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Durch die Hintertür

Durch die Hintertür

Titel: Durch die Hintertür Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lear
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ich nichts von der Anwesenheit einer Dame.
    »Vielen Dank, Burroughs, wir sind dann in – ach, du meine Güte! Lady Caroline!«
    Das funktionierte. Verwirrt, beschämt und gänzlich übertrumpft trat sie den Rückzug an, wobei sie etwas Unverständliches über den »Zustand des Tafelsilbers« vor sich hin murmelte.
    Burroughs nahm das Tablett und folgte ihr. Er zwinkerte mir zu, als er die Tür hinter sich schloss.

7
    Nun hatte ich es endlich mit einem richtigen Fall zu tun, nicht nur mit einer Reihe wilder Vermutungen und Wunschdenken, das sich aus Kriminalromanen nährte. Eines war klar: Charlie Meeks, der erste Diener der Eagles, der gerade im Polizeigewahrsam malträtiert wurde, hatte den mysteriösen Reg Walworth nicht auf dem Gewissen. Jedenfalls nicht, wenn man Burroughs Glauben schenken konnte – und ich hatte keinen Anlass, die Wahrhaftigkeit seiner Aussagen anzuzweifeln. Mochte er im Einzelnen auch flunkern, ich glaubte ihm, dass er Meeks zur Tatzeit beobachtet hatte. Mir hatte er das mitgeteilt, um einen jungen Mann zu entlasten, auf den er große Stücke hielt. Ich ging davon aus, dass Burroughs’ Gefühle für Meeks über die von ihm behauptete väterliche Beziehung zwischen Butler und erstem Diener hinausgingen. Für mich klang all das viel mehr nach Liebe.
    Fügte man dem noch die Misshandlung von Meeks auf der Wache, seine Weigerung, seine Unschuld zu behaupten, die plumpen Versuche von Leonard Eagle, meinen Argwohn zu zerstreuen, und Sir James mit seiner Geistesabwesenheit hinzu, dann hatte man es mit einer überaus verdächtigen Gemengelage zu tun. Und was hatte Belinda Eagle wirklich gesehen, das ihr solche Angst eingejagt hatte? Und warum hatte ihr Bruder Rex sich so überstürzt vom Ort des Geschehens entfernt? Warum war Lady Caroline so erpicht darauf, dass Burroughs den Mund hielt? Welche Haltung vertrat Lady Diana Hunt, die kalte Erbin, die nach dem Mord schnurstracks aus Frankreich gekommen war?
    Ich musste noch mehr herausfinden. Morgan schickte ich in die Dienstbotenquartiere, um das Personal zu befragen – ich dachte mir, dass seine leicht trottelige Jovialität gut bei ihnen ankommen könnte, zumal sie nicht gerade verrückt nach Ausländern waren. Ich selbst machte mich daran, dem Menschen ein paar Informationen zu entlocken, der mir der Dreh- und Angelpunkt des Problems zu sein schien: Sir James Eagle höchstpersönlich. Er hatte mich bei meiner Ankunft in Drekeham Hall herzlich willkommen geheißen und weitschweifig von seiner Bewunderung für die ›Neue Welt‹, die Tatkraft und den Geschäftssinn der Amerikaner gesprochen – ich hielt es dementsprechend für einen klugen Schachzug, mich ihm gegenüber als eifriger, junger Student zu zeigen, der aus dem Quell von Mutter Englands uralter Weisheit trinken wollte.
    Leichter gesagt als getan. Seit den gestrigen Ereignissen hatte Sir James sich aus dem Familienleben zurückgezogen und tauchte nur noch griesgrämig zu den Mahlzeiten auf, wo er auf Ansprache höchstens mit einem Grummeln antwortete. Für Gäste hatte er erst recht keine Zeit. Er verschloss sich in seinem Arbeitszimmer, wo er laut seinem Sekretär an einer Rede arbeitete, die er vor dem Abgeordnetenhaus über den schockierenden Zustand der Schweinezucht in seinem Wahlkreis in Norfolk zu halten gedenke. Das klang durchaus plausibel und passte doch nicht so recht zu dem freundlichen und leutseligen Sir James, den ich wenige Tage zuvor kennengelernt und der mich sogar in sein Arbeitszimmer eingeladen hatte – »kommen Sie jederzeit auf einen Plausch vorbei, mein Junge.« Diese Einladung, begleitet von einem männlichen Schulterklopfen, gab mir jetzt den Mut, meinen Wunsch durchzusetzen.
    Der Sekretär nahm eine sonderbare Stellung im Hause ein, da er weder zum Personal gehörte noch bei der Familie am Tisch saß. Er wohnte in einem kleinen Gästezimmer in der Etage über der, in welcher Boy Morgan und ich untergebracht waren. Er führte gewiss ein sehr einsames Leben, und ich wollte mir diese Tatsache zunutze machen und ihm freundschaftlich die Hand reichen.
    »Es tut mir leid, aber ich muss jetzt weiterarbeiten«, sagte der Sekretär und versuchte mich aus Sir James’ Vorzimmer zu bugsieren. »Ich habe noch eine Menge Korrespondenz vorzubereiten, die Sir James heute Abend unterschreiben muss.«
    Er sah nicht schlecht aus, wenn auch im Vergleich zu Cambridge-Athleten wie Morgan, Rex Eagle und mir eher schmächtig gebaut. Verglich man ihn allerdings mit dem katzenhaften

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