Durch die Hölle in den Himmel (German Edition)
lassen.
Seit ihrer feierlich beschlossenen Abmachung waren nun schon mehr als fünf Wochen vergangen und trotzdem hatten sie sich noch immer nicht auf einen Tag festlegen können, dem sie beide bedenkenlos zustimmen konnten. Zu seinem Leidwesen musste Robert feststellen, dass sie sich jedes Mal von ihm zurückzog und abkapselte, wenn er das Thema auch nur berührte. Nicht dass sie etwa laut und zickig wurde oder sogar weinte, nein, sie kauerte total verschlossen und in sich gekehrt auf dem Sofa und empfand nichts außer mitleiderregender Furcht. Sie fürchtete sich, ihr Leben ohne die tägliche Antriebsquelle bestehen zu müssen.
Wenn Robert in diesen Wochen von der Arbeit nach Hause kam, erwartete Nadine ihn wie gewohnt auf dem Flur. Jetzt vermied sie aber ihm in die Augen zu sehen und ließ stattdessen verschämt den Kopf sinken, um ihren Blick auf seine Hände zu richten. Dann wusste sie sofort ob er sich an sein Versprechen gehalten hatte, sie weiterhin, bis zu dem Tag, an dem sie den Entzug beginnen würde, mit dem Nötigsten zu versorgen. Wenn eine Hand in seine Hosentasche glitt, konnte sie sicher sein, dass er seine Meinung nicht geändert hatte. Trotzdem hätte sie Robert niemals zugetraut, sich ihretwegen mit Drogendealern einzulassen, doch dass sie sich keine Drogen besorgte, zählte zu ihrer Abmachung. Jetzt ging es vor allen Dingen darum, dass sie sich beide an die Regeln halten würden.
Seit ihrer Vereinbarung drehte sich Nadines Denken und Handeln nur noch um Kokain. Es war schlimmer als je zuvor. Der bevorstehende Entzug von der Glück verheißenden Droge, die schnell und leicht Befreiung von allen Sorgen und Ängsten versprach, die Linderung von Schmerz und Kummer brachte, schien jetzt die kleinsten Hindernisse ihres Lebens, in unüberwindbare Höhen wachsen zu lassen. Der Kampf schien ihr ungerecht und ungleich.
Als er eines Tages mal wieder mit leeren Händen vor ihr stand, schlug ihre unangenehme, depressive Stimmung schlagartig in Aggression um. Sie blieb nur so lange erträglich ruhig, solange er sie weder berührte noch ansprach. Als er seine Hand jedoch gedankenlos auf ihren Arm legte, um zu einer Erklärung anzusetzen, wurde sie dagegen dermaßen aggressiv, dass er es vorzog, nicht wie er ursprünglich vor hatte, erst nach dem Essen zu Hassan zu gehen, sondern sich stattdessen lieber sofort, mit knurrendem Magen, auf den Weg zu machen.
Kapitel 9
Er litt immer mehr darunter, mit ansehen zu müssen, wie sich die Frau, die er mehr liebte als sein eigenes Leben, so unkontrollierbar veränderte und sich, wie jetzt, sogar schonungslos mit aggressivem Hass gegen ihn richtete.
Seit Robert wusste, dass bei ihm zu Hause, immer häufiger eine äußerst gereizte Nadine auf ihn warten würde, hatte er es auf dem Heimweg bei Weitem nicht mehr so eilig wie sonst.
Langsam schien ihm die Situation über den Kopf zu wachsen. Die Hände tief in den Hosentaschen vergraben, zog er seinen Kopf zwischen die schmalen Schultern, als würde er dort Schutz und Geborgenheit finden.
Diesmal hatte Hassan ihn kalt lächelnd abblitzen lassen. Er hatte ihm tatsächlich, wie bei ihrem letzten Treffen angekündigt, kein Kokain mehr auf Kredit gegeben. Stattdessen drohte er ihm ganz unmissverständlich mit Gewalt, wenn er nicht innerhalb der nächsten zwei Tage seine Schulden bezahlen würde. Hassan machte ihm sehr überzeugend klar, dass er schon froh darüber sein sollte, bisher ohne körperliche Schäden davongekommen zu sein, schließlich hätte er noch zwei überfällige Rechnungen zu begleichen. Jetzt steckte Robert schon so tief in diesem verdammten Drogensumpf, dass er inzwischen schon Angst hatte, überhaupt noch vor die Tür zu gehen.
„Wenn ich vor Hassan sicher sein will, muss ich irgendwie das Geld für ihn auftreiben. Allein damit ist Nadine aber auch noch nicht geholfen. Selbst wenn ich das Geld für Hassan auftreiben könnte, wüsste ich nicht, wie es mit Nadine weitergehen soll? Wenn ich ihr kein Koks mehr bringe, verschwindet sie mit Sicherheit wieder aus meinem Leben. Was dann aus ihr wird, mag ich mir nicht einmal vorstellen. Und mit meinem Leben wäre dann auch Schluss, weil ich nicht mehr in mein altes Leben zurück könnte, denn seit Nadine bei mir ist, weiß ich erst, dass ich vorher leblos war.“
Nur um Nadine weiterhin das verdammte Teufelszeug besorgen zu können, würde er das Geld für Hassan irgendwo klauen müssen. Da er sie nicht wieder verlieren wollte, sah er keinen
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