Durch Himmel und Hoelle
leidenschaftlichen Küsse auf dem Moor. Er hat recht, dachte Elysia angewidert. Sie wollte tatsächlich von ihm geküßt werden - zumindest hatte sie manchmal dieses seltsame Bedürfnis nach ihm. Aber meistens hatte sie das Gefühl, sie könnte ihn kalt- blütig und ohne jede Reue ermorden.
Elysia rieb sich erschöpft die Stirn und stand auf. Wie konnte sie sich nur danach sehnen, von einem so grausamen Menschen geküßt zu werden? dachte sie erbost. Sie verachtete sich selbst für diese Schwäche. Eigentlich sollte sie eins ihrer alten Wollkleider anziehen und sehen, was Seine Lordschaft dann sagen würde, dachte sie trot- zig. Elysia schaute die Reihen von Kleidern durch, aber sie konnte sie nicht finden, genausowenig wie ihre alten Schuhe und ihren alten Umhang. Dany hatte sie wahrscheinlich weggeworfen, als sie die neuen Kleider aufgeräumt hatte.
Na ja, um ehrlich zu sein, sie hatte keine Lust, sie wirklich anzu- ziehen, auch wenn ihn das geärgert hätte. Sie kämpfte gerade mit ih- ren Stiefeln, als Lucy mit zwei Hausmägden erschien, die eine Wanne und Eimer mit heißem Wasser ins Zimmer schleppten.
»Mrs. Danfield hat gemeint, Ihr wollt Euch vielleicht nach dem Ausritt frischmachen, Lady Elysia«, sagte Lucy schüchtern und starrte Elysia an, als würde sie einem Geist gegenüberstehen.
»Danke, und würdest du mir helfen, die Stiefel auszuziehen?« fragte sie Lucy, die langsam und sehr ängstlich auf sie zuging.
»Was ist denn los?« fragte Elysia, als sie die verschreckten Blicke der beiden Hausmägde sah.
»Ach nichts, Lady Elysia«, murmelte Lucy und half ihr mit zittri- gen Fingern, die Stiefel aufzuschnüren.
»Erzähl's mir, Lucy«, drängte Elysia, als sie sah, wie das Mäd- chen zusammenzuckte, als sie ihren Knöchel berührte.
»Oh, Mylady! Ihr habt das Pferd geritten, das nicht mal Seine Lordschaft reiten kann, und der ist doch fast wie der Leibhaftige!« Sie rollte ängstlich die Augen.
»Hör gut zu, Lucy, und ihr beide auch. Ich werde nicht dulden, daß ihr hier im Haus Ammenmärchen verbreitet«, sagte Elysia streng. »Das Pferd hat mir gehört, bevor es hierherkam. Ich habe Ariel schon als Fohlen mit wackligen Beinen und weichem Fell ge- kannt und selbst aufgezogen. Früher hat ihn niemand außer mir ge-
ritten, und er läßt sich auch jetzt nur von mir reiten«, erklärte sie ge- duldig und sah die Erleichterung auf den drei Gesichtern. »Ihr kennt doch Jims und vertraut ihm auch, oder?« Drei Häubchen nickten im Takt. »Nun, er kennt mich, seit ich in den Windeln gele- gen habe, und kann beschwören, daß ich keine geheimnisvollen Kräfte besitze.«
Danach bereiteten die drei Mädchen kichernd und fröhlich das Bad vor, und Lucy half Elysia hinterher beim Anziehen.
Es wäre zu schön gewesen, wenn sie wirklich geheimnisvolle Kräfte besessen und einen Weg aus ihrer mißlichen Lage gefunden hätte und dabei Seine Lordschaft ein für allemal loswerden könnte, dachte Elysia genüßlich, als sie langsam nach unten ging. Sie trug ein weißes Musselinkleid, das mit grünen und blauen Blumen bestickt und unter dem Busen mit grünen Samtbändern gebunden war. Die Enden fielen am Rücken bis zum Saum, und ähnliche Bänder säum- ten die gerüschten Manschetten der langen Ärmel und den hochge- schlossenen Ausschnitt. Ihr Haar war à la Grecque hochgesteckt, und die dicken rotgoldenen Locken fielen ihr bis auf die Schultern. Seltsam, wie selbstsicher einen neue Kleider machen konnten. Jetzt mußte sie sich wegen ihres Aussehens nicht mehr schämen.
Elysias grüne Ziegeniederslipper huschten lautlos durch die große Halle. Ein Diener öffnete die Tür zum Salon, und beim Ein- treten sah Elysia, daß der Marquis in ein Gespräch mit einem unter- setzten Herrn vertieft war, der es sich in einem der Stühle vor dem Kamin bequem gemacht hatte. Die beiden erhoben sich, und Lord Trevegne musterte wohlwollend ihre Gestalt, als sie auf sie zukam.
»Meine Gemahlin, Lady Trevegne«, sagte der Marquis mit stol- zer Stimme. Aber da hatte sie sich sicher verhört. »Elysia, darf ich dir unseren nächsten Nachbarn vorstellen. Squire Blackmore.«
Der Squire nahm Elysias Hand und machte eine ungelenke Ver- beugung. »Es ist mir eine Freude, Lady Trevegne, und darf ich Euch, Lord Trevegne, zur Schönheit Eurer Frau gratulieren?«
Der Marquis akzeptierte dieses Kompliment mit einem arrogan- ten Kopfnicken, während Elysia sich fragte, was er mit ihrem Aus- sehen zu tun hatte. Sie setzte sich demütig
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