitarre kann ich nicht für dich spielen.
So leicht kommst du mir nicht davon. Sing für uns-für
das Baby und mich. Dazu brauchst du kein Instrument. Sie klang
ausgesprochen selbstzufrieden, heiter und sehr glücklich.
Dayan zog sie eng an sich, sodass ihr Kopf an seiner
Schulterbeuge ruhte. Er konnte nicht anders, als ihr gehorchen.
Seine schöne Stimme war voller Liebe, und die Worte
strömten aus seinem Mund wie flüssiges Gold. Ein kleines Lächeln spielte um
ihre Mundwinkel, als sie in seinen Armen einschlief. Unter seiner Hand
kuschelte sich das Baby in Corinnes Bauch wohlig zusammen und schlief mit
seiner Mutter ein
Kapitel 16
Als Corinne aufwachte, prickelte ihr Körper vor
Schmerzen. Wie ein leises Echo konnte sie das Weinen ihres Babys hören und
erschrak. Hatten die Wehen frühzeitig eingesetzt?
Es war jener leise Laut in ihrem Inneren, der sie Buhe
bewahren ließ. Sie holte tief Luft, ganz langsam, um ihre Tochter mit
wertvollem Sauerstoff
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